Flick: "Bayern kann jederzeit ein Tor machen"

Der Gegner ist ermittelt. Durch das 2:2 gestern Abend gegen Barcelona steht der FC Chelsea als erster Teilnehmer des Champions-League-Finales am 19. Mai in München fest. Die Bayern können heute (ab 20.45 Uhr, live bei Sky und Sat.1) nachziehen: Im Rückspiel in Madrid gilt es, den 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel zu verteidigen.

Hansi Flick wird heute Abend im Stadion sein. Gemeinsam mit Bundestrainer Joachim Löw wird der Assistenztrainer der Nationalmannschaft auf der Tribüne sitzen und wie Millionen Deutsche mitfiebern. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er zuvor über die Entwicklung im spanischen Fußball, die Vorbereitung auf die EM in Polen und der Ukraine und eigene Erfahrungen aus Spielen gegen Real Madrid gesprochen.

DFB.de: Herr Flick, am Sonnabend hat Real Madrid im Camp Nou gegen Barcelona mit 2:1 gewonnen und damit einen riesigen Schritt in Richtung spanische Meisterschaft gemacht. Haben Sie dieses Spiel gesehen?

Hansi Flick: Nein, das habe ich zeitlich leider nicht geschafft, weil ich mich dazu entschieden hatte, zwei Spiele in der Bundesliga zu beobachten. Von der Partie zwischen Barcelona und Real habe ich nur eine ausführliche Zusammenfassung im Fernsehen gesehen.

DFB.de: Sami Khedira hat im Camp Nou die Führung erzielt, Mesut Özil mit seinem Pass den 2:1-Siegtreffer eingeleitet. Aus deutscher Sicht war der "Clasico" ein Erfolg.

Flick: Toll, ja. Ich hatte mit beiden danach Kontakt. Sie waren natürlich stolz, ich habe mich sehr für Mesut und Sami gefreut. Im "Clasico" ein Tor zu erzielen, ist schon etwas Besonderes. Und erst recht für einen Spieler wie Sami, der viele Qualitäten hat, aber nicht gerade ein Torjäger ist.

DFB.de: Es gibt ein Foto, auf dem Khedira jubelt und im Hintergrund Carles Puyol auf dem Boden sitzt. Ein schönes Sinnbild für den kommenden Sommer…

Flick: (lacht) Wenn es dafür steht, dass wir den Titel gewinnen, dann gerne. Aber bis dahin haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns.



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Der Gegner ist ermittelt. Durch das 2:2 gestern Abend gegen Barcelona steht der FC Chelsea als erster Teilnehmer des Champions-League-Finales am 19. Mai in München fest. Die Bayern können heute (ab 20.45 Uhr, live bei Sky und Sat.1) nachziehen: Im Rückspiel in Madrid gilt es, den 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel zu verteidigen.

Hansi Flick wird heute Abend im Stadion sein. Gemeinsam mit Bundestrainer Joachim Löw wird der Assistenztrainer der Nationalmannschaft auf der Tribüne sitzen und wie Millionen Deutsche mitfiebern. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er zuvor über die Entwicklung im spanischen Fußball, die Vorbereitung auf die EM in Polen und der Ukraine und eigene Erfahrungen aus Spielen gegen Real Madrid gesprochen.

DFB.de: Herr Flick, am Sonnabend hat Real Madrid im Camp Nou gegen Barcelona mit 2:1 gewonnen und damit einen riesigen Schritt in Richtung spanische Meisterschaft gemacht. Haben Sie dieses Spiel gesehen?

Hansi Flick: Nein, das habe ich zeitlich leider nicht geschafft, weil ich mich dazu entschieden hatte, zwei Spiele in der Bundesliga zu beobachten. Von der Partie zwischen Barcelona und Real habe ich nur eine ausführliche Zusammenfassung im Fernsehen gesehen.

DFB.de: Sami Khedira hat im Camp Nou die Führung erzielt, Mesut Özil mit seinem Pass den 2:1-Siegtreffer eingeleitet. Aus deutscher Sicht war der "Clasico" ein Erfolg.

Flick: Toll, ja. Ich hatte mit beiden danach Kontakt. Sie waren natürlich stolz, ich habe mich sehr für Mesut und Sami gefreut. Im "Clasico" ein Tor zu erzielen, ist schon etwas Besonderes. Und erst recht für einen Spieler wie Sami, der viele Qualitäten hat, aber nicht gerade ein Torjäger ist.

DFB.de: Es gibt ein Foto, auf dem Khedira jubelt und im Hintergrund Carles Puyol auf dem Boden sitzt. Ein schönes Sinnbild für den kommenden Sommer…

Flick: (lacht) Wenn es dafür steht, dass wir den Titel gewinnen, dann gerne. Aber bis dahin haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns.

DFB.de: Im Dezember waren Sie vor Ort in Madrid und haben nach dem 3:1 von Barca vom Spiel der Katalanen geschwärmt. Sind Sie überrascht, dass Real die Lücke im direkten Vergleich so schnell schließen konnte?

Flick: Barcelona hat lange Zeit in Spanien dominiert, in dieser Saison hat sich nun Madrid an die Spitze gesetzt. Damit muss man immer rechnen, dass eine Serie mal zu Ende geht. Die Meisterschaft in Spanien zeigt, dass es Barca in diesem Jahr nicht in jedem Spiel geschafft hat, 100 Prozent seines Vermögens abzurufen. Sie haben immer noch 70 bis 80 Prozent Ballbesitz, aber im Moment lassen sie einfach zu viele Chancen liegen. Das ist die eine Seite, die andere ist, dass Real eine wirklich famose Saison spielt und sich kontinuierlich entwickelt hat.

DFB.de: Heute Abend spielt Bayern im Rückspiel gegen Real. Die Münchner konnten sich am Wochenende erholen, im Spiel gegen Bremen hat Trainer Jupp Heynckes zahlreiche Stammkräfte geschont. Ein Vorteil für die Bayern im Vergleich zu Real, das gegen Barca niemand schonen konnte und an die Grenzen des Leistungsvermögens gehen musste?

Flick: Die Konstellation ist, wie sie ist. Für Real ging es auch in der Liga noch um alles und auf dem Spielplan stand zu diesem Zeitpunkt eben das Duell gegen Barcelona. Madrid musste also mit der Bestbesetzung spielen. Aber Jose Mourinho hatte davor immer wieder Gelegenheiten, Spieler mal draußen zu lassen. In München war es anders. Bis zum Spiel gegen Dortmund waren die Bayern gezwungen, stets die beste Mannschaft auf den Rasen zu schicken. Erst danach war die Luft raus. Jupp Heynckes hat dann das einzig Richtige gemacht und die Kräfte der Spieler geschont, die in der Rückrunde sehr viele Spiele gemacht haben. Positiv für die Münchner ist sicherlich, dass der Plan aufging: Die Bayern haben in Bremen gewonnen, obwohl viele wichtige Spieler nicht dabei waren.

DFB.de: Im Falle des Finaleinzugs der Bayern würde das Regenerationstrainingslager auf Sardinien ohne die Münchner stattfinden. Wie empfindlich wäre dadurch die EM-Vorbereitung gestört?

Flick: Im Jahr 2010 hatten wir eine ähnliche Konstellation, denn die Bayern standen damals auch im Finale der Königklasse. Aus dieser Erfahrung wissen wir erstens, dass dies kein grundsätzliches Problem ist, weil wir zweitens wissen, wie wir uns in der Trainingssteuerung zu verhalten haben, wenn einige Spieler erst später zur Mannschaft stoßen. Außerdem haben andere Nationalmannschaften diese Situation auch. In Spanien beispielsweise findet das Finale des Pokalwettbewerbs erst am 25. Mai statt.

DFB.de: Das Spiel Bayern München gegen Real Madrid gab es auch schon mit dem Bayern-Spieler Hansi Flick, gleich mehrfach sogar. In der Saison 1986/1987 standen sich beide Teams im Viertelfinale des Landesmeisterpokals gegenüber. Sie waren damals schon bei den Bayern, gehörten aber nicht zum Kader.

Flick: Stimmt, ich hatte eine Knieverletzung. Wir haben zu Hause 4:1 gewonnen, dann in Madrid zwar 0:1 verloren, aber das hat in der Addition gereicht. Es war ein Spiel mit gewaltigen Emotionen, Klaus Augenthaler hat damals einen Stier imitiert, das Bild war danach in allen Zeitungen. Ich weiß noch, dass ich das Rückspiel in Frankfurt geschaut habe. Ich war zum Aufbautraining bei Dieter Ehrich und Reinhard Gebel, den "Fitmachern". Wir haben das Spiel gemeinsam mit dem Handballer Michael Roth geschaut, und Rudi Völler war auch mit dabei. Es war ein sehr vergnüglicher Abend, und es war beeindruckend, wie die Bayern damals in der "Hölle von Madrid" bestanden haben.

DFB.de: In jener Europapokalsaison folgte das legendäre Finale gegen den FC Porto. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Spiel?

Flick: Wir waren haushoher Favorit, sind dann auch 1:0 in Führung gegangen und haben das Spiel kontrolliert. Aber wir haben es versäumt, das 2:0 nachzulegen und das Spiel zu entscheiden. Binnen weniger Minuten haben wir uns die Partie aus der Hand nehmen lassen und völlig den Zugriff verloren. Die Niederlage war absolut unnötig, entsprechend groß war unsere Enttäuschung.

DFB.de: In der Saison darauf trafen sich Bayern und Real erneut im Viertelfinale des Landesmeisterpokals, und diesmal haben Sie auch gespielt.

Flick: Ja. Das Hinspiel in München ist unglücklich verlaufen. Wir haben 3:0 geführt und dann kurz vor Schluss noch zwei Gegentore kassiert. Im Rückspiel war es dann sehr schwer, und leider hat es nicht gereicht, wir haben 0:2 verloren. Wir haben uns in den beiden Begegnungen vor den Gegentoren Unachtsamkeiten geleistet, und bei Real war es damals schon, wie es heute ist: Sie haben genug Weltklasse-Spieler in ihren Reihen, die in der Lage sind, diese Fehler zu bestrafen. Wenn man auf diesem Niveau spielt, geht es um Nuancen. Wir haben seinerzeit leider zu viele Fehler gemacht, das müssen die Bayern heute besser machen.

DFB.de: Eine Brücke zwischen damals und heute bildet Jupp Heynckes. Er saß schon vor 25 Jahren als Trainer auf der Bayern-Bank, er sitzt heute als Trainer auf der Bayern-Bank. Was sagt das über ihn aus?

Flick: Jupp Heynckes hat mich drei Jahre lang begleitet, in der Rückschau kann ich sagen, dass er mein bester Trainer war. Er war sehr ehrgeizig, er wollte immer Erfolg. Er hat vor allem aber damals schon viele taktische Dinge durchschaut, die andere noch nicht gesehen haben. Auch in der Menschenführung und in der Trainingsteuerung war er sehr weit. Er hat unter anderem darauf geachtet, welcher Belastung die Spieler ausgesetzt sind und entsprechend reagiert. Entweder durch eine Dosierung im Training oder mitunter auch durch Rotation in den Spielen. Er hatte immer großes Gespür dafür, wie er welche Spieler belasten kann. Für mich ist es deswegen keine große Überraschung, dass er immer noch im Geschäft ist.

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DFB.de: Sie sind mittlerweile Kollegen. Am 7. Mai werden Sie gemeinsam mit Joachim Löw den vorläufigen Kader für die EURO bekannt geben. Wie groß ist der Einfluss der Leistungen im Saisonfinale auf die Nominierungsentscheidungen?

Flick: Natürlich achten wir darauf, wie sich die Spieler präsentieren. Wir haben demnächst im Trainerteam einen Workshop, auf dem wir uns die Leistungen aller in Frage kommenden Spieler noch einmal im Detail anschauen. Danach werden wir auch entscheiden, mit wie vielen Spielern wir in die EM-Vorbereitung gehen.

DFB.de: Es gibt einige Spieler im Kader, die zuletzt verletzt waren und nun langsam wieder zurück kommen. Kann in den Zwangspausen im Hinblick auf die EM auch ein Vorteil bestehen, weil einige Spieler ausgeruht zum Turnier kommen?

Flick: Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Für einen Spieler ist es wichtig, dass er möglichst viel Spielpraxis hat, um wieder in seinen Rhythmus zu kommen, für einen anderen ist dies nicht ganz so entscheidend. Miro Klose beispielsweise hat schon häufig gezeigt, dass er nach einer Verletzung sehr schnell wieder bei 100 Prozent sein kann. Auch Mario Götze ist ein Spielertyp, der nicht viele Spiele benötigt, um seine Sicherheit am Ball wieder zu haben. Wir werden in den zweieinhalb Wochen, die wir im Trainingslager gemeinsam mit den Spielern arbeiten, bevor wir am 29. Mai den endgültigen Kader bei der UEFA melden müssen, alle Kandidaten genau beobachten und dann wissen, wer 100 Prozent fit und leistungsfähig ist und deshalb für die EM nominiert wird.

DFB.de: Vor der EM-Vorbereitung stehen sich die Nationalspieler Dortmunds und die aus München im Finale des DFB-Pokals noch einmal als Gegner gegenüber. Sehen sie darin eine Schwierigkeit? Oder ist es für die Spieler kein Problem, vom Gegner- in den Mitspielermodus umzuschalten?

Flick: Diese Situation sind unsere Spieler gewohnt. Fußball ist Leistungssport, Fußball ist Wettbewerb. Unsere Spieler wollen sich mit den Besten messen, deswegen ist das Pokalfinale auch aus unserer Sicht optimal. Dortmund und Bayern sind die besten Mannschaften in Deutschland, es ist daher konsequent, dass viele deutsche Nationalspieler in ihren Reihen stehen, und fast logisch, dass sie im Kluballtag häufig gegeneinander um Titel kämpfen. Das hat aber keinen Einfluss auf den Zusammenhalt in der Nationalmannschaft. Ich sehe das eher positiv. In den Jahren, die ich beim DFB-Team erleben durfte, gab es noch nie Probleme. Die Harmonie im Kader ist sehr groß, alle arbeiten am gemeinsamen Ziel, jeder bringt sich und seine Fähigkeiten ein. Wir können nur als Team Erfolg haben, das haben unsere Spieler verstanden, und das geht nur, wenn alle unabhängig von ihren Vereinszugehörigkeiten an einem Strang ziehen. Und das machen sie vorbildlich. Das gilt für die Spieler von Borussia Dortmund und Bayern München, aber auch von anderen Bundesligisten und ausländischen Klubs wie Real Madrid.

DFB.de: Wie geht heute Abend das Spiel Real gegen Bayern aus? Können Philipp Lahm und Co. im Bernabeu bestehen?

Flick: (überlegt) Das ist eine ganz schwierige Frage. Ich habe Real in dieser Saison häufig beobachtet. Beim 2:1 gegen Barcelona hat man wieder gesehen, dass das schnelle Umschalten eine der Stärken von Madrid ist. Die Mannschaft ist in der Lage, mit ein, zwei Pässen zum Abschluss zu kommen. Bayern muss das verhindern. Wenn die Münchner gut stehen, dann wird es für Real sehr schwierig, weil auch die Bayern die Möglichkeit haben, zu jederzeit ein Tor zu machen. Ich sehe die Partie vollkommen ausgeglichen. Aber natürlich hoffe ich, dass die Bayern das glücklichere Ende für sich haben und ihren Traum vom Finale im eigenen Stadion München verwirklichen.