Wolfgang Overath wird heute 70

"Ich hänge am Fußball. Ohne Fußball kann ich nicht leben. Ich würde Trainer werden, wenn ich keine Familie hätte. Vierzehn Jahre bin ich herumgewandert. Das reicht." So sprach Wolfgang Overath, einer der größten Spieler des deutschen Fußballs, im August 1977, drei Monate nach seinem Abschiedsspiel. 36 Jahre ist das jetzt her, am Sonntag wird er 70 und ohne den Fußball kann er noch immer nicht leben.

"Wolfgang Overath ist nicht nur ein wunderbarer Mensch und persönlicher Freund, sondern ein Glücksfall für den deutschen Fußball", sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Overath sei nicht nur zu seiner aktiven Zeit Identifikationsfigur und Vorbild gewesen. Niersbach: "Er ist es bis heute geblieben und ich gratuliere ihm von Herzen."

Noch vor zwei Jahren stand Overath in der Öffentlichkeit, als Präsident seines 1. FC Köln auf einer Plattform, wo man mit Teamgeist und Vereinsliebe allein nicht existieren kann. Wo er keine Doppelpässe spielen und keine Traumpässe schlagen konnte und wo die Gegner nicht einfach durch ein anderes Trikot zu erkennen waren. Wolfgang Overath hat sich in einem Alter, in dem andere in Rente gehen, noch mal aufgeopfert für seinen 1. FC Köln im Wissen darum, dass man in verantwortlicher Position eben auch für alles verantwortlich gemacht wird. Und dass der Denkmalschutz spätestens im Abstiegskampf verfällt. Im November 2011 trat er zurück und die Mitglieder des Klubs, für den er sein Fußballer-Leben lang spielte, verweigerten der Entlastung des Vorstands. Das war also der Dank für sieben Jahre ehrenamtlicher Tätigkeit an vorderster Front.

70 Jahre und kein bisschen weniger ehrgeizig

Die Nase hat der einstige Weltklasse-Kicker aber immer noch nicht voll vom Fußball. Auch mit 70 springt er noch dem Ball nach, der seit jeher sein Lebenselixier gewesen ist. Mit Freunden, wirklichen Freunden, kickt er noch zweimal wöchentlich in der Halle und das Kampfgewicht ist das alte: 73 Kilogramm. Noch immer sprüht er vor Ehrgeiz. "Ich finde es toll, dass er mit 70 immer noch Fußball spielt und dabei wie früher partout nicht verlieren will", berichtet DFB-Präsident Niersbach mit einem Augenzwinkern.

Es war dieser Ehrgeiz, der aus dem Riesen-Talent einen Welt-Star und einen wohlhabenden Mann gemacht hat. DFB-Trainer Dettmar Cramer war einer der ersten, der es erkannte und setzte durch, dass ein 15-Jähriger aus Siegburg am Rhein bereits mit den 18-Jährigen für Deutschland spielen durfte. In der sogenannten "Schüler-Mannschaft" trug Overath am 20. April 1959 in London gegen England erstmals den Adler; er fehlte auch in den folgenden zwölf Spielen nicht, dann wurde er zu alt. Und dann kam die Bundesliga, in die Overath trotz Offerten aus Dortmund, Leverkusen und Offenbach mit dem 1. FC Köln ging, weil ihn Präsident Franz Kremer mit seiner Persönlichkeit so beeindruckte. Kremer war der Vater der Bundesliga, Overath ihr erstes Wunderkind. Gleich das erste Tor der Kölner, damals in Saarbrücken, ging auf das Konto des damals 19-Jährigen. Nach 22 Minuten. Und so wie es aussah, schien dieser junge Mann jede Woche ein Tor zu schießen. Denn so war es auch am zweiten Spieltag, am dritten Spieltag und am vierten Spieltag. Dieser Startrekord hielt bis 1994, als ein gewisser Fredi Bobic aus Stuttgart gar in den ersten fünf Bundesligaspielen traf.

Länderspieldebüt nach fünf Bundesligaspielen

Bundestrainer Sepp Herberger hatte 1963 genau mitgezählt und berief Overath zum Länderspiel gegen die Türkei in Frankfurt. Zwanzig Minuten vor Schluss kam er noch zum Einsatz und machte seine Sache gut. "Ihn hätten wir gern von Anfang an gesehen", monierte das Sport Magazin. Aber wieder hatte er einen Rekord, den er sich mit dem Schalker Reinhard alias "Stan" Libuda und Duisburgs Werner Krämer teilte. Nach nur fünf Bundesligaspielen in der Nationalmannschaft zu debütieren – das sollte es fast 40 Jahre nicht geben, ehe Rudi Völler in schweren Zeiten den Herthaner Arne Friedrich 2002 nach nur zwei Einsätzen beförderte. Wolfgang Overath stellte so einige Rekorde auf, die er irgendwann loswurde. 1964 war er mit gerade 20 der jüngste Meisterspieler, denn sein 1. FC holte auf Anhieb die Schale und er war immer dabei gewesen. Aber danach kamen noch ein gutes Dutzend meisterliche Teenager. Auch den Titel des Rekordspielers der Bundesliga, den er ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag mit seinem 300. Einsatz vom Braunschweiger Peter Kaack erbte, war nicht von Dauer. Aber als er 1977 abtrat, hatte er ihn noch, mit 409 Spielen nur für seinen "Effzeh".



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"Ich hänge am Fußball. Ohne Fußball kann ich nicht leben. Ich würde Trainer werden, wenn ich keine Familie hätte. Vierzehn Jahre bin ich herumgewandert. Das reicht." So sprach Wolfgang Overath, einer der größten Spieler des deutschen Fußballs, im August 1977, drei Monate nach seinem Abschiedsspiel. 36 Jahre ist das jetzt her, am Sonntag wird er 70 und ohne den Fußball kann er noch immer nicht leben.

"Wolfgang Overath ist nicht nur ein wunderbarer Mensch und persönlicher Freund, sondern ein Glücksfall für den deutschen Fußball", sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Overath sei nicht nur zu seiner aktiven Zeit Identifikationsfigur und Vorbild gewesen. Niersbach: "Er ist es bis heute geblieben und ich gratuliere ihm von Herzen."

Noch vor zwei Jahren stand Overath in der Öffentlichkeit, als Präsident seines 1. FC Köln auf einer Plattform, wo man mit Teamgeist und Vereinsliebe allein nicht existieren kann. Wo er keine Doppelpässe spielen und keine Traumpässe schlagen konnte und wo die Gegner nicht einfach durch ein anderes Trikot zu erkennen waren. Wolfgang Overath hat sich in einem Alter, in dem andere in Rente gehen, noch mal aufgeopfert für seinen 1. FC Köln im Wissen darum, dass man in verantwortlicher Position eben auch für alles verantwortlich gemacht wird. Und dass der Denkmalschutz spätestens im Abstiegskampf verfällt. Im November 2011 trat er zurück und die Mitglieder des Klubs, für den er sein Fußballer-Leben lang spielte, verweigerten der Entlastung des Vorstands. Das war also der Dank für sieben Jahre ehrenamtlicher Tätigkeit an vorderster Front.

70 Jahre und kein bisschen weniger ehrgeizig

Die Nase hat der einstige Weltklasse-Kicker aber immer noch nicht voll vom Fußball. Auch mit 70 springt er noch dem Ball nach, der seit jeher sein Lebenselixier gewesen ist. Mit Freunden, wirklichen Freunden, kickt er noch zweimal wöchentlich in der Halle und das Kampfgewicht ist das alte: 73 Kilogramm. Noch immer sprüht er vor Ehrgeiz. "Ich finde es toll, dass er mit 70 immer noch Fußball spielt und dabei wie früher partout nicht verlieren will", berichtet DFB-Präsident Niersbach mit einem Augenzwinkern.

Es war dieser Ehrgeiz, der aus dem Riesen-Talent einen Welt-Star und einen wohlhabenden Mann gemacht hat. DFB-Trainer Dettmar Cramer war einer der ersten, der es erkannte und setzte durch, dass ein 15-Jähriger aus Siegburg am Rhein bereits mit den 18-Jährigen für Deutschland spielen durfte. In der sogenannten "Schüler-Mannschaft" trug Overath am 20. April 1959 in London gegen England erstmals den Adler; er fehlte auch in den folgenden zwölf Spielen nicht, dann wurde er zu alt. Und dann kam die Bundesliga, in die Overath trotz Offerten aus Dortmund, Leverkusen und Offenbach mit dem 1. FC Köln ging, weil ihn Präsident Franz Kremer mit seiner Persönlichkeit so beeindruckte. Kremer war der Vater der Bundesliga, Overath ihr erstes Wunderkind. Gleich das erste Tor der Kölner, damals in Saarbrücken, ging auf das Konto des damals 19-Jährigen. Nach 22 Minuten. Und so wie es aussah, schien dieser junge Mann jede Woche ein Tor zu schießen. Denn so war es auch am zweiten Spieltag, am dritten Spieltag und am vierten Spieltag. Dieser Startrekord hielt bis 1994, als ein gewisser Fredi Bobic aus Stuttgart gar in den ersten fünf Bundesligaspielen traf.

Länderspieldebüt nach fünf Bundesligaspielen

Bundestrainer Sepp Herberger hatte 1963 genau mitgezählt und berief Overath zum Länderspiel gegen die Türkei in Frankfurt. Zwanzig Minuten vor Schluss kam er noch zum Einsatz und machte seine Sache gut. "Ihn hätten wir gern von Anfang an gesehen", monierte das Sport Magazin. Aber wieder hatte er einen Rekord, den er sich mit dem Schalker Reinhard alias "Stan" Libuda und Duisburgs Werner Krämer teilte. Nach nur fünf Bundesligaspielen in der Nationalmannschaft zu debütieren – das sollte es fast 40 Jahre nicht geben, ehe Rudi Völler in schweren Zeiten den Herthaner Arne Friedrich 2002 nach nur zwei Einsätzen beförderte. Wolfgang Overath stellte so einige Rekorde auf, die er irgendwann loswurde. 1964 war er mit gerade 20 der jüngste Meisterspieler, denn sein 1. FC holte auf Anhieb die Schale und er war immer dabei gewesen. Aber danach kamen noch ein gutes Dutzend meisterliche Teenager. Auch den Titel des Rekordspielers der Bundesliga, den er ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag mit seinem 300. Einsatz vom Braunschweiger Peter Kaack erbte, war nicht von Dauer. Aber als er 1977 abtrat, hatte er ihn noch, mit 409 Spielen nur für seinen "Effzeh".

Ein Spieler für die Ewigkeit ist er allemal; wer kann schon sagen, an drei WM-Endrunden teilgenommen zu haben, in zwei Finals und in zwei Jahrhundert-Spielen damals in Mexiko gestanden zu haben – und wer darf sich Weltmeister nennen? Am 7. Juli 1974 trat Overath auf dem Höhepunkt seiner Karriere aus der Nationalelf zurück, nach dem 81. Länderspiel, dem 2:1 gegen die Niederlande. Es war eine Genugtuung für entgangene Sieger-Weihen bei den Dramen von Wembley 1966 und Mexiko City 1970. Und bei der EM 1972 in Brüssel, als er ausgerechnet in der legendärsten deutschen Mannschaft überhaupt fehlte – wegen einer Leistenverletzung. Es war der einzige Moment, in dem sein großer Rivale Günter Netzer wirklich hoch über ihm stand. Dass der Ehrgeizigere das Dauer-Duell der Spielmacher jener Epoche gegen den Genialeren gewann, spricht Bände. Netzer oder Overath, jene Schicksals-Frage für den deutschen Fußball beantwortete Bundestrainer Helmut Schön meist zu Gunsten des Kölners, der schon bald vom Stürmer zum Spielmacher reifte. Wie so manches Genie des Weltfußballs machte auch er alles buchstäblich mit links, seine Pässe kamen an der Schnur gezogen so sicher beim Adressaten an wie die Paket-Post.

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Ein Leben lang 1. FC Köln

Während Netzer, mit dem er sich privat so gut verstand dass sie sich schon mal telefonisch über Hennes Weisweiler austauschten, mit dem beide so ihre Probleme hatten, in die weite Welt zog (1973 zu Real Madrid), blieb Overath immer in Köln. 765 Spiele wurden gezählt, 287 Tore. Eine Treue, die nicht allzu reichlich belohnt wurde. Zu der ersten Meisterschaft kam keine mehr hinzu, 1968 und 1977 wurde er Pokalsieger, die Endspiele 1971 und 1973 verloren die Kölner in der Verlängerung. Während Netzer zwei Mal Fußballer des Jahres wurde, war Overath das nicht vergönnt. Er wusste auch wieso: "Ich habe zu viele Journalisten unter meinen Feinden." Das sagte er 1973 und würde es noch heute sagen, weil der zur Offenheit neigende Rheinländer so manchen Reporter zur Rede stellte, der nach seiner Meinung an der Wahrheit vorbei geschrieben hatte.

Da war er nicht minder hitzig als auf dem Feld, was ihm den Titel "Vulkan vom Rhein" einbrachte. "Sicher wäre es in 14 Jahren auch einmal möglich gewesen, den Overath zu wählen. Schließlich habe auch ich alles erreicht, was es im Fußball zu erreichen gibt", sagte er nach seinem Abschiedsspiel, an dem die Nationalmannschaft ins Müngersdorfer Stadion gekommen war. Dass er im Zorn ging, ist allgemein bekannt – weil Hennes Weisweiler ihn im Pokalfinale 1977 als Höhepunkt monatelanger Auseinandersetzungen auf die Bank gesetzt hatte. Weniger bekannt ist, dass Kölns Präsident Peter Weiand ihm trotz allem noch einen Drei-Jahres-Vertrag geben wollte. Doch Overath schlug aus, so wie er auch Offerten aus allen Richtungen ausschlug. Selbst in Chicago waren sie heiß auf ihn, aber seine Frau sagte demonstrativ: "Du kannst gehen – ich bleibe hier!" Das war ein gewichtiger Grund, ein anderer war seine Ehrlichkeit. "Ich bekam bei meinem Abschiedsspiel sehr viel Geld. Wenn ich woanders weitergemacht hätte, wäre das ja Betrug an den Zuschauern gewesen." So war er und so ist er noch heute – mit 70. Herzlichen Glückwunsch, Wolfgang Overath.