Herrlich: "Auch Messi weiß, ohne Team ist er nichts"

Herrlich: Wir haben weiterhin versucht, unsere Linie durchzuziehen. Und die heißt: Wir wollen Fußball spielen. Wir haben in den vergangenen beiden Spielen wieder die Leidenschaft, Begeisterung und Laufbereitschaft an den Tag gelegt, die nötig ist.

DFB.de: Die Heimbilanz ist gut, die Auswärtsschwäche eklatant - wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

Herrlich: Wenn ich dafür immer eine Erklärung hätte, hätte ich es längst abgestellt. Trotzdem arbeiten wir intensiv daran, dass es auch auswärts wieder besser läuft. Immerhin haben wir aus den ersten drei Auswärtsspielen der Saison sieben Punkte geholt. Wir sind danach oft naiv in die Spiele gegangen und haben uns auskontern lassen.

DFB.de: In solchen Situationen ist häufig von Abstiegsangst die Rede. Können Sie mit solchen Begriffen nach Ihrem Hirntumor vor über elf Jahren noch etwas anfangen? Kann Sie im Fußball noch etwas ängstigen?

Herrlich: Ich habe schon zu meiner Zeit als Trainer in Bochum gesagt: Der Druck von außen ist nie so hoch wie der Druck, den ich mir selbst mache, um mit der Mannschaft guten Fußball zu spielen. Ich weiß, was man alles investieren muss, um sportlichen Erfolg zu haben. Im Erfolg fällt natürlich vieles leichter. Aber erst wenn es nicht gut läuft, zeigt sich, wer sich durchsetzen kann.

DFB.de: Inwieweit hat die Krebserkrankung Ihre Einstellung zum Sport verändert?

Herrlich: Im Fußball heißt es ja schon mal: "Das ist ein Spiel auf Leben und Tod." Das kann ich einordnen, nachdem ich erfahren habe, was es wirklich heißt, wenn es um Leben und Tod geht. Ich störe ich mich an solchen Begrifflichkeiten nicht - auch nicht, wenn gesagt wird, dass es für eine Mannschaft ums Überleben geht. Ich bin mir bewusst, dass das spezielle Redewendungen des Fußballjargons sind. Was meine Einstellung zum Leben betrifft: Ich bin Christ und glaube an Gott, das sind Werte und Maßstäbe, die für mich zählen. Fußball ist ein wichtiger und schöner Teil meines Lebens, Fußball ist meine Arbeit und Leidenschaft. Mein Beruf als Trainer macht mir sehr viel Spaß, ich identifiziere mich voll damit. Aber ich weiß auch, was die Basis meines Engagements und was mir am wichtigsten ist. Gegebenenfalls kann ich da sehr gut trennen.

DFB.de: Sie haben in Unterhaching eine extrem junge Mannschaft. Was macht den Reiz dieser Arbeit aus?



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Rückschlag oder Befreiungsschlag? Das Nachholspiel gegen Rot-Weiß Oberhausen am Mittwoch (ab 19 Uhr) hat für die SpVgg Unterhaching richtungweisenden Charakter. Setzen die Bayern ihren Aufwärtstrend fort und landen nach dem 4:0 gegen den VfB Stuttgart II ihren zweiten Sieg in Folge, sind sie im Abstiegskampf fast aller Sorgen ledig.

Es ist auch das Duell zweier Ex-Nationalspieler. Unterhachings Trainer heißt Heiko Herrlich, auf der Oberhausener Bank sitzt Mario Basler. Gemeinsam waren sie in der Saison 1994/1995 Torschützenkönige in der Bundesliga. Jetzt wollen sie mit ihren Klubs in der 3. Liga bleiben. Herrlich (40) freut sich auf das Wiedersehen, und er freut sich auf die Revanche fürs 0:1 aus dem Hinspiel.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Heiko Herrlich außerdem über die Festplatten junger Spieler, die Bereitschaft für Neues, Berti Vogts und die deutsche Nationalmannschaft.

DFB.de: Herr Herrlich, welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrem ehemaligen Nationalmannschafts- und heutigen Trainerkollegen Mario Basler?

Heiko Herrlich: Mario war ein filigraner Techniker, ein überragender Fußballer und immer wieder für einen Spruch gut. Mit ihm war es immer sehr lustig. In erster Linie ist es aber ein ganz wichtiges Spiel. Wir wollen Oberhausen keine Chance lassen, noch einmal an uns heranzukommen.

DFB.de: Wäre ein Sieg gegen Oberhausen der entscheidende Schritt Richtung Klassenverbleib?

Herrlich: Wir hätten dann zwölf Punkte Vorsprung auf RWO bei noch zehn ausstehenden Spielen. Ich denke, Oberhausen würde uns in diesem Fall nicht mehr einholen. Wichtig ist für diese Partie, dass wir nicht den Tabellenplatz des Gegners im Hinterkopf haben. Die Oberhausener haben mehr Qualität, als es die Tabelle aussagt. Ich möchte daran erinnern, dass wir im Hinspiel unsere erste Saisonniederlage kassiert haben.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat sich nach längerer Durststrecke wieder gefangen und vier Punkte aus den vergangenen beiden Spielen geholt. Wie haben Sie das geschafft?

Herrlich: Wir haben weiterhin versucht, unsere Linie durchzuziehen. Und die heißt: Wir wollen Fußball spielen. Wir haben in den vergangenen beiden Spielen wieder die Leidenschaft, Begeisterung und Laufbereitschaft an den Tag gelegt, die nötig ist.

DFB.de: Die Heimbilanz ist gut, die Auswärtsschwäche eklatant - wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

Herrlich: Wenn ich dafür immer eine Erklärung hätte, hätte ich es längst abgestellt. Trotzdem arbeiten wir intensiv daran, dass es auch auswärts wieder besser läuft. Immerhin haben wir aus den ersten drei Auswärtsspielen der Saison sieben Punkte geholt. Wir sind danach oft naiv in die Spiele gegangen und haben uns auskontern lassen.

DFB.de: In solchen Situationen ist häufig von Abstiegsangst die Rede. Können Sie mit solchen Begriffen nach Ihrem Hirntumor vor über elf Jahren noch etwas anfangen? Kann Sie im Fußball noch etwas ängstigen?

Herrlich: Ich habe schon zu meiner Zeit als Trainer in Bochum gesagt: Der Druck von außen ist nie so hoch wie der Druck, den ich mir selbst mache, um mit der Mannschaft guten Fußball zu spielen. Ich weiß, was man alles investieren muss, um sportlichen Erfolg zu haben. Im Erfolg fällt natürlich vieles leichter. Aber erst wenn es nicht gut läuft, zeigt sich, wer sich durchsetzen kann.

DFB.de: Inwieweit hat die Krebserkrankung Ihre Einstellung zum Sport verändert?

Herrlich: Im Fußball heißt es ja schon mal: "Das ist ein Spiel auf Leben und Tod." Das kann ich einordnen, nachdem ich erfahren habe, was es wirklich heißt, wenn es um Leben und Tod geht. Ich störe ich mich an solchen Begrifflichkeiten nicht - auch nicht, wenn gesagt wird, dass es für eine Mannschaft ums Überleben geht. Ich bin mir bewusst, dass das spezielle Redewendungen des Fußballjargons sind. Was meine Einstellung zum Leben betrifft: Ich bin Christ und glaube an Gott, das sind Werte und Maßstäbe, die für mich zählen. Fußball ist ein wichtiger und schöner Teil meines Lebens, Fußball ist meine Arbeit und Leidenschaft. Mein Beruf als Trainer macht mir sehr viel Spaß, ich identifiziere mich voll damit. Aber ich weiß auch, was die Basis meines Engagements und was mir am wichtigsten ist. Gegebenenfalls kann ich da sehr gut trennen.

DFB.de: Sie haben in Unterhaching eine extrem junge Mannschaft. Was macht den Reiz dieser Arbeit aus?

Herrlich: Grundsätzlich arbeite ich gerne mit Spielern, die noch Ziele haben. Das kann auch ein 35-Jähriger sein, wenn er bereit ist, sich jeden Tag zu verbessern. Jürgen Kohler zum Beispiel hat bis zu seinem letzten Training sein Extraprogramm durchgezogen. Allerdings ist bei jungen Spielern oft die Festplatte noch nicht so voll, sie sind formbarer. Ältere Spieler haben häufig nicht die Bereitschaft, sich auf neue Dinge einzulassen.

DFB.de: Wie war der Spieler Herrlich? Bereit genug für Neues, um mit dem Trainer Herrlich klar zu kommen?

Herrlich: Ich war in vielen Dingen offen, aber nicht überall. Rückblickend würde ich mich in manchen Bereichen anders verhalten. Es gibt vier Leistungsfaktoren: Technik, Taktik, Athletik, Persönlichkeit. Ottmar Hitzfeld war ein Trainer, der perfekt im Bereich Persönlichkeit war, das hat man als Spieler aufgesogen. Mit Matthias Sammer als Trainer kam dann verstärkt die athletische Komponente hinzu. Ich hatte immer gute Werte und habe mich gegen den neuen Fitnesstrainer mit seinen Hanteln gewehrt. Ich war diesbezüglich nicht aufnahmefähig. Heute wäre das anders.

DFB.de: Was wollen Sie Ihren jungen Spielern in erster Linie vermitteln?

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Herrlich: Zwei Punkte sind mir ganz wichtig, das habe ich der Mannschaft gleich in der ersten Besprechung gesagt. Erstens: Ich will eine Mannschaft sehen, Teamplayer, die ihre persönlichen Belange der Gruppe unterordnen. Nehmen wir Lionel Messi: Er ist ein Weltklasse-Individualist, aber er weiß, dass er ohne die Mannschaft nichts ist - und lebt das auf dem Platz immer wieder vor. Der zweite Punkt: Ich will Siegermentalität sehen, in jedem Punktspiel, in jedem Pokalspiel, in jedem Freundschaftsspiel.

DFB.de: Welche Ziele verfolgen Sie mit der SpVgg - und wie geht es dann weiter? Ihr Vertrag läuft im Sommer aus.

Herrlich: Das erste Ziel ist, in der Klasse zu bleiben. Dann müssen wir neu würfeln. Der Verein hat wirtschaftliche Probleme, wir haben keinen Hauptsponsor, der Stadionname ist nicht verkauft. Wir müssen sehen, wie wir die neue Saison finanziell hinkriegen. Ich würde gerne weitermachen. Wichtig ist für mich, eine Entwicklung bei jedem Spieler und damit bei der Mannschaft zu sehen - und das tue ich. Mittel- und langfristig sollte es für uns in Unterhaching das Ziel sein, wieder in die 2. Bundesliga aufzusteigen.

DFB.de: Sie haben vor einiger Zeit gesagt, dass man in der Bundesliga immer weniger wirklich Trainer sein kann. Bedeutet dies, dass der große Fußball für Sie abgehakt ist?

Herrlich: Nein. Ich möchte da nicht missverstanden werden. Man muss den Anspruch haben, sich mit den Besten zu messen. Was ich gemeint habe, ist, dass sich der Aufgabenbereich des Trainers in der Bundesliga immer mehr verlagert hat in Richtung Öffentlichkeitsarbeit, Gespräche mit Presse oder Sponsoren. In der 3. Liga habe ich mehr Zeit für Trainingsvorbereitung, Analyse, Spielergespräche. Heute ist es sehr wichtig, wie man nach außen als Trainer wahrgenommen wird. Danach wird oft beurteilt, wie gut ein Trainer ist. Aber wer war der Trainer, mit dem die deutsche Nationalmannschaft ihren letzten Titel geholt hat? Berti Vogts. Er war, ohne ihm nahetreten zu wollen, nicht unbedingt ein Medienmensch. Dafür hatte er fachlich klare Vorstellungen und zielgerichtet gearbeitet.

DFB.de: Was sagen Sie zur aktuellen Nationalmannschaft?

Herrlich: Es macht Spaß, dieser Mannschaft zuzuschauen. Joachim Löw hat Quantensprünge vollzogen mit der spielerischen Steigerung. Wie er taktisch arbeitet, ist hervorragend. Auch meine früheren Klubs Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach haben mit ihren Mannschaften eine tolle Entwicklung genommen. Der BVB ist Trendsetter mit seiner Laufbereitschaft und seiner Art und Weise, Fußball zu spielen.