Kneißl: Von Chelsea in die Bayernliga und ins Möbelgeschäft

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Sebastian Kneißl, einst beim FC Chelsea und heute Spieler in der Bayernliga. Sein Wunsch: Aufstieg mit Schweinfurt in die Regionalliga.

Qualitätsmanager in der Möbelbranche

Er kommt wieder viel herum. In Deutschland, in der Welt. Indien. Vietnam. Indonesien. Nur, mit Fußball hat das nichts zu tun. Sondern mit Möbeln. Sebastian Kneißl, einst als großes Talent des deutschen Fußballs gehandelt, arbeitet heute beim Hauptsponsor des 1. FC Schweinfurt 05 als Qualitätsmanager. Verhandelt mit Lieferanten. Begutachtet Möbel in Asien. Kümmert sich um Kunden vor Ort in Deutschland. "Das macht mir riesigen Spaß", sagt der 30-Jährige.

Da ist keine Wehmut, kein Bedauern in seiner Stimme zu hören, dass es mit der großen Karriere als Profifußballer nicht geklappt hat. Das Einzige, was er tatsächlich bedauert, ist, dass er wegen seines Jobs oft beim Training seiner Mannschaft fehlt. Dabei möchte er doch mit Schweinfurt aufsteigen, in die Regionalliga.

Kneißl: "Ich würde es genau so wieder machen"

Vier Jahre spielt Kneißl nun schon in Schweinfurt - nicht nur örtlich weit weg von London und dem FC Chelsea, wohin er mit 17 ging und wo er nach dem ersten Jahr beinahe den Sprung in die Profimannschaft geschafft hätte. Würde er erneut diesen Weg wählen? "Ja, auf jeden Fall", sagt er. "Ich würde es genau so wieder machen. Aus einem Grund: Es hat mir geholfen, mich als Mensch und als Person weiterzuentwickeln." Selbst die Übernahme des FC Chelsea durch Roman Abramowitsch, die sicher auch ein Grund dafür war, dass Kneißl als junges Talent keine Rolle mehr spielte, beurteilt er in der Rückschau ohne jeden Groll.

Heute ist er - nach Stationen in England, Schottland, Belgien, bei Wacker Burghausen und Fortuna Düsseldorf - Teil einer Mannschaft, die in der fünften Liga spielt. Verglichen mit den Profiligen "geht es dort härter zu", meint Kneißl, "es gibt mehr auf die Socken." Insgesamt sei der Amateurfußball laufintensiver geworden, bei den Trainingsbedingungen und -weisen habe die Basis aufgeholt, so der ehemalige Juniorenauswahlspieler des DFB, der mit der U 19 Vizeeuropameister wurde.

Kneißl schwärmt von Trainer Klaus

Heute ist Kneißl 30 und gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von seinem Schweinfurter Trainer Gerd Klaus spricht: "Er ist gewillt, neue Trainingsmethoden einzubauen, und er achtet wirklich auf jeden einzelnen Spieler. Meiner Meinung nach hat er es verdient, mindestens zwei Klassen höher zu trainieren."

Eigentlich wollte Kneißl nach der vergangenen Saison aufhören, um sich ganz auf seine Arbeit als Qualitätsmanager zu konzentrieren. Jetzt ist er froh, weitergemacht und diesen Trainer kennengelernt zu haben. Denn: "Er ist einer der besten, unter denen ich je trainiert habe."

Früher Stürmer, heute rechts in der Viererkette

Natürlich habe er einige Zeit gebraucht, sich vom Profi- auf den Amateurfußball umzustellen, erzählt Kneißl. Auch taktisch. Er agiert nun in einer ganz anderen Rolle. Der gelernte Stürmer spielt inzwischen als rechter Verteidiger in der Viererkette. "Die Position ist sehr laufintensiv", sagt er. "Und ich glaube, wenn man sich unter den Schweinfurter Fans umhört, bin ich nicht gerade dafür bekannt, dass ich besonders viel laufe." Führungsspieler ist er trotzdem.

Als Kneißl Anfang 2009 nach Schweinfurt kam, waren die Teamkollegen erst etwas zurückhaltend. Aber schon nach vier, fünf Trainingseinheiten hätten sie nachgefragt, wie es denn als Profi war, berichtet der frühere Londoner: "Ich bin stolz darauf, dass ich das alles erlebt habe. Deshalb erzähle ich auch gerne davon." Jetzt ist er stolz darauf, Teil der Mannschaft des FC Schweinfurt 05 zu sein. "Es freut mich, wenn ich als Spieler die Jungs weiterbringen kann. Sie wissen halt, dass ich ein bisschen Ahnung vom Fußball habe."

Im Sommer wieder bei Chelsea vorbeischauen

Aus seiner Zeit in England - sechs Jahre waren es insgesamt - vermisst Kneißl vor allem die Mentalität der Menschen dort. "Sie sind sehr offen und spontan, man kommt mit fast jedem Engländer leicht ins Gespräch", sagt er. Und London sei einfach "eine geile Stadt mit einem super Flair". Kneißl hofft, dass er spätestens im Sommer mal wieder einen Abstecher in die englische Hauptstadt machen kann, um Freunde zu besuchen. "Dann werde ich sicher auch beim Trainingsgelände von Chelsea vorbeischauen, da kenne ich noch viele."

Bis dahin ist in Schweinfurt viel zu tun. Neben dem Möbel-Qualitätsmanager und Spieler des 1. FC Schweinfurt gibt es seit Ende 2012 auch noch den Sportagenten Sebastian Kneißl. Seine Agentur vermittelt Trainer und Sportmanager an Amateurvereine, die sich das neue Personal für eine bestimmte Zeit als Verstärkung ins Boot holen wollen. "Das Ganze ist noch im Aufbau", sagt Kneißl.

Und wie geht es mit seiner aktiven Karriere weiter, wenn es mit dem Aufstieg klappt? Hört er dann trotzdem auf? Kneißl weiß es noch nicht: "Ich lasse das auf mich zukommen." Dass es in seinem Leben mehr als Fußball gibt, hat er mit dem Einstieg in die Arbeitswelt längst bewiesen.

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Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Sebastian Kneißl, einst beim FC Chelsea und heute Spieler in der Bayernliga. Sein Wunsch: Aufstieg mit Schweinfurt in die Regionalliga.

Qualitätsmanager in der Möbelbranche

Er kommt wieder viel herum. In Deutschland, in der Welt. Indien. Vietnam. Indonesien. Nur, mit Fußball hat das nichts zu tun. Sondern mit Möbeln. Sebastian Kneißl, einst als großes Talent des deutschen Fußballs gehandelt, arbeitet heute beim Hauptsponsor des 1. FC Schweinfurt 05 als Qualitätsmanager. Verhandelt mit Lieferanten. Begutachtet Möbel in Asien. Kümmert sich um Kunden vor Ort in Deutschland. "Das macht mir riesigen Spaß", sagt der 30-Jährige.

Da ist keine Wehmut, kein Bedauern in seiner Stimme zu hören, dass es mit der großen Karriere als Profifußballer nicht geklappt hat. Das Einzige, was er tatsächlich bedauert, ist, dass er wegen seines Jobs oft beim Training seiner Mannschaft fehlt. Dabei möchte er doch mit Schweinfurt aufsteigen, in die Regionalliga.

Kneißl: "Ich würde es genau so wieder machen"

Vier Jahre spielt Kneißl nun schon in Schweinfurt - nicht nur örtlich weit weg von London und dem FC Chelsea, wohin er mit 17 ging und wo er nach dem ersten Jahr beinahe den Sprung in die Profimannschaft geschafft hätte. Würde er erneut diesen Weg wählen? "Ja, auf jeden Fall", sagt er. "Ich würde es genau so wieder machen. Aus einem Grund: Es hat mir geholfen, mich als Mensch und als Person weiterzuentwickeln." Selbst die Übernahme des FC Chelsea durch Roman Abramowitsch, die sicher auch ein Grund dafür war, dass Kneißl als junges Talent keine Rolle mehr spielte, beurteilt er in der Rückschau ohne jeden Groll.

Heute ist er - nach Stationen in England, Schottland, Belgien, bei Wacker Burghausen und Fortuna Düsseldorf - Teil einer Mannschaft, die in der fünften Liga spielt. Verglichen mit den Profiligen "geht es dort härter zu", meint Kneißl, "es gibt mehr auf die Socken." Insgesamt sei der Amateurfußball laufintensiver geworden, bei den Trainingsbedingungen und -weisen habe die Basis aufgeholt, so der ehemalige Juniorenauswahlspieler des DFB, der mit der U 19 Vizeeuropameister wurde.

Kneißl schwärmt von Trainer Klaus

Heute ist Kneißl 30 und gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn er von seinem Schweinfurter Trainer Gerd Klaus spricht: "Er ist gewillt, neue Trainingsmethoden einzubauen, und er achtet wirklich auf jeden einzelnen Spieler. Meiner Meinung nach hat er es verdient, mindestens zwei Klassen höher zu trainieren."

Eigentlich wollte Kneißl nach der vergangenen Saison aufhören, um sich ganz auf seine Arbeit als Qualitätsmanager zu konzentrieren. Jetzt ist er froh, weitergemacht und diesen Trainer kennengelernt zu haben. Denn: "Er ist einer der besten, unter denen ich je trainiert habe."

Früher Stürmer, heute rechts in der Viererkette

Natürlich habe er einige Zeit gebraucht, sich vom Profi- auf den Amateurfußball umzustellen, erzählt Kneißl. Auch taktisch. Er agiert nun in einer ganz anderen Rolle. Der gelernte Stürmer spielt inzwischen als rechter Verteidiger in der Viererkette. "Die Position ist sehr laufintensiv", sagt er. "Und ich glaube, wenn man sich unter den Schweinfurter Fans umhört, bin ich nicht gerade dafür bekannt, dass ich besonders viel laufe." Führungsspieler ist er trotzdem.

Als Kneißl Anfang 2009 nach Schweinfurt kam, waren die Teamkollegen erst etwas zurückhaltend. Aber schon nach vier, fünf Trainingseinheiten hätten sie nachgefragt, wie es denn als Profi war, berichtet der frühere Londoner: "Ich bin stolz darauf, dass ich das alles erlebt habe. Deshalb erzähle ich auch gerne davon." Jetzt ist er stolz darauf, Teil der Mannschaft des FC Schweinfurt 05 zu sein. "Es freut mich, wenn ich als Spieler die Jungs weiterbringen kann. Sie wissen halt, dass ich ein bisschen Ahnung vom Fußball habe."

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Im Sommer wieder bei Chelsea vorbeischauen

Aus seiner Zeit in England - sechs Jahre waren es insgesamt - vermisst Kneißl vor allem die Mentalität der Menschen dort. "Sie sind sehr offen und spontan, man kommt mit fast jedem Engländer leicht ins Gespräch", sagt er. Und London sei einfach "eine geile Stadt mit einem super Flair". Kneißl hofft, dass er spätestens im Sommer mal wieder einen Abstecher in die englische Hauptstadt machen kann, um Freunde zu besuchen. "Dann werde ich sicher auch beim Trainingsgelände von Chelsea vorbeischauen, da kenne ich noch viele."

Bis dahin ist in Schweinfurt viel zu tun. Neben dem Möbel-Qualitätsmanager und Spieler des 1. FC Schweinfurt gibt es seit Ende 2012 auch noch den Sportagenten Sebastian Kneißl. Seine Agentur vermittelt Trainer und Sportmanager an Amateurvereine, die sich das neue Personal für eine bestimmte Zeit als Verstärkung ins Boot holen wollen. "Das Ganze ist noch im Aufbau", sagt Kneißl.

Und wie geht es mit seiner aktiven Karriere weiter, wenn es mit dem Aufstieg klappt? Hört er dann trotzdem auf? Kneißl weiß es noch nicht: "Ich lasse das auf mich zukommen." Dass es in seinem Leben mehr als Fußball gibt, hat er mit dem Einstieg in die Arbeitswelt längst bewiesen.