DFB-Pokal

Drittligisten im DFB-Pokalfinale: Warten auf das erste Tor

24.05.2025
Pokalfinale 1997: Drittligist Cottbus verliert gegen den VfB Stuttgart Foto: imago

Arminia Bielefeld zieht am Samstag (ab 20 Uhr, live im ZDF und bei Sky) gegen den VfB Stuttgart als vierter Drittligist ins DFB-Pokalfinale ein. Die Vorgänger schlugen sich alle tapfer, aber noch hat keiner den Pokal gewonnen, auch das erste Finaltor eines Drittligisten steht noch aus. Hier ist ihre Geschichte. 

12. Juni 1993: Hertha BSC II (0:1 gegen Bayer Leverkusen)

Es war die Sensation schlechthin in der Pokal-Historie. Jahrelang träumten die Fans von Hertha BSC von einem Finale im eigenen Stadion - und dann schafften es die "Bubis" aus der 2. Mannschaft, die in der Oberliga Nordost-Nord vor 200 Zuschauern kickten. Der Talentschuppen eliminierte im Hurra-Stil gestandene Klassenkameraden von Zweitligist Hertha BSC (VfB Leipzig, Titelverteidiger Hannover 96 und Chemnitzer FC) und mit dem 1. FC Nürnberg sogar einen Bundesligisten. Trainer Jochem Ziegert lobte: "Alles intelligente Jungs, da ist keiner darunter der wegen dem Fußball seine Lehre abgebrochen hat. Die wissen alle, was sie wollen." Die die pure Lust auf Fußball und die vage Aussicht auf eine große Karriere trieb.

Erstmals ins Olympiastadion durften sie, quasi zur Generalprobe, im Halbfinale gegen den CFC (2:1) auflaufen – vor der Kulisse ihres Lebens (56.540). Noch mal 20.000 mehr waren es am Finaltag gegen Bayer Leverkusens Starensemble, nie gab es eine größere Kluft zwischen Finalisten im DFB-Pokal.

Denn von allen Drittligisten waren sie die reinsten Amateure. Trainer Ziegert arbeitete beim Finanzamt und konnte erst nach Feierabend üben lassen. Trotzdem schnupperten die Bubis (Studenten, Schüler, Lehrlinge) von denen es Carsten Ramelow sogar zum Nationalspieler (Vizeweltmeister 2002) brachte, an der Sensation. Erst Ulf Kirstens Tor nach 68 Minuten erlöste den zunehmend nervöser werdenden Favoriten, es blieb das einzige am 12. Juni 1993 und selten war der Beifall für einen zweiten Sieger lauter. Die jugendlichen Helden nutzten die Gunst der Stunde: Sie nahmen eine Platte auf, auch ein Buch erschien über den ungewöhnlichsten Finalisten der DFB-Historie. Seither ist keine Hertha-Mannschaft mehr nach Berlin gefahren.

14. Juni 1997: Energie Cottbus (0:2 gegen den VfB Stuttgart)

Regionalligist FC Energie Cottbus war 1997 in aller Munde: In 57 Pflichtspielen ungeschlagen, dominierte es die Nordost-Staffel und stieg nach Siegen gegen den Nord-Meister Hannover 96 erstmals in die 2. Liga auf. Parallel dazu fand ein Husarenritt im Pokal statt, dem drei Bundesligisten (MSV Duisburg, FC St. Pauli und Karlsruher SC) und zwei Zweitligisten (Stuttgarter Kickers und VfL Wolfsburg) zum Opfer fielen. Brauchten die Lausitzer gegen den MSV und St. Pauli noch jeweils das Elfmeterschießen, gab es im Halbfinale den deutlichsten Sieg. Winfried Schäfers Karlsruher wurden an einem April-Tag, als der Winter zurückkam und in der Lausitz dichter Schnee fiel, mit 3:0 aus dem Stadion der Freundschaft gefegt.

All das mit nur zwei Spielern, die Bundesligaerfahrung hatten (Jens Melzig und Thomas Hoßmang) und einem antiquiert wirkenden Kick-and-rush-Stil – lange Bälle auf Sturmpfeil Toralf Konetzke.

Auch gegen den VfB Stuttgart hielt die Elf des letzten DDR-Auswahltrainers Eduard Geyer ("Wenn wir gut spielen, verlieren wir nicht") im Finale tapfer mit, doch Giovane Elber schoss in seinem letzten Spiel vor dem Wechsel nach München seine Elf im Alleingang zum Pokalsieg (2:0). Energie feierte dennoch groß – als erster Finalist baute er am Stadion ein VIP-Zelt für seine Freunde auf.

26. Mai 2001: Union Berlin (0:2 gegen den FC Schalke 04)

Zum zweiten Mal überhaupt stand eine Berliner Mannschaft im eigenen Stadion im Finale, diesmal war es der Drittligist aus Köpenick, der wie zuvor Cottbus auch den Aufstieg in die 2. Liga in jener Saison 2000/2001 schaffte. Der Kult-Verein des Ost-Teils der Hauptstadt hatte sich mit fünf Heimsiegen ins Finale manövriert, vier davon gegen Zweitligisten (Oberhausen, Fürth, Ulm, Mönchengladbach) und einen gegen Bundesligist VfL Bochum. Torwart Sven Beuckert blieb in drei der Spiele unbezwungen und hielt im Halbfinale (2:2 n. V.) gegen die Borussia gleich die ersten beiden Elfmeter. Union wiederum verwandelte alle Elfmeter, den entscheidenden versenkte Ronny Nikol gegen den berühmten Elfmetertöter Uwe Kamps zum 4:2-Endstand. Sein Trainer Georgi Wassilev freute sich: "Ein Traum ist für mich in Erfüllung gegangen: mit dieser Mannschaft in Deutschland im Finale zu stehen." In das gingen sie durchaus selbstbewusst. Obwohl kein Geringerer als der "Meister der Herzen" wartete. Schalke 04 war in der Bundesliga Zweiter geworden, nachdem es sich in der Vorwoche schon fünf Minuten als Meister fühlen durfte, ehe die Bayern noch ein Tor in der Nachspielzeit erzielten.

Nun wollte das Team von Huub Stevens wenigstens den Pokal, doch Beuckert tönte: "Wir wollen das Spiel schon nach 90 Minuten gewinnen." 64.000 D-Mark im letzten Jahr vor Einführung des Euro winkten jedem Berliner dafür. Doch Schalke setzte sich durch, Nationalspieler Jörg Böhme glückte nach der Pause ein Doppelschlag und wieder triumphierte Goliath. Union tröstete sich mit dem Aufstieg in die 2. Liga.

Über Einnahmen von über vier Millionen DM. Außerdem kamen sie als erster Noch-Drittligist in den UEFA-Pokal, da Schalke sich auch für die Champions League qualifizierte.

Auch Arminia Bielefeld träumt übrigens vom ersten Auftritt im Europapokal, die UEFA hat dieser Tage vorsorglich schon mal die "Alm" auf ihre Tauglichkeit für internationalen Fußball überprüft. Aber dafür müssen die Bielefelder schaffen, was noch kein Drittligist schaffte: den Pokal zu gewinnen.

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Autor: um