Erfurt-Trainer Krämer: "Wer uns abschreibt, macht einen Fehler"

DFB.de: Jens Möckel verursachte gegen Paderborn einen Zusammenstoß mit Schiedsrichter Markus Wollenweber. Er sah die Rote Karte und muss mit einer längeren Sperre rechnen. Sanktioniert der Verein Möckels Verhalten zusätzlich?

Krämer: Ich habe mir die Bilder mehrfach angesehen. Es gab einen Kontakt zwischen Jens Möckel und dem Schiedsrichter, aber kein aktives Schubsen. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob Jens da so hingehen muss. Aber Spieler sind eben auch nur Menschen, und es waren starke Emotionen im Spiel. Gerade im Profifußball haben alle Entscheidungen - egal ob ich, ein Spieler oder ein Schiedsrichter sie treffen - Konsequenzen. Alle machen aber auch einmal einen Fehler.

DFB.de: Vor dem Paderborn-Spiel hatte es im DFB-Pokal ein 0:1 gegen den Bundesligisten Hoffenheim gegeben. Sind die Leistungen im Pokal und in der zweiten Halbzeit gegen den SCP nun der Maßstab, um das Ruder herumzureißen?

Krämer: Die erste halbe Stunde gegen Paderborn war schwach, in der Viertelstunde vor der Halbzeit hat dann gar nichts mehr funktioniert. Danach haben wir in der Tat eine unsere besten Leistungen abgerufen. Auch gegen Hoffenheim sowie zuvor beim 1:1 in Zwickau war ich mit unserem Auftritt einverstanden. Wenn wir das verlässlich auf den Platz bringen, sind wir konkurrenzfähig. Fehlen nur ein paar Prozente, wird es schwer.

DFB.de: Ist es ein Vorteil, dass der Verein und Sie im Rennen um den Klassenverbleib bereits einige Erfahrungen sammeln konnten?

Krämer: Das glaube ich schon. Wir sind noch zu einem frühen Zeitpunkt der Saison. Es ist aber nicht unrealistisch, dass es erneut eng werden kann. Das gewachsene Vertrauensverhältnis im Verein - schließlich haben wir es in den vergangenen Spielzeiten gemeinsam immer geschafft - ist dabei absolut positiv. Es geht jetzt zunächst darum, die Lücke nicht zu groß werden zu lassen. Jeder Punkt ist Gold wert. Ich bin überzeugt: Jeder, der uns abschreibt, macht einen Fehler.

DFB.de: Welche Spieler sind jetzt besonders gefordert?

Krämer: Unser Kapitän Jens Möckel wird uns nach seiner Roten Karte einige Zeit fehlen. Es stehen jetzt die Spieler im Fokus, die bereits über einige Erfahrungen in der 3. Liga verfügen. Dazu gehören zum Beispiel Torhüter Philipp Klewin, Carsten Kammlott, Luka Odak oder Christoph Menz. Von ihnen sollte jetzt keiner mehr wegbrechen, im Optimalfall kommen sie in jeder Partie an ihr Limit. Es ist sicher ein wenig unfair, das in dieser Form einzufordern. Aber dieser Herausforderung müssen sie sich stellen.

DFB.de: Erfurt ist Gründungsmitglied der 3. Liga und als einziger Klub seit der Einführung 2008 ununterbrochen dabei. Warum bleibt das so?

Krämer: Weil wir trotz aller Probleme eine konkurrenzfähige Mannschaft auf das Feld schicken können. Die Saison ist noch lang, und ich bin überzeugt, dass wir die nötigen Punkte holen werden. Ich bin jedenfalls bereit.

DFB.de: Nächster Gegner ist am Samstag der VfR Aalen. Was ist auf der Schwäbischen Alb gefordert, um die Laune zu heben?

Krämer: Erst mal habe ich großen Respekt vor der Leistung meines Trainerkollegen Peter Vollmann. Der VfR ist eingespielt und hat sich schlau verstärkt. Wenn die Aalener von Verletzungssorgen verschont bleiben, traue ich ihnen zu, um die vorderen Plätze mitzuspielen. Wir werden alles dafür geben, um uns das dringend benötigte Erfolgserlebnis zu holen. Das wäre wichtig, um nicht in eine negative Dauerschleife zu geraten. Ich hoffe, dass unsere Fans nicht zu schnell die Geduld verlieren. Wir benötigen die Hilfe unserer Anhänger von außen.

[mspw]


Den Start in die neue Saison hatte sich Drittliga-Dino Rot-Weiß Erfurt ganz anders vorgestellt. Nach fünf Spieltagen sind die Rot-Weißen, die seit 2008 als einziger Klub ununterbrochen in Liga drei am Start sind, mit zwei Punkten Tabellenvorletzter. Für Trainer Stefan Krämer ist die Situation nicht neu. Der 50-Jährige steht seit einem Jahr und sieben Monaten an der Seitenlinie und führte Erfurt in den vergangenen beiden Spielzeiten zum Klassenverbleib. Im DFB.de-Drittligainterview der Woche spricht Stefan Krämer, der mit Arminia Bielefeld 2013 in die 2. Bundesliga aufstieg, mit Mitarbeiter Thomas Ziehn über den missglückten Start, das Spiel am Samstag (ab 14 Uhr, live bei Telekom) beim VfR Aalen und den Weg nach oben.

DFB.de: Erfurt ist sieglos und Vorletzter. Was kann Sie derzeit aufheitern, Herr Krämer?

Stefan Krämer: Unser Punktestand definitiv nicht, aber die Leistungen aus den vergangenen Spielen. Die Kurve zeigt in die richtige Richtung. Es gibt solche Phasen im Fußball, in denen die Ergebnisse dennoch nicht passen. Das kommt jedoch für mich nicht vollkommen überraschend. Ich hatte nach den Abgängen einiger Leistungsträger schon damit gerechnet, dass uns so ein Start passieren kann. Deshalb werde ich jetzt auch nicht nervös.

DFB.de: Wo liegen die Gründe für das Abschneiden?

Krämer: Mit den Leistungen in der Defensive bin ich gar nicht so unzufrieden. Mit Ausnahme des 0:3 beim 1. FC Magdeburg haben wir in allen anderen Partien nur einen Gegentreffer kassiert. Auf der anderen Seite haben wir aber auch nur zwei Tore erzielt. Das liegt vor allem daran, dass die Verteidigung bei uns schon im Angriff beginnen muss, um die Ordnung zu halten. Speziell für unseren Stürmer Carsten Kammlott gilt, dass er sich im Pressing für die Mannschaft aufopfert. Vor dem Tor fehlen ihm dann ab und zu die entscheidenden Körner. Wir müssen jetzt dahinkommen, dass er und die anderen Angreifer sich ein wenig herausnehmen können, um vorne durchschlagskräftiger zu werden. Ein Erfolgserlebnis würde uns allen guttun.

DFB.de: Welche Rolle spielen die Personalprobleme?

Krämer: Wir mussten vor der Saison einige Leistungsträger abgeben. Ersetzt wurden sie fast ausnahmslos durch junge Spieler, die meisten kamen aus der Regionalliga zu uns. Zwei, drei oder vier Spieler in eine funktionierende Mannschaft einzubauen, ist ohne große Probleme möglich. Leider fehlen uns mit den Langzeitverletzten André Laurito, Liridon Vocaj, Theodor Bergmann und Tugay Uzan vier wichtige Säulen. Sie alle fallen die gesamte Hinrunde aus. Die Verletztensituation darf man meiner Meinung nach bei einer vernünftigen Analyse unseres Abschneidens nicht außen vor lassen. Auf der anderen Seite muss ich mich auf die Spieler konzentrieren, die mir zur Verfügung stehen. Ich sehe das kämpferisch.

DFB.de: Rot-Weiß Erfurt ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Hat das ebenfalls Einfluss auf die Leistungen auf dem Platz?

Krämer: Eine Fußballmannschaft besteht nicht nur, aber auch aus individueller Klasse. Wir können von jungen Spielern, die bisher in der vierten Liga am Ball waren, nicht erwarten, dass sie plötzlich ein "Schiff" in der 3. Liga ziehen. Es ist vollkommen normal, dass es gegen eine erfahrene Profimannschaft wie Paderborn schwer wird. Durch die Ausfälle stellt sich die Startelf momentan außerdem fast von alleine auf. Der Konkurrenzkampf im Training ist nicht so, wie ich mir das wünschen würde. Ein paar Prozente fehlen, wenn man als Spieler ziemlich genau weiß, dass man am Wochenende spielt. Eingeschränkt sind momentan auch meine Möglichkeiten, eine Begegnung mit Wechseln zu beeinflussen.

DFB.de: Speziell über das jüngste 0:1 gegen den SC Paderborn 07 haben Sie sich sehr geärgert. Warum?

Krämer: Es waren schon mehrere Entscheidungen dabei, die wir nicht nachvollziehen konnten. Vor dem 0:1 in der ersten Halbzeit war der Ball meiner Meinung nach im Aus. Das war gar nicht mal so schlimm, weil das bei uns für Wut im Bauch und für die beste Hälfte der Saison gesorgt hat. Kurz vor Schluss haben wir dann einen Strafstoß nicht bekommen. Da musste ich dann erst einmal eine Nacht drüber schlafen.

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DFB.de: Jens Möckel verursachte gegen Paderborn einen Zusammenstoß mit Schiedsrichter Markus Wollenweber. Er sah die Rote Karte und muss mit einer längeren Sperre rechnen. Sanktioniert der Verein Möckels Verhalten zusätzlich?

Krämer: Ich habe mir die Bilder mehrfach angesehen. Es gab einen Kontakt zwischen Jens Möckel und dem Schiedsrichter, aber kein aktives Schubsen. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob Jens da so hingehen muss. Aber Spieler sind eben auch nur Menschen, und es waren starke Emotionen im Spiel. Gerade im Profifußball haben alle Entscheidungen - egal ob ich, ein Spieler oder ein Schiedsrichter sie treffen - Konsequenzen. Alle machen aber auch einmal einen Fehler.

DFB.de: Vor dem Paderborn-Spiel hatte es im DFB-Pokal ein 0:1 gegen den Bundesligisten Hoffenheim gegeben. Sind die Leistungen im Pokal und in der zweiten Halbzeit gegen den SCP nun der Maßstab, um das Ruder herumzureißen?

Krämer: Die erste halbe Stunde gegen Paderborn war schwach, in der Viertelstunde vor der Halbzeit hat dann gar nichts mehr funktioniert. Danach haben wir in der Tat eine unsere besten Leistungen abgerufen. Auch gegen Hoffenheim sowie zuvor beim 1:1 in Zwickau war ich mit unserem Auftritt einverstanden. Wenn wir das verlässlich auf den Platz bringen, sind wir konkurrenzfähig. Fehlen nur ein paar Prozente, wird es schwer.

DFB.de: Ist es ein Vorteil, dass der Verein und Sie im Rennen um den Klassenverbleib bereits einige Erfahrungen sammeln konnten?

Krämer: Das glaube ich schon. Wir sind noch zu einem frühen Zeitpunkt der Saison. Es ist aber nicht unrealistisch, dass es erneut eng werden kann. Das gewachsene Vertrauensverhältnis im Verein - schließlich haben wir es in den vergangenen Spielzeiten gemeinsam immer geschafft - ist dabei absolut positiv. Es geht jetzt zunächst darum, die Lücke nicht zu groß werden zu lassen. Jeder Punkt ist Gold wert. Ich bin überzeugt: Jeder, der uns abschreibt, macht einen Fehler.

DFB.de: Welche Spieler sind jetzt besonders gefordert?

Krämer: Unser Kapitän Jens Möckel wird uns nach seiner Roten Karte einige Zeit fehlen. Es stehen jetzt die Spieler im Fokus, die bereits über einige Erfahrungen in der 3. Liga verfügen. Dazu gehören zum Beispiel Torhüter Philipp Klewin, Carsten Kammlott, Luka Odak oder Christoph Menz. Von ihnen sollte jetzt keiner mehr wegbrechen, im Optimalfall kommen sie in jeder Partie an ihr Limit. Es ist sicher ein wenig unfair, das in dieser Form einzufordern. Aber dieser Herausforderung müssen sie sich stellen.

DFB.de: Erfurt ist Gründungsmitglied der 3. Liga und als einziger Klub seit der Einführung 2008 ununterbrochen dabei. Warum bleibt das so?

Krämer: Weil wir trotz aller Probleme eine konkurrenzfähige Mannschaft auf das Feld schicken können. Die Saison ist noch lang, und ich bin überzeugt, dass wir die nötigen Punkte holen werden. Ich bin jedenfalls bereit.

DFB.de: Nächster Gegner ist am Samstag der VfR Aalen. Was ist auf der Schwäbischen Alb gefordert, um die Laune zu heben?

Krämer: Erst mal habe ich großen Respekt vor der Leistung meines Trainerkollegen Peter Vollmann. Der VfR ist eingespielt und hat sich schlau verstärkt. Wenn die Aalener von Verletzungssorgen verschont bleiben, traue ich ihnen zu, um die vorderen Plätze mitzuspielen. Wir werden alles dafür geben, um uns das dringend benötigte Erfolgserlebnis zu holen. Das wäre wichtig, um nicht in eine negative Dauerschleife zu geraten. Ich hoffe, dass unsere Fans nicht zu schnell die Geduld verlieren. Wir benötigen die Hilfe unserer Anhänger von außen.

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