Gesichter der 3. Liga: Simon Zoller und die turbulenten Tage

Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Newcomer. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison jede Menge Charakterköpfe zu bieten. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner Serie vor. Heute: Simon Zoller vom VfL Osnabrück.

Es sind turbulente Tage in Osnabrück. Trainer Claus-Dieter Wollitz ist weg, die Chance auf den direkten Aufstieg auch. Platz drei und die Relegation zur 2. Bundesliga sind für den VfL nur noch mit Schützenhilfe möglich. Die Unruhe hinter den Kulissen hat die Vorbereitung auf das letzte Saisonspiel gegen Alemannia Aachen am Samstag (ab 13.30 Uhr, im Live-Stream bei ndr.de) nicht leichter gemacht. "Als Spieler versucht man, diese ganzen Dinge im Umfeld nicht an sich heranzulassen", sagt Simon Zoller.

Der 21 Jahre alte Angreifer ist Turbulenzen gewohnt. Im vergangenen Jahr war er als Spieler dabei, als der Karlsruher SC am Ende einer verkorksten Saison aus der 2. Bundesliga abstieg. Er war mittendrin, als nach dem entscheidenden Relegationsspiel gegen den SSV Jahn Regensburg im Wildparkstadion das Chaos ausbrach. Es gab Randale, Bedrohungen, die Spieler konnten erst lange nach Spielschluss das Stadion verlassen. Für Zoller eine prägende Erfahrung. "Damals habe ich zum ersten Mal Angst beim Fußball verspürt", sagt er: "Ich bin seitdem vorsichtiger geworden."

"Wechsel nach Osnabrück war zu 100 Prozent der richtige Schritt"

Nach dem Abstieg zog es Zoller zum VfL Osnabrück. "Zu 100 Prozent der richtige Schritt", urteilt er – selbst wenn es mit dem Aufstieg nichts werden sollte. In Karlsruhe war er Ergänzungsspieler, in Osnabrück ist er Leistungsträger. Die Fans an der Bremer Brücke mögen den 1,77 Meter großen Angreifer, weil er rackert, weil er viel unterwegs ist und weil er regelmäßig trifft. 15-mal in 35 Einsätzen. Dazu hat er sieben Treffer vorbereitet. "Ich habe hier über die gesamte Saison volles Vertrauen gespürt, gerade vom Trainer. Dadurch konnte ich mich automatisch weiterentwickeln", erklärt Zoller.

Die guten Erfahrungen beim VfL mag er nicht als Vorwurf Richtung Karlsruhe interpretiert wissen, ebenso wenig wie die Feststellung, dass er "genau zum richtigen Zeitpunkt" den Verein gewechselt habe. "Vielleicht war ich beim KSC noch nicht soweit", sagt Zoller und betont: "Ich hatte dort eine schöne Zeit."

Rückschlag in der Jugend: Eineinhalb Jahre verletzt

Vier Jahre trug er das Karlsruher Trikot, die ersten beiden davon als A-Jugendlicher. Es war seine Rückkehr auf die Schiene zum Profifußball, die schon verlassen schien. Als 14-Jähriger war Zoller zum VfB Stuttgart gewechselt. Ein Talent, ein Auswahlspieler, einer, der vielleicht das Zeug für höhere Aufgaben hat. Doch statt sich sportlich zu empfehlen, wurde der gebürtige Friedrichshafener zum Stammgast in der Reha.

Zweimal zog er sich einen Gesäßmuskelabriss mit Knochenausriss zu. Hört sich äußerst schmerzhaft an, ist äußerst schmerzhaft und verheilt nicht schnell. Eineinhalb Jahre lag Zoller auf Eis, wochenlang konnte er weder richtig sitzen noch richtig liegen. "Eine traurige Zeit", sagt er.

Die Wende zum Guten in Ulm: 36 Tore in 25 Spielen

Nach seiner Genesung wählte Zoller den Schritt zurück. SSV Ulm, alles eine Nummer kleiner. "Eine logische Entscheidung" nennt er es. Und eine gute. In 25 Partien für die Ulmer erzielte er 36 Tore, schaffte mit seiner Mannschaft die Qualifikation für die A-Junioren-Bundesliga. "Das hat mir einen Kick gegeben", sagt Zoller. Er war wieder im Gespräch. Der Karlsruher SC wurde aufmerksam und schlug zu. Ein Schlüsselmoment.

Rund zwei Jahre später, am 8. November 2010, gab Zoller sein Debüt in der 2. Bundesliga. Es war sein erstes offizielles Seniorenjahr. Auf das erste Zweitligator musste er bis zum 26. Februar 2012 warten, nach seiner Einwechslung gegen den FSV Frankfurt traf er zum 1:2-Endstand. Rund drei Monate später war Karlsruhe abgestiegen.

Bundesliga? "Traue ich mir irgendwann zu"

Am vergangenen Samstag hat der KSC die Rückkehr in die 2. Bundesliga perfekt gemacht. Zu gerne würde Zoller mit dem VfL Osnabrück seinem Ex-Klub folgen. Der Weg ist steinig nach der 0:1-Niederlage bei Arminia Bielefeld und dem Sturz auf Platz vier. Osnabrück hat nur noch eine Chance, wenn der 1. FC Heidenheim am Samstag im Heimspiel gegen Kickers Offenbach patzt. "Wir müssen uns das nach unserer grandiosen Hinrunde selbst ankreiden", meint Zoller: "Wir haben so gut wie kein Spitzenspiel gewonnen und zuletzt nicht das abgerufen, worauf es ankommt."

Sollte das Happy End ausbleiben, möchte Osnabrücks Torjäger die Saison trotzdem nicht schlecht reden. "Es war ein tolles Jahr, das mich reifer gemacht hat und in dem es mir beim VfL sehr einfach gemacht wurde", sagt er. Zoller weiß: Die besten sportlichen Jahre hat er, der Ende Juni seinen 22. Geburtstag feiert, wahrscheinlich noch vor sich. "Ich traue mir zu, irgendwann mal Bundesliga zu spielen", sagt er. Egal, wie viele turbulente Tage bis dahin noch nötig sind.

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Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Newcomer. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison jede Menge Charakterköpfe zu bieten. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner Serie vor. Heute: Simon Zoller vom VfL Osnabrück.

Es sind turbulente Tage in Osnabrück. Trainer Claus-Dieter Wollitz ist weg, die Chance auf den direkten Aufstieg auch. Platz drei und die Relegation zur 2. Bundesliga sind für den VfL nur noch mit Schützenhilfe möglich. Die Unruhe hinter den Kulissen hat die Vorbereitung auf das letzte Saisonspiel gegen Alemannia Aachen am Samstag (ab 13.30 Uhr, im Live-Stream bei ndr.de) nicht leichter gemacht. "Als Spieler versucht man, diese ganzen Dinge im Umfeld nicht an sich heranzulassen", sagt Simon Zoller.

Der 21 Jahre alte Angreifer ist Turbulenzen gewohnt. Im vergangenen Jahr war er als Spieler dabei, als der Karlsruher SC am Ende einer verkorksten Saison aus der 2. Bundesliga abstieg. Er war mittendrin, als nach dem entscheidenden Relegationsspiel gegen den SSV Jahn Regensburg im Wildparkstadion das Chaos ausbrach. Es gab Randale, Bedrohungen, die Spieler konnten erst lange nach Spielschluss das Stadion verlassen. Für Zoller eine prägende Erfahrung. "Damals habe ich zum ersten Mal Angst beim Fußball verspürt", sagt er: "Ich bin seitdem vorsichtiger geworden."

"Wechsel nach Osnabrück war zu 100 Prozent der richtige Schritt"

Nach dem Abstieg zog es Zoller zum VfL Osnabrück. "Zu 100 Prozent der richtige Schritt", urteilt er – selbst wenn es mit dem Aufstieg nichts werden sollte. In Karlsruhe war er Ergänzungsspieler, in Osnabrück ist er Leistungsträger. Die Fans an der Bremer Brücke mögen den 1,77 Meter großen Angreifer, weil er rackert, weil er viel unterwegs ist und weil er regelmäßig trifft. 15-mal in 35 Einsätzen. Dazu hat er sieben Treffer vorbereitet. "Ich habe hier über die gesamte Saison volles Vertrauen gespürt, gerade vom Trainer. Dadurch konnte ich mich automatisch weiterentwickeln", erklärt Zoller.

Die guten Erfahrungen beim VfL mag er nicht als Vorwurf Richtung Karlsruhe interpretiert wissen, ebenso wenig wie die Feststellung, dass er "genau zum richtigen Zeitpunkt" den Verein gewechselt habe. "Vielleicht war ich beim KSC noch nicht soweit", sagt Zoller und betont: "Ich hatte dort eine schöne Zeit."

Rückschlag in der Jugend: Eineinhalb Jahre verletzt

Vier Jahre trug er das Karlsruher Trikot, die ersten beiden davon als A-Jugendlicher. Es war seine Rückkehr auf die Schiene zum Profifußball, die schon verlassen schien. Als 14-Jähriger war Zoller zum VfB Stuttgart gewechselt. Ein Talent, ein Auswahlspieler, einer, der vielleicht das Zeug für höhere Aufgaben hat. Doch statt sich sportlich zu empfehlen, wurde der gebürtige Friedrichshafener zum Stammgast in der Reha.

Zweimal zog er sich einen Gesäßmuskelabriss mit Knochenausriss zu. Hört sich äußerst schmerzhaft an, ist äußerst schmerzhaft und verheilt nicht schnell. Eineinhalb Jahre lag Zoller auf Eis, wochenlang konnte er weder richtig sitzen noch richtig liegen. "Eine traurige Zeit", sagt er.

Die Wende zum Guten in Ulm: 36 Tore in 25 Spielen

Nach seiner Genesung wählte Zoller den Schritt zurück. SSV Ulm, alles eine Nummer kleiner. "Eine logische Entscheidung" nennt er es. Und eine gute. In 25 Partien für die Ulmer erzielte er 36 Tore, schaffte mit seiner Mannschaft die Qualifikation für die A-Junioren-Bundesliga. "Das hat mir einen Kick gegeben", sagt Zoller. Er war wieder im Gespräch. Der Karlsruher SC wurde aufmerksam und schlug zu. Ein Schlüsselmoment.

Rund zwei Jahre später, am 8. November 2010, gab Zoller sein Debüt in der 2. Bundesliga. Es war sein erstes offizielles Seniorenjahr. Auf das erste Zweitligator musste er bis zum 26. Februar 2012 warten, nach seiner Einwechslung gegen den FSV Frankfurt traf er zum 1:2-Endstand. Rund drei Monate später war Karlsruhe abgestiegen.

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Bundesliga? "Traue ich mir irgendwann zu"

Am vergangenen Samstag hat der KSC die Rückkehr in die 2. Bundesliga perfekt gemacht. Zu gerne würde Zoller mit dem VfL Osnabrück seinem Ex-Klub folgen. Der Weg ist steinig nach der 0:1-Niederlage bei Arminia Bielefeld und dem Sturz auf Platz vier. Osnabrück hat nur noch eine Chance, wenn der 1. FC Heidenheim am Samstag im Heimspiel gegen Kickers Offenbach patzt. "Wir müssen uns das nach unserer grandiosen Hinrunde selbst ankreiden", meint Zoller: "Wir haben so gut wie kein Spitzenspiel gewonnen und zuletzt nicht das abgerufen, worauf es ankommt."

Sollte das Happy End ausbleiben, möchte Osnabrücks Torjäger die Saison trotzdem nicht schlecht reden. "Es war ein tolles Jahr, das mich reifer gemacht hat und in dem es mir beim VfL sehr einfach gemacht wurde", sagt er. Zoller weiß: Die besten sportlichen Jahre hat er, der Ende Juni seinen 22. Geburtstag feiert, wahrscheinlich noch vor sich. "Ich traue mir zu, irgendwann mal Bundesliga zu spielen", sagt er. Egal, wie viele turbulente Tage bis dahin noch nötig sind.