Frank Schmidt: "Begeisterung ist der Schlüssel"

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Der 1. FC Heidenheim 1846 ist die Mannschaft der Stunde in der 3. Liga. Mit 25 Punkten aus den vergangenen zehn Spielen hat sich der Klub aus dem Osten Baden-Württembergs ins Aufstiegsrennen eingeklinkt. Zu einem direkten Aufstiegsplatz sind es noch fünf Zähler, Relegationsrang drei ist nur einen Punkt entfernt und kann mit einem Sieg beim direkten Konkurrenten VfL Osnabrück im Spitzenspiel am Samstag (ab 14 Uhr, live im SWR) erobert werden.

Der Sprung in die 2. Bundesliga - es wäre die Krönung einer Erfolgsgeschichte, die 2004 mit dem Aufstieg des FCH in die Oberliga begann. Der Kapitän hieß damals Frank Schmidt. Heute ist Schmidt der dienstälteste Trainer der 3. Liga, der 39-Jährige ist seit 2007 in Heidenheim im Amt. Im aktuellen DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Frank Schmidt über Begeisterung, Identifikation, die Rolle als Vorzeigeverein und den großen Irrtum seiner Frau.

DFB.de: Herr Schmidt, warum ist es in Heidenheim so schön?

Frank Schmidt: Mit Sicherheit nicht wegen des Wetters. (lacht) Wir haben hier seit fünf Monaten keine Sonne mehr gesehen. Beim 1. FC Heidenheim ist es so schön, weil es eine Entwicklung gibt. Der Verein denkt in professionellen Strukturen, es kehrt keine Selbstzufriedenheit ein. Hinzu kommen die Euphorie im Umfeld und eine geschlossene Mannschaft mit großem Willen.

DFB.de: Topscorer Marc Schnatterer, einige andere Spieler und Sie selbst sind Beispiele dafür, dass man nicht so leicht aus Heidenheim weggeht. Woher kommt die hohe Identifikation mit dem Klub?

Schmidt: Bei der Beantwortung dieser Frage muss man weiter zurückgehen, zu dem Zeitpunkt, bevor ein Spieler zu uns wechselt. Ehe der Spieler einen Vertrag unterschreibt, hat er mindestens einmal mit unserem Geschäftsführer Holger Sanwald und mit mir gesprochen - und zwar bei uns vor Ort. Dort bekommt er klar dargelegt, was ihn erwartet. Wenn er sich in unseren Zielen wiederfindet, ist er genau richtig bei uns. Wenn er Zweifel hat, lässt er es besser sein. Wir sind hart, aber herzlich. Es gab auch Beispiele, wo es nicht gepasst hat und die Spieler schnell wieder gegangen sind. Aber die durchschnittliche Verweildauer der Spieler liegt in Heidenheim um ein bis zwei Jahre höher als bei den anderen Vereinen. Begeisterung ist der Schlüssel.

DFB.de: Und Nachhaltigkeit?

Schmidt: Ja, absolut. Wir können uns da durchaus als Vorzeigeverein ansehen. Wir haben in den vergangenen Jahren sportlich stets Topergebnisse erzielt. Es herrscht Kontinuität, nicht nur auf der Trainerposition. Wir haben tolle Rahmenbedingungen. Wir verfügen zum Beispiel über einen beheizbaren Kunstrasen, dadurch ist trotz des strengen Winters kein Training ausgefallen. Natürlich ist mit der Entwicklung auch die Erwartungshaltung gestiegen. Es ist nicht mehr das gleiche Arbeiten wie vor zwei Jahren, die Fans haben jetzt einen gewissen Anspruch. Damit müssen wir zurechtkommen.

DFB.de: DFB-Direktor Ulf Schott sagt, dass die Drittligisten ein Leuchtturm für Ihre Region sein sollen. Füllt der FC Heidenheim diese Rolle perfekt aus?

Schmidt: Ein klares Ja. Ich halte uns für den einzigen Verein, der diese Rolle zu 100 Prozent erfüllt. Unser Konzept ist ganz stark auf die Region Süddeutschland ausgerichtet. Auch das sorgt für Identifikation. Heidenheim ist keine Großstadt, da bringt es kaum etwas, jemanden nur wegen seiner fußballerischen Qualitäten aus Berlin zu holen. Im süddeutschen Raum gibt es so viele Topspieler in den Nachwuchsleistungszentren, die nicht gleich den Sprung nach oben schaffen. Wir sind von diesem Weg überzeugt, und wir wollen dieser Linie treu bleiben.

DFB.de: Auch nach einem Aufstieg in die 2. Bundesliga?

Schmidt: Auf jeden Fall. Schon nach dem Aufstieg in die 3. Liga haben uns viele belächelt und behauptet, dass wir eine Menge erfahrene Spieler brauchen. Aber genau das brauchen wir nicht. Wir haben fünf Spieler im Kader, die bereits in der Oberliga hier waren. Die meisten in der Mannschaft sind den Weg aus der Regionalliga mitgegangen. Mein klares Signal: Sollte uns der Sprung in die 2. Bundesliga gelingen, wird es keine grundlegend neue Mannschaft geben, sondern vier bis fünf gezielte Verstärkungen.

DFB.de: Wochenlang haben im Aufstiegsrennen alle von Karlsruhe, Bielefeld, Osnabrück und Münster gesprochen. Jetzt ist Heidenheim bis auf einen Punkt an Relegationsplatz drei herangerückt. Wie gut lebt es sich im Windschatten der Traditionsklubs?

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Schmidt: Wir beobachten die Situation, ohne sie ausführlich kommentieren zu wollen. Wir sind dank einer grandiosen Rückrunde ganz dicht dran, werden uns aber weiterhin über die einzelnen Aufgaben definieren. Ich bin weit davon entfernt, eine große Botschaft zum Thema 2. Bundesliga rauszuposaunen.

DFB.de: Ist die Partie in Osnabrück am Samstag schon ein kleines Endspiel?

Schmidt: Für uns war zuletzt fast jedes Spiel ein Endspiel. Zwei Siege weniger, und wir wären jetzt schon raus aus dem Rennen. Wir hatten in der Winterpause 13 Punkte Rückstand auf den VfL Osnabrück, nun ist es noch einer, und wir haben ein Spiel weniger. Auf uns wartet die Woche der Wahrheit: erst auswärts gegen Osnabrück und den Halleschen FC, dann am kommenden Samstag zu Hause gegen Arminia Bielefeld.

DFB.de: Sie sind vor zehn Jahren als Spieler nach Heidenheim gekommen. Hätten Sie gedacht, dass Sie derart Wurzeln schlagen?

Schmidt: Eigentlich sollte es ganz anders laufen. Meine Frau hat damals gesagt: "Du bist jetzt im Amateurfußball, bald führst du ein normales Leben wie die Nachbarn und mähst freitags den Rasen." Stattdessen wurde ich 2007 Trainer, habe innerhalb von drei Jahren die B-Lizenz, A-Lizenz und den Fußball-Lehrer gemacht - und meine Frau muss weiterhin freitags den Rasen alleine mähen. In meiner ersten Saison als Trainer hat sie deswegen mit unserem Geschäftsführer kein Wort gesprochen. Und nach Siegen hat sie anfangs nur gesagt: "Alles Zufall." Insgesamt ist es aber ganz gut, wie alles gekommen ist. (lacht)

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Der 1. FC Heidenheim 1846 ist die Mannschaft der Stunde in der 3. Liga. Mit 25 Punkten aus den vergangenen zehn Spielen hat sich der Klub aus dem Osten Baden-Württembergs ins Aufstiegsrennen eingeklinkt. Zu einem direkten Aufstiegsplatz sind es noch fünf Zähler, Relegationsrang drei ist nur einen Punkt entfernt und kann mit einem Sieg beim direkten Konkurrenten VfL Osnabrück im Spitzenspiel am Samstag (ab 14 Uhr, live im SWR) erobert werden.

Der Sprung in die 2. Bundesliga - es wäre die Krönung einer Erfolgsgeschichte, die 2004 mit dem Aufstieg des FCH in die Oberliga begann. Der Kapitän hieß damals Frank Schmidt. Heute ist Schmidt der dienstälteste Trainer der 3. Liga, der 39-Jährige ist seit 2007 in Heidenheim im Amt. Im aktuellen DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Frank Schmidt über Begeisterung, Identifikation, die Rolle als Vorzeigeverein und den großen Irrtum seiner Frau.

DFB.de: Herr Schmidt, warum ist es in Heidenheim so schön?

Frank Schmidt: Mit Sicherheit nicht wegen des Wetters. (lacht) Wir haben hier seit fünf Monaten keine Sonne mehr gesehen. Beim 1. FC Heidenheim ist es so schön, weil es eine Entwicklung gibt. Der Verein denkt in professionellen Strukturen, es kehrt keine Selbstzufriedenheit ein. Hinzu kommen die Euphorie im Umfeld und eine geschlossene Mannschaft mit großem Willen.

DFB.de: Topscorer Marc Schnatterer, einige andere Spieler und Sie selbst sind Beispiele dafür, dass man nicht so leicht aus Heidenheim weggeht. Woher kommt die hohe Identifikation mit dem Klub?

Schmidt: Bei der Beantwortung dieser Frage muss man weiter zurückgehen, zu dem Zeitpunkt, bevor ein Spieler zu uns wechselt. Ehe der Spieler einen Vertrag unterschreibt, hat er mindestens einmal mit unserem Geschäftsführer Holger Sanwald und mit mir gesprochen - und zwar bei uns vor Ort. Dort bekommt er klar dargelegt, was ihn erwartet. Wenn er sich in unseren Zielen wiederfindet, ist er genau richtig bei uns. Wenn er Zweifel hat, lässt er es besser sein. Wir sind hart, aber herzlich. Es gab auch Beispiele, wo es nicht gepasst hat und die Spieler schnell wieder gegangen sind. Aber die durchschnittliche Verweildauer der Spieler liegt in Heidenheim um ein bis zwei Jahre höher als bei den anderen Vereinen. Begeisterung ist der Schlüssel.

DFB.de: Und Nachhaltigkeit?

Schmidt: Ja, absolut. Wir können uns da durchaus als Vorzeigeverein ansehen. Wir haben in den vergangenen Jahren sportlich stets Topergebnisse erzielt. Es herrscht Kontinuität, nicht nur auf der Trainerposition. Wir haben tolle Rahmenbedingungen. Wir verfügen zum Beispiel über einen beheizbaren Kunstrasen, dadurch ist trotz des strengen Winters kein Training ausgefallen. Natürlich ist mit der Entwicklung auch die Erwartungshaltung gestiegen. Es ist nicht mehr das gleiche Arbeiten wie vor zwei Jahren, die Fans haben jetzt einen gewissen Anspruch. Damit müssen wir zurechtkommen.

DFB.de: DFB-Direktor Ulf Schott sagt, dass die Drittligisten ein Leuchtturm für Ihre Region sein sollen. Füllt der FC Heidenheim diese Rolle perfekt aus?

Schmidt: Ein klares Ja. Ich halte uns für den einzigen Verein, der diese Rolle zu 100 Prozent erfüllt. Unser Konzept ist ganz stark auf die Region Süddeutschland ausgerichtet. Auch das sorgt für Identifikation. Heidenheim ist keine Großstadt, da bringt es kaum etwas, jemanden nur wegen seiner fußballerischen Qualitäten aus Berlin zu holen. Im süddeutschen Raum gibt es so viele Topspieler in den Nachwuchsleistungszentren, die nicht gleich den Sprung nach oben schaffen. Wir sind von diesem Weg überzeugt, und wir wollen dieser Linie treu bleiben.

DFB.de: Auch nach einem Aufstieg in die 2. Bundesliga?

Schmidt: Auf jeden Fall. Schon nach dem Aufstieg in die 3. Liga haben uns viele belächelt und behauptet, dass wir eine Menge erfahrene Spieler brauchen. Aber genau das brauchen wir nicht. Wir haben fünf Spieler im Kader, die bereits in der Oberliga hier waren. Die meisten in der Mannschaft sind den Weg aus der Regionalliga mitgegangen. Mein klares Signal: Sollte uns der Sprung in die 2. Bundesliga gelingen, wird es keine grundlegend neue Mannschaft geben, sondern vier bis fünf gezielte Verstärkungen.

DFB.de: Wochenlang haben im Aufstiegsrennen alle von Karlsruhe, Bielefeld, Osnabrück und Münster gesprochen. Jetzt ist Heidenheim bis auf einen Punkt an Relegationsplatz drei herangerückt. Wie gut lebt es sich im Windschatten der Traditionsklubs?

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Schmidt: Wir beobachten die Situation, ohne sie ausführlich kommentieren zu wollen. Wir sind dank einer grandiosen Rückrunde ganz dicht dran, werden uns aber weiterhin über die einzelnen Aufgaben definieren. Ich bin weit davon entfernt, eine große Botschaft zum Thema 2. Bundesliga rauszuposaunen.

DFB.de: Ist die Partie in Osnabrück am Samstag schon ein kleines Endspiel?

Schmidt: Für uns war zuletzt fast jedes Spiel ein Endspiel. Zwei Siege weniger, und wir wären jetzt schon raus aus dem Rennen. Wir hatten in der Winterpause 13 Punkte Rückstand auf den VfL Osnabrück, nun ist es noch einer, und wir haben ein Spiel weniger. Auf uns wartet die Woche der Wahrheit: erst auswärts gegen Osnabrück und den Halleschen FC, dann am kommenden Samstag zu Hause gegen Arminia Bielefeld.

DFB.de: Sie sind vor zehn Jahren als Spieler nach Heidenheim gekommen. Hätten Sie gedacht, dass Sie derart Wurzeln schlagen?

Schmidt: Eigentlich sollte es ganz anders laufen. Meine Frau hat damals gesagt: "Du bist jetzt im Amateurfußball, bald führst du ein normales Leben wie die Nachbarn und mähst freitags den Rasen." Stattdessen wurde ich 2007 Trainer, habe innerhalb von drei Jahren die B-Lizenz, A-Lizenz und den Fußball-Lehrer gemacht - und meine Frau muss weiterhin freitags den Rasen alleine mähen. In meiner ersten Saison als Trainer hat sie deswegen mit unserem Geschäftsführer kein Wort gesprochen. Und nach Siegen hat sie anfangs nur gesagt: "Alles Zufall." Insgesamt ist es aber ganz gut, wie alles gekommen ist. (lacht)