Aufstiegstrainer Gerd Dais: "Wir können stolz sein"

Alle vier Jahre ist für Gerd Dais Aufstiegszeit. 2004 führte er den FC Nöttingen in die Regionalliga, 2008 schaffte er das Gleiche mit dem SV Sandhausen. Jetzt hat der Trainer noch einen draufgesetzt. Seit Samstag steht fest, dass Sandhausen in der kommenden Saison Zweitligist ist. Es ist der größte Erfolg in der Geschichte des Dorfvereins, der gerade einmal 700 Mitglieder hat.

Gerd Dais und der SV Sandhausen haben bewegte Zeiten hinter sich. Anfang 2010 hatte sich der Klub von seinem Coach getrennt, um ihn ein Jahr später wieder zurückzuholen, in einer Stunde höchster Not. Der Abstieg in die Regionalliga drohte, das gesamte Modell Sandhausen stand in Frage. Dais, früher Bundesligaprofi beim SV Waldhof Mannheim und Karlsruher SC, fand die richtigen Antworten und darf sich jetzt mit dem gesamten Verein auf das Abenteuer 2. Bundesliga freuen.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Jochen Breideband spricht Gerd Dais über Quantensprünge, die Vorfreude auf Neuland und das Geheimnis des Sandhausener Erfolgs.

DFB.de: Der SV Sandhausen steht als erster Aufsteiger in die 2. Bundesliga fest. Angst, dass Sie jemand aus diesem Traum weckt, Herr Dais?

Gerd Dais: Das geht ja glücklicherweise nicht mehr, nachdem wir jede theoretische Möglichkeit ausgeschlossen haben. Ich fühle mich auch nicht wie im Traum. Der Aufstieg ist das Ergebnis harter, kontinuierlicher Arbeit.

DFB.de: Gab es einen Zeitpunkt in dieser Saison, an dem es Klick gemacht hat, an dem Sie wussten, jetzt schafft es Sandhausen?

Dais: Es gab keine Initialzündung. Wir haben gegen Chemnitz und gegen Aalen verloren, in Regensburg Unentschieden gespielt. Aber: Wir haben über die gesamte Saison hinweg konstant gepunktet. Die Big Points in den Spitzenspielen bringen wenig, wenn man die anderen Aufgaben nicht löst.

DFB.de: War das die große Stärke Ihrer Mannschaft?

Dais: Ja. Das Team war immer gewillt und in der Lage, Negativerlebnisse wieder wettzumachen. Außerdem konnten wir Verletzungen und Sperren gut kompensieren, weil wir einen guten, breit aufgestellten Kader haben.

DFB.de: Ein Dorf mit knapp 15.000 Einwohnern in der 2. Bundesliga: Wie geht das?

Dais: Es gibt ja auch ein Dorf mit 3000 Einwohnern, das Bundesliga spielt. Wobei in Hoffenheim natürlich ganz andere Voraussetzungen herrschen. Wir können stolz sein auf unsere Leistung. Es ist klar, dass wir und der zweite Aufsteiger, voraussichtlich Aalen, in der kommenden Saison als erste Absteiger gehandelt werden. Wir betreten in der 2. Bundesliga absolutes Neuland. Schon alleine die Medienpräsenz: Künftig wird jedes unserer Spiele live bei Sky übertragen. Für alle Beteiligten ist der Aufstieg ein Quantensprung. Wenn wir drin bleiben, wäre das eine ähnliche Leistung wie der Aufstieg.

DFB.de: Wie bereitet sich der Verein auf die Herausforderung 2. Bundesliga vor?

Dais: Die Arbeiten an der Infrastruktur werden zügig umgesetzt. Am 7. Mai, unmittelbar nach Saisonende, rollen die Bagger an. Es wird eine neue Tribüne geben, der Rasen wird erneuert, eine Rasenheizung eingebaut. Im sportlichen Bereich sind wir dabei, uns punktuell zu verstärken. Wir werden keinen großen Umbruch vornehmen, aber personell auf jeden Fall etwas tun. Ich gehe davon aus, dass wir eine schlagkräftige Mannschaft haben werden.

DFB.de: Was haben die Sandhausener besser gemacht als die Konkurrenz?

Dais: Wir haben eine Kontinuität gezeigt, die viele Konkurrenten nicht an den Tag gelegt haben. Nehmen wir das Beispiel Chemnitz: Die Mannschaft wurde vor wenigen Wochen nach ihrer Serie von allen gelobt und gefeiert. Jetzt haben die Chemnitzer viermal in Folge nicht gewonnen und sind von Platz drei verdrängt worden. Wir haben in der Vorrunde 36 Punkte geholt, in der Rückrunde bisher 30. Wir sind die beste Heim- und die beste Auswärtsmannschaft. Wir stehen also nicht zu Unrecht oben.

DFB.de: Wer ist für Sie der Spieler der Saison?

Dais: Es haben einige Spieler weit über dem Durchschnitt gespielt. Aber unser großer Rückhalt war und ist Daniel Ischdonat im Tor. Er hat die nötige Routine und Gelassenheit, er führt die jungen Spieler und hilft mit seiner Art der gesamten Mannschaft weiter.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an die 2. Bundesliga?

Dais: Diese Liga ist auch für mich absolutes Neuland.

DFB.de: Obwohl Sie dort für drei Klubs selbst gespielt haben?

Dais: Das ist 20, 30 Jahre her, seitdem hat sich so vieles verändert. Zum damaligen Zeitpunkt war die 2. Bundesliga ein Stiefkind. Danach hat sich die Liga stetig weiterentwickelt. Wir freuen uns sehr darauf. Wenn hier jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, wir spielen bald gegen Kaiserslautern, St. Pauli, 1860 München und vielleicht sogar den 1. FC Köln oder Hertha BSC, wäre er für verrückt erklärt worden.

DFB.de: Ihr Ex-Verein Waldhof Mannheim spielt trotz seiner Tradition und Bundesliga-Vergangenheit in der Regionalliga, der Dorfklub Sandhausen ab Sommer in der 2. Bundesliga. Paradox oder logisch?

Dais: Im Endeffekt eine logische Konsequenz der sportlichen Entwicklung. Tradition hin oder her: Beim SV Waldhof ist über Jahre nicht entsprechend gearbeitet worden - auch wenn der Verein Potenzial hat, gerade in Sachen Zuschauern.

DFB.de: Sie haben mit Sandhausen den Aufstieg in die Regionalliga erlebt und die Qualifikation für die 3. Liga. Ist der jetzige Erfolg noch höher zu bewerten?

Dais: Ich bin erst zufrieden, wenn ich mit dem SV Sandhausen in der Champions League bin. Nein, im Ernst: Je höher es hinaus geht, desto größer ist die Freude. Es waren alles schöne Momente, vor allem, als wir uns damals nach zehn Jahren aus der Oberliga rausgekämpft hatten. Aber der Zweitligaaufstieg ist für uns alle der größte Erfolg.

DFB.de: Im Februar 2011 stand der SVS in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz, als Sie wieder das Traineramt übernahmen. Was hat sich seitdem gravierend geändert?

Dais: Ich habe das ein oder andere Spiel gesehen und die negative Entwicklung unter meinen Vorgängern, die gleichzeitig meine Nachfolger waren, mitbekommen. Letztlich habe ich nur an ein bis zwei Stellschrauben gedreht. Ich habe Daniel Ischdonat ins Tor gestellt und taktisch von 4-4-2 auf ein 4-1-4-1 umgestellt. Das hat sich ausgezahlt. Die Mannschaft hat das gut umgesetzt und sich wieder Selbstvertrauen geholt.

DFB.de: Ein Jahr vorher waren Sie in Sandhausen entlassen worden. Hätte man sich die Trennung sparen können?

Dais: Das müssen Sie die handelnden Personen fragen. Wir hatten eigentlich eine ganz ordentliche Runde gespielt, zwar gerade gegen den Tabellenletzten verloren, wären aber mit einem Sieg im Nachholspiel wieder an Platz drei dran gewesen. Die Erwartungshaltung war damals ins Uferlose gestiegen.

DFB.de: Warum sind Sie zu einem Verein zurückgekehrt, der Sie erst ein Jahr vorher weggeschickt hatte?

Dais: Ich habe eine enge Verbindung zu diesem Verein. Es bestand die Gefahr, dass alles, was in Sandhausen über Jahre aufgebaut wurde, binnen einer Saison kaputt geht. Darum war ich sofort bereit, zu helfen und dieses Horrorszenario abzuwenden. Ich habe auch wieder eine gewisse Wertschätzung für mich und meine Arbeit gespürt. Man hat gesehen, dass ich vorher doch nicht alles falsch gemacht habe.

Das meinen DFB-User:

"Ich finde Gerd Dais kann sehr stolz auf sich und seine Jungs sein. Was diese Mannschaft diese Saison gegeben hat und wie gekämpft wurde, ist Gott sei Dank belohnt worden. Sandhausen steht zurecht oben in der 3. Liga! Und freut sich natürlich auch zurecht auf die 2. Liga. Wenn die Mannschaft weiter an sich arbeitet und ihr Ziel nicht aus den Augen verliert, glaube ich fest daran, dass wir die 2. Liga gut meistern werden !" (Lina Schmitt, Sandhausen)

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Alle vier Jahre ist für Gerd Dais Aufstiegszeit. 2004 führte er den FC Nöttingen in die Regionalliga, 2008 schaffte er das Gleiche mit dem SV Sandhausen. Jetzt hat der Trainer noch einen draufgesetzt. Seit Samstag steht fest, dass Sandhausen in der kommenden Saison Zweitligist ist. Es ist der größte Erfolg in der Geschichte des Dorfvereins, der gerade einmal 700 Mitglieder hat.

Gerd Dais und der SV Sandhausen haben bewegte Zeiten hinter sich. Anfang 2010 hatte sich der Klub von seinem Coach getrennt, um ihn ein Jahr später wieder zurückzuholen, in einer Stunde höchster Not. Der Abstieg in die Regionalliga drohte, das gesamte Modell Sandhausen stand in Frage. Dais, früher Bundesligaprofi beim SV Waldhof Mannheim und Karlsruher SC, fand die richtigen Antworten und darf sich jetzt mit dem gesamten Verein auf das Abenteuer 2. Bundesliga freuen.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Jochen Breideband spricht Gerd Dais über Quantensprünge, die Vorfreude auf Neuland und das Geheimnis des Sandhausener Erfolgs.

DFB.de: Der SV Sandhausen steht als erster Aufsteiger in die 2. Bundesliga fest. Angst, dass Sie jemand aus diesem Traum weckt, Herr Dais?

Gerd Dais: Das geht ja glücklicherweise nicht mehr, nachdem wir jede theoretische Möglichkeit ausgeschlossen haben. Ich fühle mich auch nicht wie im Traum. Der Aufstieg ist das Ergebnis harter, kontinuierlicher Arbeit.

DFB.de: Gab es einen Zeitpunkt in dieser Saison, an dem es Klick gemacht hat, an dem Sie wussten, jetzt schafft es Sandhausen?

Dais: Es gab keine Initialzündung. Wir haben gegen Chemnitz und gegen Aalen verloren, in Regensburg Unentschieden gespielt. Aber: Wir haben über die gesamte Saison hinweg konstant gepunktet. Die Big Points in den Spitzenspielen bringen wenig, wenn man die anderen Aufgaben nicht löst.

DFB.de: War das die große Stärke Ihrer Mannschaft?

Dais: Ja. Das Team war immer gewillt und in der Lage, Negativerlebnisse wieder wettzumachen. Außerdem konnten wir Verletzungen und Sperren gut kompensieren, weil wir einen guten, breit aufgestellten Kader haben.

DFB.de: Ein Dorf mit knapp 15.000 Einwohnern in der 2. Bundesliga: Wie geht das?

Dais: Es gibt ja auch ein Dorf mit 3000 Einwohnern, das Bundesliga spielt. Wobei in Hoffenheim natürlich ganz andere Voraussetzungen herrschen. Wir können stolz sein auf unsere Leistung. Es ist klar, dass wir und der zweite Aufsteiger, voraussichtlich Aalen, in der kommenden Saison als erste Absteiger gehandelt werden. Wir betreten in der 2. Bundesliga absolutes Neuland. Schon alleine die Medienpräsenz: Künftig wird jedes unserer Spiele live bei Sky übertragen. Für alle Beteiligten ist der Aufstieg ein Quantensprung. Wenn wir drin bleiben, wäre das eine ähnliche Leistung wie der Aufstieg.

DFB.de: Wie bereitet sich der Verein auf die Herausforderung 2. Bundesliga vor?

Dais: Die Arbeiten an der Infrastruktur werden zügig umgesetzt. Am 7. Mai, unmittelbar nach Saisonende, rollen die Bagger an. Es wird eine neue Tribüne geben, der Rasen wird erneuert, eine Rasenheizung eingebaut. Im sportlichen Bereich sind wir dabei, uns punktuell zu verstärken. Wir werden keinen großen Umbruch vornehmen, aber personell auf jeden Fall etwas tun. Ich gehe davon aus, dass wir eine schlagkräftige Mannschaft haben werden.

DFB.de: Was haben die Sandhausener besser gemacht als die Konkurrenz?

Dais: Wir haben eine Kontinuität gezeigt, die viele Konkurrenten nicht an den Tag gelegt haben. Nehmen wir das Beispiel Chemnitz: Die Mannschaft wurde vor wenigen Wochen nach ihrer Serie von allen gelobt und gefeiert. Jetzt haben die Chemnitzer viermal in Folge nicht gewonnen und sind von Platz drei verdrängt worden. Wir haben in der Vorrunde 36 Punkte geholt, in der Rückrunde bisher 30. Wir sind die beste Heim- und die beste Auswärtsmannschaft. Wir stehen also nicht zu Unrecht oben.

DFB.de: Wer ist für Sie der Spieler der Saison?

Dais: Es haben einige Spieler weit über dem Durchschnitt gespielt. Aber unser großer Rückhalt war und ist Daniel Ischdonat im Tor. Er hat die nötige Routine und Gelassenheit, er führt die jungen Spieler und hilft mit seiner Art der gesamten Mannschaft weiter.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an die 2. Bundesliga?

Dais: Diese Liga ist auch für mich absolutes Neuland.

DFB.de: Obwohl Sie dort für drei Klubs selbst gespielt haben?

Dais: Das ist 20, 30 Jahre her, seitdem hat sich so vieles verändert. Zum damaligen Zeitpunkt war die 2. Bundesliga ein Stiefkind. Danach hat sich die Liga stetig weiterentwickelt. Wir freuen uns sehr darauf. Wenn hier jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, wir spielen bald gegen Kaiserslautern, St. Pauli, 1860 München und vielleicht sogar den 1. FC Köln oder Hertha BSC, wäre er für verrückt erklärt worden.

DFB.de: Ihr Ex-Verein Waldhof Mannheim spielt trotz seiner Tradition und Bundesliga-Vergangenheit in der Regionalliga, der Dorfklub Sandhausen ab Sommer in der 2. Bundesliga. Paradox oder logisch?

Dais: Im Endeffekt eine logische Konsequenz der sportlichen Entwicklung. Tradition hin oder her: Beim SV Waldhof ist über Jahre nicht entsprechend gearbeitet worden - auch wenn der Verein Potenzial hat, gerade in Sachen Zuschauern.

DFB.de: Sie haben mit Sandhausen den Aufstieg in die Regionalliga erlebt und die Qualifikation für die 3. Liga. Ist der jetzige Erfolg noch höher zu bewerten?

Dais: Ich bin erst zufrieden, wenn ich mit dem SV Sandhausen in der Champions League bin. Nein, im Ernst: Je höher es hinaus geht, desto größer ist die Freude. Es waren alles schöne Momente, vor allem, als wir uns damals nach zehn Jahren aus der Oberliga rausgekämpft hatten. Aber der Zweitligaaufstieg ist für uns alle der größte Erfolg.

DFB.de: Im Februar 2011 stand der SVS in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz, als Sie wieder das Traineramt übernahmen. Was hat sich seitdem gravierend geändert?

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Dais: Ich habe das ein oder andere Spiel gesehen und die negative Entwicklung unter meinen Vorgängern, die gleichzeitig meine Nachfolger waren, mitbekommen. Letztlich habe ich nur an ein bis zwei Stellschrauben gedreht. Ich habe Daniel Ischdonat ins Tor gestellt und taktisch von 4-4-2 auf ein 4-1-4-1 umgestellt. Das hat sich ausgezahlt. Die Mannschaft hat das gut umgesetzt und sich wieder Selbstvertrauen geholt.

DFB.de: Ein Jahr vorher waren Sie in Sandhausen entlassen worden. Hätte man sich die Trennung sparen können?

Dais: Das müssen Sie die handelnden Personen fragen. Wir hatten eigentlich eine ganz ordentliche Runde gespielt, zwar gerade gegen den Tabellenletzten verloren, wären aber mit einem Sieg im Nachholspiel wieder an Platz drei dran gewesen. Die Erwartungshaltung war damals ins Uferlose gestiegen.

DFB.de: Warum sind Sie zu einem Verein zurückgekehrt, der Sie erst ein Jahr vorher weggeschickt hatte?

Dais: Ich habe eine enge Verbindung zu diesem Verein. Es bestand die Gefahr, dass alles, was in Sandhausen über Jahre aufgebaut wurde, binnen einer Saison kaputt geht. Darum war ich sofort bereit, zu helfen und dieses Horrorszenario abzuwenden. Ich habe auch wieder eine gewisse Wertschätzung für mich und meine Arbeit gespürt. Man hat gesehen, dass ich vorher doch nicht alles falsch gemacht habe.

Das meinen DFB-User:

"Ich finde Gerd Dais kann sehr stolz auf sich und seine Jungs sein. Was diese Mannschaft diese Saison gegeben hat und wie gekämpft wurde, ist Gott sei Dank belohnt worden. Sandhausen steht zurecht oben in der 3. Liga! Und freut sich natürlich auch zurecht auf die 2. Liga. Wenn die Mannschaft weiter an sich arbeitet und ihr Ziel nicht aus den Augen verliert, glaube ich fest daran, dass wir die 2. Liga gut meistern werden !" (Lina Schmitt, Sandhausen)