Ehemaliger Nationaltorhüter Fritz Herkenrath wird 85

Die Stimme ist leise und freundlich, der Anrufer fühlt sich gleich willkommen. Fritz Herkenrath ahnt schon, warum das Telefon geklingelt hat und gibt höflich Auskunft. Er erzählt zwar nicht viel, aber bestätigt alles, was wir schon über ihn wussten. Vor allem, dass er immer noch gesund, glücklich und zufrieden mit seiner Frau in Walheim bei Aachen lebt. "Wir wohnen hier gut und nett", sagt der Mann, der als "fliegender Schulmeister" in die DFB-Historie eingegangen ist. Fritz Herkenrath war der Mann nach Toni Turek, er trug das Trikot der Nationalmannschaft zwischen 1954 und 1958 21 mal, wie er selbst noch mal betont. Ein Lieblingsspiel vermag der Jubilar, der am heutigen Montag 85 Jahre alt wird, nicht zu nennen, aber "natürlich war die WM in Schweden ein Höhepunkt".

Damals versuchten die Helden von Bern ihren Titel zu verteidigen und bis zum Halbfinale gegen die Gastgeber im Ullevi-Stadion zu Göteborg ging alles gut. Dann aber flog Erich Juskowiak in aufgepeitschter Atmosphäre vom Platz, Fritz Walter verletzte sich in seinem letzten Länderspiel und die Schweden nutzten das aus. Als Vierter fuhren die Deutschen nach Hause, wurden bei der Rückkehr dennoch wie Weltmeister empfangen. Nur die Stadt Essen vergaß ihren Fritz, zur Ehrung durch den Bürgermeister hatte sie nur Helmut Rahn und Fritz Wewers eingeladen. Sie hatten den stillen Mann im deutschen Tor, der damals für Rot-Weiß Essen spielte, schlicht vergessen. Herkenrath nahm es nicht krumm, ihn drängte es nie in den Mittelpunkt. Sonst wäre er nicht schon mit 30 aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, um sich seinem Beruf als Sportlehrer widmen zu können.

"Meine Freude am Fußball hat stark nachgelassen"

Für RWE, seiner dritten Station nach Preußen Dellbrück und dem 1. FC Köln, spielte er aber noch ein bisschen weiter - bis 1962 kam er auf 336 Oberliga-Spiele, davon 248 für RWE. Es war die erfolgreichste Zeit des Revier-Klubs. Nachdem RWE 1953 schon als erster Verein den neu geschaffenen DFB-Pokal gewann, kam 1955 die einzige deutsche Meisterschaft hinzu. Immer dabei: Fritz Herkenrath, "Boss" Rahn, Penny Islacker und August Gottschalk. Namen, die längst Legende sind. Geworden in einer Zeit, als der Fußball noch etwas volkstümlicher war. Die Entwicklungen nach seiner Karriere haben Herkenrath missfallen. Schon 1994 sagte er: "Die Maßlosigkeit, mit der Millionenbeträge vergeudet werden, verbittert mich immer aufs neue." DFB.de bestätigt er: "Meine Freude am Fußball hat stark nachgelassen." Einmal schaltete er den Fernseher angewidert aus, als er bei einem Europacup-Spiel eine Spuckattacke sah.

Verwundert über heutige Wechselphilosophie

Auch die vielen Spielerwechsel können er und seine Frau Franziska nicht nachvollziehen, was die Gattin bei der Gelegenheit unseres Anrufes einfach mal loswerden wollte. "Ich geb' Ihnen mal meine Frau", sagt Herkenrath plötzlich und die Dame des Hauses macht sich Luft: "Man weiß ja gar nicht mehr, wer zu wem gehört und wer wo spielt. Früher gab es noch Vereinstreue." Was jüngere Leute amüsieren mag, trifft bei denen aus der Nachkriegsgeneration gewiss auf mehr Verständnis. Herkenrath selbst hat erfahren, wie es in den Fünfzigern ankam, wenn einer von A nach B wechseln wollte. Am Vorabend vor der Abreise zu seinem avisierten ersten Länderspiel wurde er vom DFB telefonisch wieder ausgeladen.

Spielausschuss-Vorsitzender Hans Körfer teilte ihm nach seiner Erinnerung mit: "Auf Spieler, die vor ihrer Berufung in die Nationalelf ihren Verein wechseln, legt der DFB keinen Wert." Das war 1951. Herkenrath wechselte trotzdem zum 1. FC Köln, weil er in der Domstadt an der Sporthochschule studieren wollte. Denn "der Torwart mit der Soldatenmütze" machte auch im Berufsleben Karriere. Als Professor an der Pädagogischen Hochschule Aachen und an der Uni in Düsseldorf bildete er Grund-und Hauptschullehrer für Sport aus. "Ich war Lehrer aus Leidenschaft. Ich stamme aus einer alten Paukerfamilie, da bekommt man so etwas in die Wiege gelegt", sagte er nach seiner Pensionierung 1990.

Auch im Alter noch fit

Danach lebte er beschaulich und ruhig, ging mit seinem Wohnmobil auf Reisen und spielte noch gerne ein bisschen Tennis und Volleyball. Handball nicht, das war sein erster Sport im Leben, erst mit 17 kam er zum Fußball. Seine Karriere erstaunt umso mehr, als er mit 1,77 Meter relativ klein war für einen Torwart, nach dem Krieg hat es keinen kleineren im deutschen Tor gegeben.

Jetzt gehört er einer Seniorensportgruppe "Fit für 100" an. Diese Woche geht es etwas turbulenter zu im Hause Herkenrath, wie immer im September, denn seine Frau ist nur drei Tage jünger als er. Die drei Kinder werden vorbeischauen, die Enkel auch. Und trotzdem hofft er: "Wir möchten es möglichst ruhig haben."

Das meinen DFB.de-User:

"Ich habe Fritz Herkenrath als jungen Bub bei Rot-Weiss bewundert und tue das heute noch. Menschen seiner Art und seines Charakters sind leider selten geworden. Ich wünsche Fritz Herkenrath alles Gute zum Geburtstag - und dass er die 100 gesund, glücklich und zufrieden erreichen möge." (Herbert Schleef, Wolfsheim)

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Die Stimme ist leise und freundlich, der Anrufer fühlt sich gleich willkommen. Fritz Herkenrath ahnt schon, warum das Telefon geklingelt hat und gibt höflich Auskunft. Er erzählt zwar nicht viel, aber bestätigt alles, was wir schon über ihn wussten. Vor allem, dass er immer noch gesund, glücklich und zufrieden mit seiner Frau in Walheim bei Aachen lebt. "Wir wohnen hier gut und nett", sagt der Mann, der als "fliegender Schulmeister" in die DFB-Historie eingegangen ist. Fritz Herkenrath war der Mann nach Toni Turek, er trug das Trikot der Nationalmannschaft zwischen 1954 und 1958 21 mal, wie er selbst noch mal betont. Ein Lieblingsspiel vermag der Jubilar, der am heutigen Montag 85 Jahre alt wird, nicht zu nennen, aber "natürlich war die WM in Schweden ein Höhepunkt".

Damals versuchten die Helden von Bern ihren Titel zu verteidigen und bis zum Halbfinale gegen die Gastgeber im Ullevi-Stadion zu Göteborg ging alles gut. Dann aber flog Erich Juskowiak in aufgepeitschter Atmosphäre vom Platz, Fritz Walter verletzte sich in seinem letzten Länderspiel und die Schweden nutzten das aus. Als Vierter fuhren die Deutschen nach Hause, wurden bei der Rückkehr dennoch wie Weltmeister empfangen. Nur die Stadt Essen vergaß ihren Fritz, zur Ehrung durch den Bürgermeister hatte sie nur Helmut Rahn und Fritz Wewers eingeladen. Sie hatten den stillen Mann im deutschen Tor, der damals für Rot-Weiß Essen spielte, schlicht vergessen. Herkenrath nahm es nicht krumm, ihn drängte es nie in den Mittelpunkt. Sonst wäre er nicht schon mit 30 aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, um sich seinem Beruf als Sportlehrer widmen zu können.

"Meine Freude am Fußball hat stark nachgelassen"

Für RWE, seiner dritten Station nach Preußen Dellbrück und dem 1. FC Köln, spielte er aber noch ein bisschen weiter - bis 1962 kam er auf 336 Oberliga-Spiele, davon 248 für RWE. Es war die erfolgreichste Zeit des Revier-Klubs. Nachdem RWE 1953 schon als erster Verein den neu geschaffenen DFB-Pokal gewann, kam 1955 die einzige deutsche Meisterschaft hinzu. Immer dabei: Fritz Herkenrath, "Boss" Rahn, Penny Islacker und August Gottschalk. Namen, die längst Legende sind. Geworden in einer Zeit, als der Fußball noch etwas volkstümlicher war. Die Entwicklungen nach seiner Karriere haben Herkenrath missfallen. Schon 1994 sagte er: "Die Maßlosigkeit, mit der Millionenbeträge vergeudet werden, verbittert mich immer aufs neue." DFB.de bestätigt er: "Meine Freude am Fußball hat stark nachgelassen." Einmal schaltete er den Fernseher angewidert aus, als er bei einem Europacup-Spiel eine Spuckattacke sah.

Verwundert über heutige Wechselphilosophie

Auch die vielen Spielerwechsel können er und seine Frau Franziska nicht nachvollziehen, was die Gattin bei der Gelegenheit unseres Anrufes einfach mal loswerden wollte. "Ich geb' Ihnen mal meine Frau", sagt Herkenrath plötzlich und die Dame des Hauses macht sich Luft: "Man weiß ja gar nicht mehr, wer zu wem gehört und wer wo spielt. Früher gab es noch Vereinstreue." Was jüngere Leute amüsieren mag, trifft bei denen aus der Nachkriegsgeneration gewiss auf mehr Verständnis. Herkenrath selbst hat erfahren, wie es in den Fünfzigern ankam, wenn einer von A nach B wechseln wollte. Am Vorabend vor der Abreise zu seinem avisierten ersten Länderspiel wurde er vom DFB telefonisch wieder ausgeladen.

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Spielausschuss-Vorsitzender Hans Körfer teilte ihm nach seiner Erinnerung mit: "Auf Spieler, die vor ihrer Berufung in die Nationalelf ihren Verein wechseln, legt der DFB keinen Wert." Das war 1951. Herkenrath wechselte trotzdem zum 1. FC Köln, weil er in der Domstadt an der Sporthochschule studieren wollte. Denn "der Torwart mit der Soldatenmütze" machte auch im Berufsleben Karriere. Als Professor an der Pädagogischen Hochschule Aachen und an der Uni in Düsseldorf bildete er Grund-und Hauptschullehrer für Sport aus. "Ich war Lehrer aus Leidenschaft. Ich stamme aus einer alten Paukerfamilie, da bekommt man so etwas in die Wiege gelegt", sagte er nach seiner Pensionierung 1990.

Auch im Alter noch fit

Danach lebte er beschaulich und ruhig, ging mit seinem Wohnmobil auf Reisen und spielte noch gerne ein bisschen Tennis und Volleyball. Handball nicht, das war sein erster Sport im Leben, erst mit 17 kam er zum Fußball. Seine Karriere erstaunt umso mehr, als er mit 1,77 Meter relativ klein war für einen Torwart, nach dem Krieg hat es keinen kleineren im deutschen Tor gegeben.

Jetzt gehört er einer Seniorensportgruppe "Fit für 100" an. Diese Woche geht es etwas turbulenter zu im Hause Herkenrath, wie immer im September, denn seine Frau ist nur drei Tage jünger als er. Die drei Kinder werden vorbeischauen, die Enkel auch. Und trotzdem hofft er: "Wir möchten es möglichst ruhig haben."

Das meinen DFB.de-User:

"Ich habe Fritz Herkenrath als jungen Bub bei Rot-Weiss bewundert und tue das heute noch. Menschen seiner Art und seines Charakters sind leider selten geworden. Ich wünsche Fritz Herkenrath alles Gute zum Geburtstag - und dass er die 100 gesund, glücklich und zufrieden erreichen möge." (Herbert Schleef, Wolfsheim)