Kickers-Kapitän Marchese: "Können immer aufs Gaspedal drücken"

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Extrem gegensätzliche Gefühle erleben aktuell die Fußball-Fans in Stuttgart. Hier der große VfB Stuttgart, der nach acht Niederlagen in Folge mehr denn je um den Klassenverbleib in der Bundesliga zittern muss. Auf der anderen Seite die euphorisierten Kickers, die in der 3. Liga für Furore sorgen. Der Traditionsklub aus dem Stadtteil Degerloch, der die Hinserie noch auf einem Abstiegsplatz abgeschlossen hatte, gehört zusammen mit dem SV Darmstadt 98 (jeweils 18 Punkte) zu den besten Rückrundenmannschaften.

Eine tragende Säule beim ehemaligen Bundesligisten, der sich nun schon bis auf Platz sieben vorgearbeitet hat, ist Kapitän Vincenzo Marchese (30). Stuttgarts Nummer "zehn" glänzt nicht nur als Spielgestalter, sondern ist mit neun Treffern auch einer der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der Liga. "Enzo ist das Herz der Mannschaft und unumstrittener Chef im Team", lobt Trainer Steffen den "Capitano", der kürzlich einen neuen Vertrag bis 2016 unterschrieb. Im DFB.de-Interview spricht der Journalist Dominik Sander mit Vincenzo Marchese über das steigende Interesse an den Kickers und eine mögliche Rückkehr in das "Konzert der Großen".

DFB.de: Wie oft haben Sie sich nach der Winterpause schon die Rückrundentabelle der 3. Liga angesehen, Herr Marchese?

Vincenzo Marchese: Ehrlich gesagt, gar nicht so oft. Aber ich weiß, wie gut wir in dieser Statistik dastehen. Wir dürfen uns dadurch in unserer knüppelharten Arbeit bestätigt sehen. Der Aufschwung im Dezember kam auch nicht von ungefähr. Wir haben uns intensiv mit unseren Defiziten auseinandergesetzt und können auf dem Platz die Wege gehen, die unseren Gegnern wehtun.

DFB.de: Während der große VfB in der Krise steckt, sorgten 6.360 Zuschauer beim jüngsten 3:3 der Kickers gegen den Spitzenreiter 1. FC Heidenheim für eine Saisonbestmarke. Wirkt sich das in der Stadt aus?

Marchese: Klar, das Interesse an den Kickers steigt. Es spricht sich herum, welcher attraktive Offensivfußball aktuell in Degerloch gespielt wird. Ich werde darauf angesprochen und kenne auch einige VfB-Fans, die demnächst mal bei den Kickers vorbeischauen wollen. Wir wollen die Leute neugierig auf uns machen und wieder öfter vor solchen Kulissen wie gegen Heidenheim antreten.

DFB.de: "Zwischen Himmel und Hölle" titelte eine Zeitung über die verspielte 3:0-Führung gegen Heidenheim. Mit welchen Gefühlen sind Sie aus der Partie gegangen?

Marchese: Die Überschrift passt. Ich bin ein emotionaler Typ und war unmittelbar nach dem Spiel durchaus angefressen. Wenn du so ein leidenschaftliches Spiel ablieferst und den Tabellenführer im eigenen Stadion auf den Knien hast, darf der Gegner nicht mehr aufstehen. Solche Spiele gehören aber zu dem Lernprozess, in dem unsere Mannschaft noch steckt.

DFB.de: Trotz des Unentschiedens kann sich die Heimbilanz mit acht Siegen aus den zurückliegenden neun Auftritten aber sehen lassen!

Marchese: Heimspiele sind für uns zu einer Art Luxus geworden. Auf der Waldau sorgen unsere Fans für eine spezielle Atmosphäre. Da geht vor dem Anpfiff immer ein Ruck durch die Mannschaft, der vielleicht den letzten Willen herauskitzelt. Wir kennen jeden Quadratmeter des Platzes. Mit unserer Heimstärke haben wir uns bei den anderen Mannschaften Respekt erarbeitet.

DFB.de: Mit bereits neun Treffern spielen Sie auch persönlich Ihre beste Saison seit langem. Woran machen Sie den Aufschwung in dieser Saison fest?

Marchese: Mit meinen 30 Jahren sehe ich mich im besten Fußballeralter. Läuferisch kann ich ein hohes Tempo gehen. Bei der Mannschaft greift aktuell jedes Rädchen in das andere, jeder verfolgt die gleichen Ziele und persönliche Eitelkeiten werden hinten angestellt. Unser Trainer Horst Steffen hat viel bewegt.

DFB.de: Was hat sich seit seinem Amtsantritt von Horst Steffen im September 2013 grundlegend verändert?

Marchese: Wir müssen als Mannschaft zugeben: Zu Saisonbeginn waren wir eine Art zusammengewürfelter Haufen, körperlich nicht zu 100 Prozent fit und auf dem Platz einfallslos. Horst Steffen hat genau daran gearbeitet und uns einen klaren Plan für jede Situation im Spiel gegeben. Vor allem sind wir jetzt in der Lage, über 90 Minuten zu marschieren und in entscheidenden Situationen immer noch einmal auf das Gaspedal zu drücken.

DFB.de: Sie wurden in Böblingen bei Stuttgart geboren und besitzen einen italienischen Pass. Wie wirkt sich ihr südländisches Temperament in der Mannschaft aus?

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Marchese: Meine Emotionen habe ich im Griff und bin eigentlich für jeden Spaß zu haben. Wenn es nicht läuft, gehe ich auch selbstkritisch mit mir um. Als verlängerter Arm des Trainers lasse ich es aber auch meine Mitspieler spüren. Das ist zum Glück aktuell eher weniger der Fall (lächelt).

DFB.de: Welchem Team drücken Sie in 98 Tagen bei der Weltmeisterschaft in Brasilien die Daumen?

Marchese: Ich werde die Spiele von Deutschland und Italien intensiv verfolgen. Um ganz ehrlich zu sein: Mein Herz schlägt aber eher für die Italiener. Ich hoffe, dass die Mannschaft es - wie schon so oft in der Vergangenheit - erneut schafft, gegen große Gegner ihre größten Spiele abzuliefern.

DFB.de: Zurück zu den Kickers, bei denen Sie Ihren Vertrag kürzlich bis 2016 verlängert haben: Können die „Blauen“ bald wieder im „Konzert der Großen“ mitmischen?

Marchese: Bei einem Aufstieg in die 2. Bundesliga würde sich mein Vertrag noch um ein weiteres Jahr verlängern. Vom Verein aus gibt es aber keinen Zwei- oder Dreijahresplan, um aufzusteigen. In dieser Saison wollen wir zunächst die noch fehlenden Punkte für den Klassenverbleib holen. Die Verantwortlichen machen einen guten Job und arbeiten auf Hochtouren an den Planungen für die neue Saison. Wir werden dennoch nicht blauäugig den Aufstieg als Ziel ausgeben, möchten aber schon ein Stück näher an die 2. Liga herankommen. Dieser Traditionsverein hätte es verdient, wieder nach oben zu kommen.

DFB.de: Sie spielen - abgesehen von einer dreijährigen Zwischenstation beim SSV Ulm 1846 - schon seit dem Jahr 2000 für die Kickers. Was bedeutet Ihnen der Verein?

Marchese: An den Kickers schätze ich vor allem die familiäre Atmosphäre, die ich schon als kleines Kind im Stadion kennen lernen durfte. Auch während meiner Zeit in Ulm habe ich mir - soweit es der Spielplan zuließ - die Heimpartien angesehen. Vor meiner Vertragsverlängerung gab es einige interessante Anfragen. Doch Stuttgart war mein erster Ansprechpartner, weil ich hier sehr großen Spaß am Fußball habe.


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Extrem gegensätzliche Gefühle erleben aktuell die Fußball-Fans in Stuttgart. Hier der große VfB Stuttgart, der nach acht Niederlagen in Folge mehr denn je um den Klassenverbleib in der Bundesliga zittern muss. Auf der anderen Seite die euphorisierten Kickers, die in der 3. Liga für Furore sorgen. Der Traditionsklub aus dem Stadtteil Degerloch, der die Hinserie noch auf einem Abstiegsplatz abgeschlossen hatte, gehört zusammen mit dem SV Darmstadt 98 (jeweils 18 Punkte) zu den besten Rückrundenmannschaften.

Eine tragende Säule beim ehemaligen Bundesligisten, der sich nun schon bis auf Platz sieben vorgearbeitet hat, ist Kapitän Vincenzo Marchese (30). Stuttgarts Nummer "zehn" glänzt nicht nur als Spielgestalter, sondern ist mit neun Treffern auch einer der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der Liga. "Enzo ist das Herz der Mannschaft und unumstrittener Chef im Team", lobt Trainer Steffen den "Capitano", der kürzlich einen neuen Vertrag bis 2016 unterschrieb. Im DFB.de-Interview spricht der Journalist Dominik Sander mit Vincenzo Marchese über das steigende Interesse an den Kickers und eine mögliche Rückkehr in das "Konzert der Großen".

DFB.de: Wie oft haben Sie sich nach der Winterpause schon die Rückrundentabelle der 3. Liga angesehen, Herr Marchese?

Vincenzo Marchese: Ehrlich gesagt, gar nicht so oft. Aber ich weiß, wie gut wir in dieser Statistik dastehen. Wir dürfen uns dadurch in unserer knüppelharten Arbeit bestätigt sehen. Der Aufschwung im Dezember kam auch nicht von ungefähr. Wir haben uns intensiv mit unseren Defiziten auseinandergesetzt und können auf dem Platz die Wege gehen, die unseren Gegnern wehtun.

DFB.de: Während der große VfB in der Krise steckt, sorgten 6.360 Zuschauer beim jüngsten 3:3 der Kickers gegen den Spitzenreiter 1. FC Heidenheim für eine Saisonbestmarke. Wirkt sich das in der Stadt aus?

Marchese: Klar, das Interesse an den Kickers steigt. Es spricht sich herum, welcher attraktive Offensivfußball aktuell in Degerloch gespielt wird. Ich werde darauf angesprochen und kenne auch einige VfB-Fans, die demnächst mal bei den Kickers vorbeischauen wollen. Wir wollen die Leute neugierig auf uns machen und wieder öfter vor solchen Kulissen wie gegen Heidenheim antreten.

DFB.de: "Zwischen Himmel und Hölle" titelte eine Zeitung über die verspielte 3:0-Führung gegen Heidenheim. Mit welchen Gefühlen sind Sie aus der Partie gegangen?

Marchese: Die Überschrift passt. Ich bin ein emotionaler Typ und war unmittelbar nach dem Spiel durchaus angefressen. Wenn du so ein leidenschaftliches Spiel ablieferst und den Tabellenführer im eigenen Stadion auf den Knien hast, darf der Gegner nicht mehr aufstehen. Solche Spiele gehören aber zu dem Lernprozess, in dem unsere Mannschaft noch steckt.

DFB.de: Trotz des Unentschiedens kann sich die Heimbilanz mit acht Siegen aus den zurückliegenden neun Auftritten aber sehen lassen!

Marchese: Heimspiele sind für uns zu einer Art Luxus geworden. Auf der Waldau sorgen unsere Fans für eine spezielle Atmosphäre. Da geht vor dem Anpfiff immer ein Ruck durch die Mannschaft, der vielleicht den letzten Willen herauskitzelt. Wir kennen jeden Quadratmeter des Platzes. Mit unserer Heimstärke haben wir uns bei den anderen Mannschaften Respekt erarbeitet.

DFB.de: Mit bereits neun Treffern spielen Sie auch persönlich Ihre beste Saison seit langem. Woran machen Sie den Aufschwung in dieser Saison fest?

Marchese: Mit meinen 30 Jahren sehe ich mich im besten Fußballeralter. Läuferisch kann ich ein hohes Tempo gehen. Bei der Mannschaft greift aktuell jedes Rädchen in das andere, jeder verfolgt die gleichen Ziele und persönliche Eitelkeiten werden hinten angestellt. Unser Trainer Horst Steffen hat viel bewegt.

DFB.de: Was hat sich seit seinem Amtsantritt von Horst Steffen im September 2013 grundlegend verändert?

Marchese: Wir müssen als Mannschaft zugeben: Zu Saisonbeginn waren wir eine Art zusammengewürfelter Haufen, körperlich nicht zu 100 Prozent fit und auf dem Platz einfallslos. Horst Steffen hat genau daran gearbeitet und uns einen klaren Plan für jede Situation im Spiel gegeben. Vor allem sind wir jetzt in der Lage, über 90 Minuten zu marschieren und in entscheidenden Situationen immer noch einmal auf das Gaspedal zu drücken.

DFB.de: Sie wurden in Böblingen bei Stuttgart geboren und besitzen einen italienischen Pass. Wie wirkt sich ihr südländisches Temperament in der Mannschaft aus?

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Marchese: Meine Emotionen habe ich im Griff und bin eigentlich für jeden Spaß zu haben. Wenn es nicht läuft, gehe ich auch selbstkritisch mit mir um. Als verlängerter Arm des Trainers lasse ich es aber auch meine Mitspieler spüren. Das ist zum Glück aktuell eher weniger der Fall (lächelt).

DFB.de: Welchem Team drücken Sie in 98 Tagen bei der Weltmeisterschaft in Brasilien die Daumen?

Marchese: Ich werde die Spiele von Deutschland und Italien intensiv verfolgen. Um ganz ehrlich zu sein: Mein Herz schlägt aber eher für die Italiener. Ich hoffe, dass die Mannschaft es - wie schon so oft in der Vergangenheit - erneut schafft, gegen große Gegner ihre größten Spiele abzuliefern.

DFB.de: Zurück zu den Kickers, bei denen Sie Ihren Vertrag kürzlich bis 2016 verlängert haben: Können die „Blauen“ bald wieder im „Konzert der Großen“ mitmischen?

Marchese: Bei einem Aufstieg in die 2. Bundesliga würde sich mein Vertrag noch um ein weiteres Jahr verlängern. Vom Verein aus gibt es aber keinen Zwei- oder Dreijahresplan, um aufzusteigen. In dieser Saison wollen wir zunächst die noch fehlenden Punkte für den Klassenverbleib holen. Die Verantwortlichen machen einen guten Job und arbeiten auf Hochtouren an den Planungen für die neue Saison. Wir werden dennoch nicht blauäugig den Aufstieg als Ziel ausgeben, möchten aber schon ein Stück näher an die 2. Liga herankommen. Dieser Traditionsverein hätte es verdient, wieder nach oben zu kommen.

DFB.de: Sie spielen - abgesehen von einer dreijährigen Zwischenstation beim SSV Ulm 1846 - schon seit dem Jahr 2000 für die Kickers. Was bedeutet Ihnen der Verein?

Marchese: An den Kickers schätze ich vor allem die familiäre Atmosphäre, die ich schon als kleines Kind im Stadion kennen lernen durfte. Auch während meiner Zeit in Ulm habe ich mir - soweit es der Spielplan zuließ - die Heimpartien angesehen. Vor meiner Vertragsverlängerung gab es einige interessante Anfragen. Doch Stuttgart war mein erster Ansprechpartner, weil ich hier sehr großen Spaß am Fußball habe.