Irans Keeper Davari: "Die WM ist für mich noch weit weg"

Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Iraner Daniel Davari aus Braunschweig.

Es ist schon so was wie ein Showdown im Abstiegskampf: Mit Braunschweig spielt Daniel Davari am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gegen den Hamburger SV - es ist das Duell Tabellenletzter gegen Vorletzter. Der Klassenverbleib ist das erste große Ziel des Torhüters - danach winkt ihm die große Bühne: die WM 2014 in Brasilien.

Aufgewachsen ist er in Deutschland, sein Vater stammt aus dem Iran. Und seit Kurzem ist Davari iranischer Nationalspieler. Am 15. November 2013 debütierte er für das "Team Melli", das vom Portugiesen Carlos Queiroz trainiert wird. Im DFB.de-Interview hat sich Daniel Davari mit Redakteur Steffen Lüdeke über sein Debüt in der Nationalmannschaft, den Spagat zwischen Bundesliga und WM und sein Verständnis von Heimat unterhalten.

DFB.de: Das iranische Team hört auf den Namen "Team Melli". Wissen Sie, woher dieser Begriff stammt?

Daniel Davari: Ja, das ist nicht sonderlich schwer. Übersetzt heißt der Begriff: "Die Nationalmannschaft".

DFB.de: Um Farsi zu lernen, besuchen Sie jeden Montagabend einen Volkshochschulkurs. Der Aufstieg mit Braunschweig war also auch für Ihre Sprachkenntnisse hilfreich. Sie haben nun keine Montagsspiele mehr…

Davari: Das stimmt, ich besuche jeden Montagabend einen Sprachkurs in der Volkshochschule. Da passt es ganz gut, dass es in der Bundesliga keine Montagsspiele gibt. Auch wenn ich die von der Atmosphäre her gar nicht so schlecht fand.

DFB.de: Wissen Ihre Mitschüler, mit wem Sie da in einem Raum sitzen?

Davari: Die Mitschüler wissen es nicht, glaube ich. Ich habe es dort auch nicht erzählt. Es spielt auch keine Rolle für mich. Meine Lehrerin weiß es aber. Ich telefoniere manchmal mit ihr, wenn ich Fragen habe und etwas Hilfe bei Interviewanfragen benötige, die aus dem Iran kommen.

DFB.de: Sie scheinen ein schneller Lerner zu sein - auf Farsi haben Sie bereits Ihr erstes Interview gegeben. Wie viel Zeit investieren Sie, um die Sprache zu verinnerlichen?

Davari: Ich versuche, sie natürlich so schnell wie möglich zu lernen. Es ist aber nicht so einfach, wenn man die Sprache nicht täglich spricht. Bei Interviewanfragen auf Persisch hilft mir häufig mein Vater.

DFB.de: Bedauern Sie, dass Sie von Ihrem Vater nicht zweisprachig erzogen wurden?

Davari: Meine Mutter stammt aus Polen. Ich hätte theoretisch also sogar dreisprachig aufwachsen können. Meine Eltern haben sich damals aber eben anders entschieden, weil sie der Meinung waren, dass es dann in der Schule etwas leichter für mich sein würde. Im Nachhinein ist es aber natürlich schon schade, dass ich nicht mit Persisch und Polnisch aufgewachsen bin, das sehen meine Mutter und mein Vater mittlerweile genauso.

DFB.de: Wie präsent war die iranische Kultur in Ihrem Elternhaus?

Davari: Ich habe die iranische Kultur durch meinen Vater auch in Deutschland intensiv erlebt. Sie war genauso präsent wie die deutsche und polnische. Ich trage viele Facetten aus dem Iran in mir. Zum Beispiel die Familienverbundenheit, den Stolz und den respektvollen Umgang untereinander. Außerdem liebe ich die persische Küche mit den vielen verschiedenen Gewürzen. Meine Eltern können beide sehr gut kochen. Im vergangenen Trainingslager mit der Nationalmannschaft habe ich sogar etwas zugenommen, weil mir das Essen dort so gut geschmeckt hat. (lacht)

DFB.de: Was bedeutet Heimat für Sie?

Davari: Für mich ist Heimat dort, wo meine Familie lebt. Ich fühle mich also in mehreren Ländern heimisch.

DFB.de: Als Kind haben Sie Ihre Familie im Iran mehr als einmal besucht. Sie waren in Teheran und am Kaspischen Meer. Wie fremd war Ihnen die Welt im Iran?

Davari: Gerade als Kind ist für dich erst einmal vieles fremd. Aber wir waren bis zu meinem zehnten Lebensjahr bestimmt drei-, viermal im Iran, weil ein Teil der Familie dort gelebt hat und auch immer noch lebt. Ich habe mich ganz schnell sehr wohl dort gefühlt.

DFB.de: Wissen Sie, wie der Iranische Fußball-Verband auf Sie gestoßen ist?

Davari: Ich nehme mal an, auf dem üblichen Weg. Die Bundesliga hat weltweit eine hohe Aufmerksamkeit. Da wird mich Carlos Queiroz wahrscheinlich im Fernsehen gesehen haben.

DFB.de: Die erste Einladung haben Sie aus terminlichen Gründen nicht annehmen können. Nummer zwei sind Sie dann gefolgt. Angesichts der politischen Verhältnisse: Zweifel an dieser Entscheidung hatten Sie zu keinem Zeitpunkt?

Davari: Nein, die hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Ich finde Zweifel diesbezüglich ehrlich gesagt auch unangebracht. Es geht um den Sport. Die Iraner lieben Fußball, und es macht mich stolz und glücklich, für mein Land spielen zu dürfen.

DFB.de: Wie lief das Ankommen im Kreis der iranischen Nationalmannschaft ganz konkret ab? Sie kamen in Bangkok an, wurden dem Team vorgestellt. Und dann?

Davari: Bangkok war bereits mein drittes Trainingslager im Kreis der iranischen Nationalmannschaft. Das erste war in Dubai. Es lief eigentlich ganz gewöhnlich ab. Ich habe die Teamkollegen kennengelernt und mich dann vorgestellt. Ich wurde von allen herzlich aufgenommen und habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt.

DFB.de: Wie haben Sie das Verhältnis mit Ihren Torwartkollegen in der Nationalmannschaft empfunden? Haben Sie gleich das Gespräch mit den beiden gesucht?

Davari: So würde ich es jetzt nicht ausdrücken. Aber wir haben ein kollegiales und professionelles Verhältnis zueinander und keinerlei Probleme. Klar gehört da aber auch der gesunde Konkurrenzkampf dazu.

DFB.de: Waren Sie von irgendetwas im "Team Melli" überrascht? Gibt es Dinge, die im iranischen Team völlig anders laufen, als Sie dies aus Deutschland gewohnt sind, im Training oder im Umgang miteinander?

Davari: Ich war immer überpünktlich beim Essen oder der Teambesprechung. Die anderen Spieler kommen keineswegs zu spät, aber knapper, als wir es hier in Deutschland gewohnt sind. Insgesamt empfinde ich die Stimmung dort auch als lockerer als hier, wo es manchmal wirklich extrem ist, was Disziplin und Pünktlichkeit angeht. Die Professionalität leidet darunter aber definitiv nicht. Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Wir sind mit dem Bus von einem Spiel gekommen. Es war ein iranischer Feiertag, und plötzlich haben sich zwei Spieler das Mikrofon geschnappt und ein Lied angestimmt. Alle haben mitgesungen, und es herrschte eine tolle Atmosphäre. Das kannte ich so aus Deutschland nicht.

DFB.de: Wie eng ist Ihr Kontakt mit dem aus der Bundesliga noch bekannten Ashkan Dejagah: Wie wichtig ist er für Sie? Haben Sie sich mit ihm vor Ihrem ersten Einsatz für den Iran besprochen? Hat er Ihnen Tipps gegeben?

Davari: Nach meiner ersten Einladung hat er mir eine wirklich nette SMS geschrieben, in der stand, dass er sich für mich freut und ich nicht nervös sein bräuchte, sondern mich vielmehr auf die Zeit bei der iranischen Nationalmannschaft freuen solle. Wir haben viel miteinander gesprochen und nach wie vor Kontakt. Ich verfolge seine Spiele beim FC Fulham und wünsche ihm alles Gute.

DFB.de: Ihr zweites Spiel für den Iran war nicht alltäglich. Sie haben in Beirut gespielt, zuvor gab es dort einen Anschlag auf die iranische Botschaft. Aus Sicherheitsgründen fand das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Als wie konkret haben Sie damals eine Bedrohung empfunden?

Davari: Es war kein schönes Erlebnis, das können Sie mir glauben. Menschen sind auf grausame Art und Weise gestorben. In so einem Moment muss der Sport dann auch hintenanstehen. Wir haben uns nach langer Diskussion dennoch dazu entschlossen anzutreten. Wir wollten damit ein Zeichen setzen, dass wir uns von so etwas nicht einschüchtern lassen. Aber natürlich hatten wir Angst. Wir haben den Menschen im Libanon vertraut, die uns versichert haben, dass sie alles für unsere Sicherheit tun werden.

DFB.de: Hat dieses Erlebnis Ihren Blick auf Ihren Einsatz für den Iran verändert?

Davari: Nein, überhaupt nicht. Der Anschlag hatte doch weniger mit dem Iran zu tun als vielmehr mit den Attentätern im Libanon. Es gibt leider Menschen, die solch grausame Dinge tun. Das ist schlimm und darf keinesfalls toleriert werden.

DFB.de: In den vergangenen Monaten wurde Ihnen von Beobachtern noch einmal eine Leistungssteigerung attestiert, mittlerweile sind Sie in Braunschweig die Nummer eins. Gibt es einen Zusammenhang mit der Aussicht auf Brasilien? Wie motivierend ist die Option auf die Teilnahme an der WM?

Davari: Ich bin immer motiviert und versuche, mein Bestes zu geben. Das hat nichts mit der Weltmeisterschaft im Sommer zu tun. Aber klar, ich will mich mit guten Leistungen im Verein für einen Platz in der Nationalmannschaft empfehlen.

DFB.de: Sie leben in Extremen: Abstiegskampf auf der einen Seite, auf der anderen winkt mit der WM die größte Bühne. Wie schwer ist es, sich auf den "Alltag" mit Braunschweig zu konzentrieren?

Davari: Überhaupt nicht - die WM ist für mich noch weit weg. Ich konzentriere mich voll auf Eintracht Braunschweig und die vielen wichtigen Spiele, die noch anstehen. Das ist überhaupt kein Problem für mich.

DFB.de: Der Iran trifft in der Vorrunde auf Argentinien, Nigeria und Bosnien-Herzegowina. Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass der Iran auch danach im Turnier vertreten sein wird?

Davari: Es wird viel auf die Vorbereitung ankommen. Wir haben mit Carlos Queiroz einen sehr guten Trainer, der uns sicher nach vorne bringen wird. Natürlich sind wir in dieser Gruppe nicht der Favorit, aber wir wollen und können es allen Gegnern schwer machen.

DFB.de: Das finale Vorrundenspiel würde für Sie ein spezielles sein. Sie treffen auf Ihren Braunschweiger Teamkollegen Ermin Bicakcic, der für Bosnien-Herzegowina aufläuft.

Davari: Jedes WM-Spiel wäre etwas ganz Besonders und Großartiges für mich. Natürlich hoffe ich, dass wir gewinnen werden. Aber ich wünsche Ermin für das Turnier trotzdem alles Gute.

DFB.de: Was muss in Brasilien passieren, damit Sie die WM für sich als Erfolg werten?

Davari: Wir werden alles geben und versuchen, so gut wie möglich abzuschneiden. Wir wollen, dass die Menschen im Iran stolz auf ihre Nationalmannschaft sein können.

[sl]

Keine Frage, wenn am 12. Juni die WM 2014 beginnt, werden viele Spieler dabei sein, die sich in Deutschland für die Nominierung empfohlen haben. Die Bundesligen bieten eine gute Plattform, um den erforderlichen Leistungsnachweis für das Turnier in Brasilien zu erbringen. Bis zu 24 Teilnehmernationen könnten auf Spieler zurückgreifen, die derzeit ihre sportliche Heimat in Deutschland haben. DFB.de stellt in einer neuen Serie einige Kandidaten vor. Heute: der Iraner Daniel Davari aus Braunschweig.

Es ist schon so was wie ein Showdown im Abstiegskampf: Mit Braunschweig spielt Daniel Davari am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gegen den Hamburger SV - es ist das Duell Tabellenletzter gegen Vorletzter. Der Klassenverbleib ist das erste große Ziel des Torhüters - danach winkt ihm die große Bühne: die WM 2014 in Brasilien.

Aufgewachsen ist er in Deutschland, sein Vater stammt aus dem Iran. Und seit Kurzem ist Davari iranischer Nationalspieler. Am 15. November 2013 debütierte er für das "Team Melli", das vom Portugiesen Carlos Queiroz trainiert wird. Im DFB.de-Interview hat sich Daniel Davari mit Redakteur Steffen Lüdeke über sein Debüt in der Nationalmannschaft, den Spagat zwischen Bundesliga und WM und sein Verständnis von Heimat unterhalten.

DFB.de: Das iranische Team hört auf den Namen "Team Melli". Wissen Sie, woher dieser Begriff stammt?

Daniel Davari: Ja, das ist nicht sonderlich schwer. Übersetzt heißt der Begriff: "Die Nationalmannschaft".

DFB.de: Um Farsi zu lernen, besuchen Sie jeden Montagabend einen Volkshochschulkurs. Der Aufstieg mit Braunschweig war also auch für Ihre Sprachkenntnisse hilfreich. Sie haben nun keine Montagsspiele mehr…

Davari: Das stimmt, ich besuche jeden Montagabend einen Sprachkurs in der Volkshochschule. Da passt es ganz gut, dass es in der Bundesliga keine Montagsspiele gibt. Auch wenn ich die von der Atmosphäre her gar nicht so schlecht fand.

DFB.de: Wissen Ihre Mitschüler, mit wem Sie da in einem Raum sitzen?

Davari: Die Mitschüler wissen es nicht, glaube ich. Ich habe es dort auch nicht erzählt. Es spielt auch keine Rolle für mich. Meine Lehrerin weiß es aber. Ich telefoniere manchmal mit ihr, wenn ich Fragen habe und etwas Hilfe bei Interviewanfragen benötige, die aus dem Iran kommen.

DFB.de: Sie scheinen ein schneller Lerner zu sein - auf Farsi haben Sie bereits Ihr erstes Interview gegeben. Wie viel Zeit investieren Sie, um die Sprache zu verinnerlichen?

Davari: Ich versuche, sie natürlich so schnell wie möglich zu lernen. Es ist aber nicht so einfach, wenn man die Sprache nicht täglich spricht. Bei Interviewanfragen auf Persisch hilft mir häufig mein Vater.

DFB.de: Bedauern Sie, dass Sie von Ihrem Vater nicht zweisprachig erzogen wurden?

Davari: Meine Mutter stammt aus Polen. Ich hätte theoretisch also sogar dreisprachig aufwachsen können. Meine Eltern haben sich damals aber eben anders entschieden, weil sie der Meinung waren, dass es dann in der Schule etwas leichter für mich sein würde. Im Nachhinein ist es aber natürlich schon schade, dass ich nicht mit Persisch und Polnisch aufgewachsen bin, das sehen meine Mutter und mein Vater mittlerweile genauso.

DFB.de: Wie präsent war die iranische Kultur in Ihrem Elternhaus?

Davari: Ich habe die iranische Kultur durch meinen Vater auch in Deutschland intensiv erlebt. Sie war genauso präsent wie die deutsche und polnische. Ich trage viele Facetten aus dem Iran in mir. Zum Beispiel die Familienverbundenheit, den Stolz und den respektvollen Umgang untereinander. Außerdem liebe ich die persische Küche mit den vielen verschiedenen Gewürzen. Meine Eltern können beide sehr gut kochen. Im vergangenen Trainingslager mit der Nationalmannschaft habe ich sogar etwas zugenommen, weil mir das Essen dort so gut geschmeckt hat. (lacht)

DFB.de: Was bedeutet Heimat für Sie?

Davari: Für mich ist Heimat dort, wo meine Familie lebt. Ich fühle mich also in mehreren Ländern heimisch.

DFB.de: Als Kind haben Sie Ihre Familie im Iran mehr als einmal besucht. Sie waren in Teheran und am Kaspischen Meer. Wie fremd war Ihnen die Welt im Iran?

Davari: Gerade als Kind ist für dich erst einmal vieles fremd. Aber wir waren bis zu meinem zehnten Lebensjahr bestimmt drei-, viermal im Iran, weil ein Teil der Familie dort gelebt hat und auch immer noch lebt. Ich habe mich ganz schnell sehr wohl dort gefühlt.

DFB.de: Wissen Sie, wie der Iranische Fußball-Verband auf Sie gestoßen ist?

Davari: Ich nehme mal an, auf dem üblichen Weg. Die Bundesliga hat weltweit eine hohe Aufmerksamkeit. Da wird mich Carlos Queiroz wahrscheinlich im Fernsehen gesehen haben.

DFB.de: Die erste Einladung haben Sie aus terminlichen Gründen nicht annehmen können. Nummer zwei sind Sie dann gefolgt. Angesichts der politischen Verhältnisse: Zweifel an dieser Entscheidung hatten Sie zu keinem Zeitpunkt?

Davari: Nein, die hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Ich finde Zweifel diesbezüglich ehrlich gesagt auch unangebracht. Es geht um den Sport. Die Iraner lieben Fußball, und es macht mich stolz und glücklich, für mein Land spielen zu dürfen.

DFB.de: Wie lief das Ankommen im Kreis der iranischen Nationalmannschaft ganz konkret ab? Sie kamen in Bangkok an, wurden dem Team vorgestellt. Und dann?

Davari: Bangkok war bereits mein drittes Trainingslager im Kreis der iranischen Nationalmannschaft. Das erste war in Dubai. Es lief eigentlich ganz gewöhnlich ab. Ich habe die Teamkollegen kennengelernt und mich dann vorgestellt. Ich wurde von allen herzlich aufgenommen und habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt.

DFB.de: Wie haben Sie das Verhältnis mit Ihren Torwartkollegen in der Nationalmannschaft empfunden? Haben Sie gleich das Gespräch mit den beiden gesucht?

Davari: So würde ich es jetzt nicht ausdrücken. Aber wir haben ein kollegiales und professionelles Verhältnis zueinander und keinerlei Probleme. Klar gehört da aber auch der gesunde Konkurrenzkampf dazu.

DFB.de: Waren Sie von irgendetwas im "Team Melli" überrascht? Gibt es Dinge, die im iranischen Team völlig anders laufen, als Sie dies aus Deutschland gewohnt sind, im Training oder im Umgang miteinander?

Davari: Ich war immer überpünktlich beim Essen oder der Teambesprechung. Die anderen Spieler kommen keineswegs zu spät, aber knapper, als wir es hier in Deutschland gewohnt sind. Insgesamt empfinde ich die Stimmung dort auch als lockerer als hier, wo es manchmal wirklich extrem ist, was Disziplin und Pünktlichkeit angeht. Die Professionalität leidet darunter aber definitiv nicht. Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Wir sind mit dem Bus von einem Spiel gekommen. Es war ein iranischer Feiertag, und plötzlich haben sich zwei Spieler das Mikrofon geschnappt und ein Lied angestimmt. Alle haben mitgesungen, und es herrschte eine tolle Atmosphäre. Das kannte ich so aus Deutschland nicht.

DFB.de: Wie eng ist Ihr Kontakt mit dem aus der Bundesliga noch bekannten Ashkan Dejagah: Wie wichtig ist er für Sie? Haben Sie sich mit ihm vor Ihrem ersten Einsatz für den Iran besprochen? Hat er Ihnen Tipps gegeben?

Davari: Nach meiner ersten Einladung hat er mir eine wirklich nette SMS geschrieben, in der stand, dass er sich für mich freut und ich nicht nervös sein bräuchte, sondern mich vielmehr auf die Zeit bei der iranischen Nationalmannschaft freuen solle. Wir haben viel miteinander gesprochen und nach wie vor Kontakt. Ich verfolge seine Spiele beim FC Fulham und wünsche ihm alles Gute.

DFB.de: Ihr zweites Spiel für den Iran war nicht alltäglich. Sie haben in Beirut gespielt, zuvor gab es dort einen Anschlag auf die iranische Botschaft. Aus Sicherheitsgründen fand das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Als wie konkret haben Sie damals eine Bedrohung empfunden?

Davari: Es war kein schönes Erlebnis, das können Sie mir glauben. Menschen sind auf grausame Art und Weise gestorben. In so einem Moment muss der Sport dann auch hintenanstehen. Wir haben uns nach langer Diskussion dennoch dazu entschlossen anzutreten. Wir wollten damit ein Zeichen setzen, dass wir uns von so etwas nicht einschüchtern lassen. Aber natürlich hatten wir Angst. Wir haben den Menschen im Libanon vertraut, die uns versichert haben, dass sie alles für unsere Sicherheit tun werden.

DFB.de: Hat dieses Erlebnis Ihren Blick auf Ihren Einsatz für den Iran verändert?

Davari: Nein, überhaupt nicht. Der Anschlag hatte doch weniger mit dem Iran zu tun als vielmehr mit den Attentätern im Libanon. Es gibt leider Menschen, die solch grausame Dinge tun. Das ist schlimm und darf keinesfalls toleriert werden.

DFB.de: In den vergangenen Monaten wurde Ihnen von Beobachtern noch einmal eine Leistungssteigerung attestiert, mittlerweile sind Sie in Braunschweig die Nummer eins. Gibt es einen Zusammenhang mit der Aussicht auf Brasilien? Wie motivierend ist die Option auf die Teilnahme an der WM?

Davari: Ich bin immer motiviert und versuche, mein Bestes zu geben. Das hat nichts mit der Weltmeisterschaft im Sommer zu tun. Aber klar, ich will mich mit guten Leistungen im Verein für einen Platz in der Nationalmannschaft empfehlen.

DFB.de: Sie leben in Extremen: Abstiegskampf auf der einen Seite, auf der anderen winkt mit der WM die größte Bühne. Wie schwer ist es, sich auf den "Alltag" mit Braunschweig zu konzentrieren?

Davari: Überhaupt nicht - die WM ist für mich noch weit weg. Ich konzentriere mich voll auf Eintracht Braunschweig und die vielen wichtigen Spiele, die noch anstehen. Das ist überhaupt kein Problem für mich.

DFB.de: Der Iran trifft in der Vorrunde auf Argentinien, Nigeria und Bosnien-Herzegowina. Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass der Iran auch danach im Turnier vertreten sein wird?

Davari: Es wird viel auf die Vorbereitung ankommen. Wir haben mit Carlos Queiroz einen sehr guten Trainer, der uns sicher nach vorne bringen wird. Natürlich sind wir in dieser Gruppe nicht der Favorit, aber wir wollen und können es allen Gegnern schwer machen.

DFB.de: Das finale Vorrundenspiel würde für Sie ein spezielles sein. Sie treffen auf Ihren Braunschweiger Teamkollegen Ermin Bicakcic, der für Bosnien-Herzegowina aufläuft.

Davari: Jedes WM-Spiel wäre etwas ganz Besonders und Großartiges für mich. Natürlich hoffe ich, dass wir gewinnen werden. Aber ich wünsche Ermin für das Turnier trotzdem alles Gute.

DFB.de: Was muss in Brasilien passieren, damit Sie die WM für sich als Erfolg werten?

Davari: Wir werden alles geben und versuchen, so gut wie möglich abzuschneiden. Wir wollen, dass die Menschen im Iran stolz auf ihre Nationalmannschaft sein können.