Hübner und der Traum von Bayern und Barça

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Zum MSV Duisburg wird er nicht wechseln. Erst mal nicht. Sein Vater hat was dagegen. Bruno Hübner hat für Kaiserslautern 76-mal in der Bundesliga und im UEFA-Cup einmal gegen Real Madrid gespielt und ist Sportdirektor bei den "Zebras" in der 2. Bundesliga. Wollte der 49-Jährige seinen Sohn Benjamin ins Ruhrgebiet holen, würde es wohl eher ein Gespräch bei Kaffee und Kuchen geben als stundenlange Vertragsverhandlungen.

"Wenn Benjamin sich weiter so entwickelt, traue ich ihm zu, dass er es in die Bundesliga schafft", sagt Papa Bruno. Aber nicht nach Duisburg, solange der Vater da arbeitet. Der findet: "Das hätte doch einen faden Beigeschmack." Das sieht der Sohn ganz ähnlich: "Es ist besser, wenn ich meinen eigenen Weg gehe."

Verein als zweite Familie

Und überhaupt: Wechseln. Das kennt er bisher noch gar nicht. Benjamin Hübner gehört zu den wenigen Profis in den ersten drei Ligen, die ihre Karriere komplett bei einem einzigen Verein verbracht haben. Gut, Hübner ist erst 21, dennoch sind die 17 Jahre, die er dem SV Wehen Wiesbaden angehört, ungewöhnlich.

Als er anfing, in der F-Jugend, spielte die erste Mannschaft des Klubs noch in der Oberliga und trug ihre Spiele in Taunusstein aus. Selten vor mehr als 1000 Zuschauern. "Der Verein ist gewachsen. Und ich mit", sagt Hübner, den alle nur "Benny" nennen. "Ich kenne aber immer noch praktisch jeden, vom Platzwart über die Mitarbeiter der Geschäftsstelle bis zur Frau, die die Würstchen verkauft. Der Verein ist ein Stück Familie für mich."

Der Name: keine Last, sondern Verpflichtung

Seit 2007 ist der SVW der SVWW, das zweite "W" steht für Wiesbaden. Dort trägt der Drittligist seine Heimspiele aus, zwei Jahre in der 2., seit 2009 in der 3. Liga. Über die eigene Jugend hat Hübner den Sprung zu den Profis geschafft, das gelingt nicht vielen.

Und wenn man in Wehen spielt und Hübner heißt, wird man erst recht genau beobachtet. Bruno Hübner gehörte zu den entscheidenden Figuren beim Aufstieg des Provinzkubs von der Landesliga bis zur 2. Bundesliga. Als Spieler, Trainer, Sportdirektor. "Als Last habe ich meinen Namen nie empfunden, höchstens als Verpflichtung", sagt Benjamin.

"Ich spiele nicht deshalb, weil ich Hübner heiße"

Doch dass sein Vater 2007 den Verein verließ, habe die Sache leichter für ihn gemacht. "Wäre ich Profi geworden, als mein Vater noch da war, hätten alle gesagt: 'Der spielt nur wegen seines Namens.' So konnte ich allen zeigen", sagt der Sohn, "dass ich dank meiner Leistungen spielte - und nicht, weil ich Hübner heiße."

Neben seinen Spielen im Verein wurde er auch in Lehrgängen gefördert, erst im Talentförderprogramm des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) in Bad Schwalbach. "Benny war schon mit elf Jahren ein bemerkenswert guter Kopfballspieler, der auch bereits als Führungspersönlichkeit aufgetreten ist. Schwächen waren in dieser Phase in der Laufbereitschaft und dem Zweikampfverhalten zu sehen", sagt sein dortiger Trainer Klaus Hellerbach, der heute den DFB-Stützpunkt in Taunusstein-Hahn leitet.

Dort wurde ab 2002 auch Hübner weiter ausgebildet. Inklusive kurzer Denkpause, weil es ihm, so seine Trainer, etwas an Disziplin gemangelt habe. "Die Bedenkzeit hat er genutzt, wieder engagierter und disziplinierter trainiert und es uns leicht gemacht, ihn wieder in die Trainingsgruppe aufzunehmen", sagt Hellerbach. Am Stützpunkt blieb Hübner bis 2005.

Dreimal Hübner, ein Ziel: gemeinsam spielen

Von diesen Hübners gibt es immer noch drei beim SVWW. Benjamins älterer Bruder Christopher spielt in der zweiten Mannschaft des Vereins, der jüngere Bruder Florian gehört zum Drittligakader, erhielt neulich erst eine Einladung zu einem U 20-Lehrgang. "Wenn wir alle zusammen sind, sprechen wir natürlich vor allem über Fußball", sagt Benjamin. "Und ehrlich: Wenn man in solch einer Familie aufwächst, kann man als Kind eigentlich auch nur mit dem Fußball anfangen."

Und schon mit vier dem Verein beitreten. Konkurrenz gibt es zwischen den Brüdern nicht. "Jeder wünscht dem anderen nur das Beste. Das Ziel ist, dass wir alle zusammen auf dem Platz stehen", sagt der 21-Jährige, der unter Trainer Gino Lettieri einen Stammplatz in der Innenverteidigung der Hessen hat. "Benny hat alle Voraussetzungen, wenn er gewillt ist, sie abzurufen", sagt der Coach.

Eine Minute beim Zweitligadebüt in Freiburg

Als Hübner sein Profidebüt gab, war er erst 18. Es war der letzte Zweitliga-Spieltag der Saison 2007/2008. 2. Bundesliga, Gastspiel in Freiburg. Wehen führte 2:0, und Schiedsrichter Kinhöfer hatte schon auf seine Uhr geblickt. Gleich würde er abpfeifen. Noch ein Wechsel. Christian Hock, Wehens Trainer, winkte Benjamin Hübner zu sich heran, Benjamin Siegert verließ den Platz, Hübner kam.

"Ich war unbeschreiblich aufgeregt", sagt er heute. Seine Premiere dauerte ziemlich genau eine Minute, den Ball berührte er nicht. Er genoss jede Sekunde und war irgendwo zwischen glücklich und selig - auch, eben weil er den Ball nicht bekommen hatte. "Ich hätte gar nicht gewusst, was ich damit hätte machen sollen", sagt er. "Ich war viel zu nervös. Wahrscheinlich hätte ich einen Riesenfehler gemacht."

Vor 30.000 Fans am Betzenberg

Machte er nicht, und in der Saison, in der Wehen Wiesbaden die 2. Bundesliga wieder verlassen musste, erkämpfte sich Hübner dank seiner Zweikampf- und Kopfballstärke im letzten Saisondrittel einen Stammplatz. "Dabei habe ich Blut geleckt", sagt er. Vor 30.000 auf dem Betzenberg gegen Kaiserslautern, im Duell mit Spielern wie Ebbers, Allagui oder Thurk.

Beim Neuaufbau der Wehener Mannschaft in der 3. Liga gehörte der Youngster zu den Gesetzten, und als Kapitän Fabian Schönheim verletzt ausfiel, führte Hübner, der schlaksige Hüne mit seinen 1,93 Metern, die Mannschaft zeitweise sogar aufs Feld. Mit gerade erst 20. "Respekt bekommt man durch Leistung", sagt er. "Mit dem Alter hat das nichts zu tun."

Mitglied der zweitbesten Abwehr der Liga

Abstieg 2009, geglückter Abstiegskampf 2010, Aufstieg 2011? "Das fehlt mir noch", sagt Hübner, lacht und ist schon Profi genug, um ernst hinterher zu schieben: "Im Moment ist das kein Thema. Nach dem 1:4 in Ahlen müssen wir erst wieder stabil werden. Und nach dem Winter werden wir dann sehen, wo die Reise hingeht."

Die Spitze ist aber auch jetzt lediglich zwei Punkte entfernt, und trotz der vier Gegentreffer in Ahlen hat der SVWW nach Braunschweig die beste Abwehr der Liga - das Team kassierte nur zwölf Gegentore in 14 Spielen.

Irgendwann in die Bundesliga

Das Ziel seiner eigenen Reise kennt er auch noch nicht. Seine Traumklubs sind Bayern und Barcelona. Und irgendwann, sagt er, will er in der Bundesliga spielen. "Ich will mich beim SV Wehen Wiesbaden weiter präsentieren, mich anbieten. Die 3. Liga ist optimal für mich", sagt Hübner. "Schon einige haben sich dort empfehlen können. Am liebsten würde ich den Sprung natürlich mit Wehen schaffen."

Einer wie Thomas Müller, der in einem Jahr vom Stammspieler in der 3. Liga zum Stammspieler in der Nationalmannschaft wurde, ist ein Vorbild für ihn. "Für Thomas ist es optimal gelaufen“, sagt Hübner.

Und insgeheim träumt er, wie so viele junge Spieler, davon, dass er eines Tages genauso viel erreicht. Oder zumindest in etwa so viel.

[gt]

[bild1]

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Zum MSV Duisburg wird er nicht wechseln. Erst mal nicht. Sein Vater hat was dagegen. Bruno Hübner hat für Kaiserslautern 76-mal in der Bundesliga und im UEFA-Cup einmal gegen Real Madrid gespielt und ist Sportdirektor bei den "Zebras" in der 2. Bundesliga. Wollte der 49-Jährige seinen Sohn Benjamin ins Ruhrgebiet holen, würde es wohl eher ein Gespräch bei Kaffee und Kuchen geben als stundenlange Vertragsverhandlungen.

"Wenn Benjamin sich weiter so entwickelt, traue ich ihm zu, dass er es in die Bundesliga schafft", sagt Papa Bruno. Aber nicht nach Duisburg, solange der Vater da arbeitet. Der findet: "Das hätte doch einen faden Beigeschmack." Das sieht der Sohn ganz ähnlich: "Es ist besser, wenn ich meinen eigenen Weg gehe."

Verein als zweite Familie

Und überhaupt: Wechseln. Das kennt er bisher noch gar nicht. Benjamin Hübner gehört zu den wenigen Profis in den ersten drei Ligen, die ihre Karriere komplett bei einem einzigen Verein verbracht haben. Gut, Hübner ist erst 21, dennoch sind die 17 Jahre, die er dem SV Wehen Wiesbaden angehört, ungewöhnlich.

Als er anfing, in der F-Jugend, spielte die erste Mannschaft des Klubs noch in der Oberliga und trug ihre Spiele in Taunusstein aus. Selten vor mehr als 1000 Zuschauern. "Der Verein ist gewachsen. Und ich mit", sagt Hübner, den alle nur "Benny" nennen. "Ich kenne aber immer noch praktisch jeden, vom Platzwart über die Mitarbeiter der Geschäftsstelle bis zur Frau, die die Würstchen verkauft. Der Verein ist ein Stück Familie für mich."

Der Name: keine Last, sondern Verpflichtung

Seit 2007 ist der SVW der SVWW, das zweite "W" steht für Wiesbaden. Dort trägt der Drittligist seine Heimspiele aus, zwei Jahre in der 2., seit 2009 in der 3. Liga. Über die eigene Jugend hat Hübner den Sprung zu den Profis geschafft, das gelingt nicht vielen.

Und wenn man in Wehen spielt und Hübner heißt, wird man erst recht genau beobachtet. Bruno Hübner gehörte zu den entscheidenden Figuren beim Aufstieg des Provinzkubs von der Landesliga bis zur 2. Bundesliga. Als Spieler, Trainer, Sportdirektor. "Als Last habe ich meinen Namen nie empfunden, höchstens als Verpflichtung", sagt Benjamin.

"Ich spiele nicht deshalb, weil ich Hübner heiße"

Doch dass sein Vater 2007 den Verein verließ, habe die Sache leichter für ihn gemacht. "Wäre ich Profi geworden, als mein Vater noch da war, hätten alle gesagt: 'Der spielt nur wegen seines Namens.' So konnte ich allen zeigen", sagt der Sohn, "dass ich dank meiner Leistungen spielte - und nicht, weil ich Hübner heiße."

Neben seinen Spielen im Verein wurde er auch in Lehrgängen gefördert, erst im Talentförderprogramm des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) in Bad Schwalbach. "Benny war schon mit elf Jahren ein bemerkenswert guter Kopfballspieler, der auch bereits als Führungspersönlichkeit aufgetreten ist. Schwächen waren in dieser Phase in der Laufbereitschaft und dem Zweikampfverhalten zu sehen", sagt sein dortiger Trainer Klaus Hellerbach, der heute den DFB-Stützpunkt in Taunusstein-Hahn leitet.

Dort wurde ab 2002 auch Hübner weiter ausgebildet. Inklusive kurzer Denkpause, weil es ihm, so seine Trainer, etwas an Disziplin gemangelt habe. "Die Bedenkzeit hat er genutzt, wieder engagierter und disziplinierter trainiert und es uns leicht gemacht, ihn wieder in die Trainingsgruppe aufzunehmen", sagt Hellerbach. Am Stützpunkt blieb Hübner bis 2005.

Dreimal Hübner, ein Ziel: gemeinsam spielen

Von diesen Hübners gibt es immer noch drei beim SVWW. Benjamins älterer Bruder Christopher spielt in der zweiten Mannschaft des Vereins, der jüngere Bruder Florian gehört zum Drittligakader, erhielt neulich erst eine Einladung zu einem U 20-Lehrgang. "Wenn wir alle zusammen sind, sprechen wir natürlich vor allem über Fußball", sagt Benjamin. "Und ehrlich: Wenn man in solch einer Familie aufwächst, kann man als Kind eigentlich auch nur mit dem Fußball anfangen."

Und schon mit vier dem Verein beitreten. Konkurrenz gibt es zwischen den Brüdern nicht. "Jeder wünscht dem anderen nur das Beste. Das Ziel ist, dass wir alle zusammen auf dem Platz stehen", sagt der 21-Jährige, der unter Trainer Gino Lettieri einen Stammplatz in der Innenverteidigung der Hessen hat. "Benny hat alle Voraussetzungen, wenn er gewillt ist, sie abzurufen", sagt der Coach.

Eine Minute beim Zweitligadebüt in Freiburg

Als Hübner sein Profidebüt gab, war er erst 18. Es war der letzte Zweitliga-Spieltag der Saison 2007/2008. 2. Bundesliga, Gastspiel in Freiburg. Wehen führte 2:0, und Schiedsrichter Kinhöfer hatte schon auf seine Uhr geblickt. Gleich würde er abpfeifen. Noch ein Wechsel. Christian Hock, Wehens Trainer, winkte Benjamin Hübner zu sich heran, Benjamin Siegert verließ den Platz, Hübner kam.

"Ich war unbeschreiblich aufgeregt", sagt er heute. Seine Premiere dauerte ziemlich genau eine Minute, den Ball berührte er nicht. Er genoss jede Sekunde und war irgendwo zwischen glücklich und selig - auch, eben weil er den Ball nicht bekommen hatte. "Ich hätte gar nicht gewusst, was ich damit hätte machen sollen", sagt er. "Ich war viel zu nervös. Wahrscheinlich hätte ich einen Riesenfehler gemacht."

[bild2]

Vor 30.000 Fans am Betzenberg

Machte er nicht, und in der Saison, in der Wehen Wiesbaden die 2. Bundesliga wieder verlassen musste, erkämpfte sich Hübner dank seiner Zweikampf- und Kopfballstärke im letzten Saisondrittel einen Stammplatz. "Dabei habe ich Blut geleckt", sagt er. Vor 30.000 auf dem Betzenberg gegen Kaiserslautern, im Duell mit Spielern wie Ebbers, Allagui oder Thurk.

Beim Neuaufbau der Wehener Mannschaft in der 3. Liga gehörte der Youngster zu den Gesetzten, und als Kapitän Fabian Schönheim verletzt ausfiel, führte Hübner, der schlaksige Hüne mit seinen 1,93 Metern, die Mannschaft zeitweise sogar aufs Feld. Mit gerade erst 20. "Respekt bekommt man durch Leistung", sagt er. "Mit dem Alter hat das nichts zu tun."

Mitglied der zweitbesten Abwehr der Liga

Abstieg 2009, geglückter Abstiegskampf 2010, Aufstieg 2011? "Das fehlt mir noch", sagt Hübner, lacht und ist schon Profi genug, um ernst hinterher zu schieben: "Im Moment ist das kein Thema. Nach dem 1:4 in Ahlen müssen wir erst wieder stabil werden. Und nach dem Winter werden wir dann sehen, wo die Reise hingeht."

Die Spitze ist aber auch jetzt lediglich zwei Punkte entfernt, und trotz der vier Gegentreffer in Ahlen hat der SVWW nach Braunschweig die beste Abwehr der Liga - das Team kassierte nur zwölf Gegentore in 14 Spielen.

Irgendwann in die Bundesliga

Das Ziel seiner eigenen Reise kennt er auch noch nicht. Seine Traumklubs sind Bayern und Barcelona. Und irgendwann, sagt er, will er in der Bundesliga spielen. "Ich will mich beim SV Wehen Wiesbaden weiter präsentieren, mich anbieten. Die 3. Liga ist optimal für mich", sagt Hübner. "Schon einige haben sich dort empfehlen können. Am liebsten würde ich den Sprung natürlich mit Wehen schaffen."

Einer wie Thomas Müller, der in einem Jahr vom Stammspieler in der 3. Liga zum Stammspieler in der Nationalmannschaft wurde, ist ein Vorbild für ihn. "Für Thomas ist es optimal gelaufen“, sagt Hübner.

Und insgeheim träumt er, wie so viele junge Spieler, davon, dass er eines Tages genauso viel erreicht. Oder zumindest in etwa so viel.