Kevin Pannewitz: Der Aufsteiger beim Absteiger

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Der Ball kommt hoch in den Strafraum, hoch und weit. St. Paulis Abwehr ist unsortiert, Kevin Pannewitz läuft sich frei. Fünf Meter trennen ihn noch vom Tor, als er hochspringt. Der Ball prallt auf seinen Kopf, aber ein bisschen zu weit oben. Drüber. 0:0 statt 1:0. Am Ende heißt es 0:2.

Es hätte ein perfektes Debüt werden können für den 18-jährigen Mittelfeldspieler von Hansa Rostock an diesem kalten Novemberabend 2009 an der Ostsee, so ist es immerhin ein vielversprechendes.

Nach vier Tagen gleich das Debüt

Die Kritik ist durchweg positiv. "Aber wenn ich das Ding in der 71. Minute reinmache, läuft alles für uns", sagt er. Von Konjunktiven wie diesen hat es zu viele gegeben in Rostock in der vergangenen Saison, deshalb ist der Klub aus der 2. Bundesliga in die 3. Liga abgestiegen. Bei Absteigern gibt es in der Saisonbilanz selten Gewinner. Doch Kevin Pannewitz ist ganz sicher einer von ihnen.

Nur vier Tage reichen ihm, um sich in den Vordergrund zu spielen. Gerade erst volljährig geworden, holt der damalige Hansa-Trainer Andreas Zachhuber ihn von den A-Junioren zu den Profis. Am Geburtstag kommt der Anruf des Trainers: "Du trainierst ab jetzt bei uns mit." Vier Tage nur, dann schon gibt er sein Debüt, gleich von Anfang an und gleich auf der wichtigen Position als Sechser.

"Beste Leistungen unter Druck"

15 weitere Einsätze absolviert er in der 2. Bundesliga. Natürlich sei es keine ganz einfache Zeit gewesen, der Druck war groß, "aber ich lasse mich davon nicht negativ beeinflussen, im Gegenteil: Ich glaube, dass ich unter Druck sogar meine besten Leistungen bringe", sagt er.

Beim Neuaufbau nach dem Abstieg gilt er gleich als Eckpfeiler des neuen Hansa-Teams. "Für mich war klar, dass ich bei Hansa bleibe", sagt Pannewitz, der gebürtige Berliner, der im Stadtteil Reinickendorf aufwuchs. "Hier spiele ich, hier kann ich mich am besten weiterentwickeln."

Zumal die Perspektive des Klubs nicht schlecht erscheint: Mit Hansas A-Junioren feiert er im Juni den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Absteiger und Meister in einer Saison - "das ist schon irgendwie komisch."

Mit 18 schon fast unverzichtbar

Unter seinem neuen Trainer Peter Vollmann hat der 18-Jährige noch keine Minute in der 3. Liga verpasst. "Er ist ein außergewöhnliches Talent", sagt Vollmann. "Er hat eine sehr gute Technik, ist mutig und übernimmt schon jetzt Verantwortung." Im Zweikampfverhalten, sagt der Trainer, müsse sein Schützling sich indes noch verbessern - "aber, mein Gott, der Junge ist ja auch erst 18."

Und erst seit zwei Jahren in Rostock. Von Tennis Borussia Berlin war er gekommen. Er, der eigentlich Hertha-Fan ist, Dariusz Wosz bewundert hat, im Hertha-Trikot herumgelaufen ist und es schon auch bedauert, dass es ob des Hansa-Abstiegs nicht zu direkten Duellen kommt.

"Es wäre ein kleiner Traum gewesen, im Olympiastadion zu spielen", sagt Pannewitz. Aber vielleicht kommt das ja noch. Irgendwann. Seine Familie hat er indes schon umgepolt: Eltern, Geschwister, Onkel, Tante - alle sind sie inzwischen mit Haut und Haaren Hansa-Fans.

Willenskraft und Disziplin

Als Jugendspieler vom MSV Normannia 08 wird er eine Zeit lang von Vater Marco trainiert, "er hat mir viel beigebracht." Im zweiten C-Junioren-Jahr schafft es der Mittelfeldakteur dann in die Berliner Auswahl. "Dort zeigte sich auch die Fähigkeit, andere mitreißen zu können, Kevin entwickelte sich mehr und mehr zu einem echten Typen und wertvollen Spieler", sagt DFB-Stützpunktkoordinator Stephan Howaldt.

Vielleicht sei er seinerzeit nicht das allergrößte Talent gewesen, "aber es gab nur wenige mit seiner Leistungsbereitschaft, Willenskraft und Disziplin", sagt Howaldt weiter. "Zum Training kam er immer als Erster und ging als Letzter."

Auch Bremen, Wolfsburg und Hertha waren interessiert

Mit 16 verlässt er das heimische Berlin und geht zu Hansa - und nicht nach Bremen, Wolfsburg oder zum Herzensklub Hertha, die, wie er sagt, ebenfalls Interesse an ihm hatten: "Mein Bauch hat mir gesagt: Kevin, geh’ nach Rostock, dort steht das richtige Sprungbrett für dich."

Also ging er. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, sagt er. "Bei Hansa habe ich die beste Chance gesehen, Profi zu werden. Das war immer mein Ziel, mein Traum. Dafür habe ich alles getan. Vielleicht ist der Weg in Rostock nicht ganz so schwierig wie bei Hertha BSC, wo der Sprung ganz einfach noch ein Stück größer ist."

Nur zweimal am Meer

Er fühlt sich wohl an der Ostsee. Die Leute seien nett, die Stadt auch, "allerdings bin ich nicht so der Meer-Typ, ich war dieses Jahr vielleicht zweimal dort - zu heiß, zu sandig", sagt er.

Wirklich viel Zeit hat er ohnehin nicht. Seine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann hat er abbrechen müssen. Das Profigeschäft verlangt viel: Training, Spiele, Erfolge mit Hansa. Der Klub ist mit fünf Siegen in sechs Spielen gestartet, damit hatten nur wenige gerechnet, auch Pannewitz nicht.

"Wir steigen wieder auf"

"Auch wenn ich schon in der Vorbereitung gesehen habe, dass wir eine gute Truppe haben. Die Stimmung ist ganz anders als in der Vorsaison. Durch unseren guten Start ist eine Euphorie entstanden, die Fans ziehen mit. Es macht wieder richtig Spaß", sagt er. Und schiebt, mutig und unbekümmert wie er ist, nach: "Wir steigen wieder auf."

Bis dahin soll es auch mit dem ersten Profi-Tor klappen. Darauf wartet Kevin Pannewitz seit jener Kopfballchance gegen St. Pauli.

[gt]

[bild1]

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Der Ball kommt hoch in den Strafraum, hoch und weit. St. Paulis Abwehr ist unsortiert, Kevin Pannewitz läuft sich frei. Fünf Meter trennen ihn noch vom Tor, als er hochspringt. Der Ball prallt auf seinen Kopf, aber ein bisschen zu weit oben. Drüber. 0:0 statt 1:0. Am Ende heißt es 0:2.

Es hätte ein perfektes Debüt werden können für den 18-jährigen Mittelfeldspieler von Hansa Rostock an diesem kalten Novemberabend 2009 an der Ostsee, so ist es immerhin ein vielversprechendes.

Nach vier Tagen gleich das Debüt

Die Kritik ist durchweg positiv. "Aber wenn ich das Ding in der 71. Minute reinmache, läuft alles für uns", sagt er. Von Konjunktiven wie diesen hat es zu viele gegeben in Rostock in der vergangenen Saison, deshalb ist der Klub aus der 2. Bundesliga in die 3. Liga abgestiegen. Bei Absteigern gibt es in der Saisonbilanz selten Gewinner. Doch Kevin Pannewitz ist ganz sicher einer von ihnen.

Nur vier Tage reichen ihm, um sich in den Vordergrund zu spielen. Gerade erst volljährig geworden, holt der damalige Hansa-Trainer Andreas Zachhuber ihn von den A-Junioren zu den Profis. Am Geburtstag kommt der Anruf des Trainers: "Du trainierst ab jetzt bei uns mit." Vier Tage nur, dann schon gibt er sein Debüt, gleich von Anfang an und gleich auf der wichtigen Position als Sechser.

"Beste Leistungen unter Druck"

15 weitere Einsätze absolviert er in der 2. Bundesliga. Natürlich sei es keine ganz einfache Zeit gewesen, der Druck war groß, "aber ich lasse mich davon nicht negativ beeinflussen, im Gegenteil: Ich glaube, dass ich unter Druck sogar meine besten Leistungen bringe", sagt er.

Beim Neuaufbau nach dem Abstieg gilt er gleich als Eckpfeiler des neuen Hansa-Teams. "Für mich war klar, dass ich bei Hansa bleibe", sagt Pannewitz, der gebürtige Berliner, der im Stadtteil Reinickendorf aufwuchs. "Hier spiele ich, hier kann ich mich am besten weiterentwickeln."

Zumal die Perspektive des Klubs nicht schlecht erscheint: Mit Hansas A-Junioren feiert er im Juni den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Absteiger und Meister in einer Saison - "das ist schon irgendwie komisch."

Mit 18 schon fast unverzichtbar

Unter seinem neuen Trainer Peter Vollmann hat der 18-Jährige noch keine Minute in der 3. Liga verpasst. "Er ist ein außergewöhnliches Talent", sagt Vollmann. "Er hat eine sehr gute Technik, ist mutig und übernimmt schon jetzt Verantwortung." Im Zweikampfverhalten, sagt der Trainer, müsse sein Schützling sich indes noch verbessern - "aber, mein Gott, der Junge ist ja auch erst 18."

Und erst seit zwei Jahren in Rostock. Von Tennis Borussia Berlin war er gekommen. Er, der eigentlich Hertha-Fan ist, Dariusz Wosz bewundert hat, im Hertha-Trikot herumgelaufen ist und es schon auch bedauert, dass es ob des Hansa-Abstiegs nicht zu direkten Duellen kommt.

"Es wäre ein kleiner Traum gewesen, im Olympiastadion zu spielen", sagt Pannewitz. Aber vielleicht kommt das ja noch. Irgendwann. Seine Familie hat er indes schon umgepolt: Eltern, Geschwister, Onkel, Tante - alle sind sie inzwischen mit Haut und Haaren Hansa-Fans.

[bild2]

Willenskraft und Disziplin

Als Jugendspieler vom MSV Normannia 08 wird er eine Zeit lang von Vater Marco trainiert, "er hat mir viel beigebracht." Im zweiten C-Junioren-Jahr schafft es der Mittelfeldakteur dann in die Berliner Auswahl. "Dort zeigte sich auch die Fähigkeit, andere mitreißen zu können, Kevin entwickelte sich mehr und mehr zu einem echten Typen und wertvollen Spieler", sagt DFB-Stützpunktkoordinator Stephan Howaldt.

Vielleicht sei er seinerzeit nicht das allergrößte Talent gewesen, "aber es gab nur wenige mit seiner Leistungsbereitschaft, Willenskraft und Disziplin", sagt Howaldt weiter. "Zum Training kam er immer als Erster und ging als Letzter."

Auch Bremen, Wolfsburg und Hertha waren interessiert

Mit 16 verlässt er das heimische Berlin und geht zu Hansa - und nicht nach Bremen, Wolfsburg oder zum Herzensklub Hertha, die, wie er sagt, ebenfalls Interesse an ihm hatten: "Mein Bauch hat mir gesagt: Kevin, geh’ nach Rostock, dort steht das richtige Sprungbrett für dich."

Also ging er. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, sagt er. "Bei Hansa habe ich die beste Chance gesehen, Profi zu werden. Das war immer mein Ziel, mein Traum. Dafür habe ich alles getan. Vielleicht ist der Weg in Rostock nicht ganz so schwierig wie bei Hertha BSC, wo der Sprung ganz einfach noch ein Stück größer ist."

Nur zweimal am Meer

Er fühlt sich wohl an der Ostsee. Die Leute seien nett, die Stadt auch, "allerdings bin ich nicht so der Meer-Typ, ich war dieses Jahr vielleicht zweimal dort - zu heiß, zu sandig", sagt er.

Wirklich viel Zeit hat er ohnehin nicht. Seine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann hat er abbrechen müssen. Das Profigeschäft verlangt viel: Training, Spiele, Erfolge mit Hansa. Der Klub ist mit fünf Siegen in sechs Spielen gestartet, damit hatten nur wenige gerechnet, auch Pannewitz nicht.

"Wir steigen wieder auf"

"Auch wenn ich schon in der Vorbereitung gesehen habe, dass wir eine gute Truppe haben. Die Stimmung ist ganz anders als in der Vorsaison. Durch unseren guten Start ist eine Euphorie entstanden, die Fans ziehen mit. Es macht wieder richtig Spaß", sagt er. Und schiebt, mutig und unbekümmert wie er ist, nach: "Wir steigen wieder auf."

Bis dahin soll es auch mit dem ersten Profi-Tor klappen. Darauf wartet Kevin Pannewitz seit jener Kopfballchance gegen St. Pauli.