DFB-Pokal

VfB im Pokalfinale: Sechs Spiele, drei Siege

24.05.2025
Stuttgarts vorerst letzte DFB-Pokalsieger: das VfB-Team von 1996/1997 Foto: IMAGO

Sechsmal stand der VfB Stuttgart bereits im DFB-Pokalfinale, dreimal gewann er es und von zwei Endspielen sprach man noch etwas länger, gehörten sie doch zu den besten in der Geschichte des Wettbewerbs. Die Stuttgarter Finalchronik.

17. April 1954: 1:0 n. V. gegen 1. FC Köln

Es begann im WM-Jahr 1954, als der VfB auf den noch jungen Verein 1. FC Köln traf. Der VfB gehörte zu den besten Teams im Nachkriegsdeutschland (Deutscher Meister 1950 und 1952) und war 1954 Meister der Oberliga Süd geworden. Den Kölnern gelang das gleiche Kunststück im Westen, allerdings erstmals. Der Verein war erst 1948 gegründet worden. In das Finale von Ludwigshafen, das bereits am Ostersamstag, den 17. April 1954, stattfand, schafften es beide nur mit Mühe. In den Halbfinals mussten sie in die Verlängerung, der VfB gar in ein Wiederholungsspiel gegen TuS Neuendorf. Das sahen sich die Kölner an und Hans Schäfer kam zu der Erkenntnis: "Für uns wird es eine Kleinigkeit, euch zu schlagen" – wie er VfB-Verteidiger Erich Retter später im Kreis der Nationalmannschaft spöttisch mitteilte, "ihr seid ja eine Altherrenmannschaft."

VfB-Trainer Gerhard Wurzer war es recht, dass Köln sein Team unterschätzte: "Das Beste, was uns passieren kann." Verunsichert waren sie jedenfalls nicht und reisten erst am Spieltag per Zug an, die Nacht vor dem Finale verbrachten die Schwaben noch in ihren eigenen Betten. Andere Zeiten.

Nach dem Wortgeklingel im Vorfeld wurde es ernst auf dem Platz, 60.000 sahen eine ausgeglichene Partie. Nach 90 Minuten gab es noch keinen Sieger und nicht mal Tore. Das Spiel war enttäuschend und das Sport Magazin schrieb: "Der Zuschauer auf den Rängen wird vergebens nach den Gründen suchen, warum kein systemvolles Spiel zustande kam." Dabei bot sich Köln die große Chance, als sich Dörner nach 75 Minuten den Ball zum Elfmeter zurecht legte. Doch ihn verließen die Nerven, er verfehlte den Kasten von Karl Bögelein. Der hielt den Ball zwar nicht, reklamierte aber doch seinen Anteil am fatalen Fehlschuss: "Wenn ich den Kleinen beim Schuss durch mein Hin-und Herwackeln nicht so irritiert hätte, könnten wir uns jetzt nicht über unser Geld freuen." Da hatte aber noch ein Schwabe seinen Anteil daran: In der 93. Minute glückte dem kommenden Nationalspieler Erwin Waldner, damals 19, das Tor des Tages nach einem Zuspiel des einarmigen VfB-Spielführers Robert Schlienz. Es sicherte jedem VfB-Spieler 500 DM, damals sehr viel Geld. Trainer Wurzer kommentierte den glanzlosen Triumph nüchtern: "Es war der typische Pokalfight, der natürlich immer auf Kosten der Schönheit geht." Und Retter schickte eine Retourkutsche nach Köln: "Es war die bessere Kondition, die dieses Spiel entschieden hat." Von wegen Altherrenmannschaft…

16. November 1958: 4:3 n. V. gegen Fortuna Düsseldorf

1958 stand der VfB wieder gegen eine rheinische Mannschaft im Finale. Der zweite Pokalsieg fiel in eine Zeit, in welcher der Wettbewerb einen geringen Stellenwert hatte und innerhalb des Kalenderjahrs ausgetragen wurde – und keineswegs in den größten Stadien. So wurden an diesem Herbsttag nur 28.000 Menschen in Kassel Zeuge eines Dramas. Diesmal wurden die Erwartungen nicht enttäuscht, sondern weit übertroffen. Zwei Mal wechselte die Führung, nach der Pause fielen fünf Tore und nach neunzig packenden Minuten stand es 3:3. Der VfB bekam zwei Elfmeter, den ersten vor der Pause verschoss Rolf Blessing, den zweiten verwandelte Waldner zum 3:2 (68.). Mitspieler Dieter Praxl hatte das 1:0 besorgt (36.), nach Fortunas Doppelschlag (50., 52.) glich Rolf Geiger aus (52.). Weil auch Fortuna nach 79 Minuten ausglich, gab es wieder Verlängerung.

In der 113. Minute fiel das entscheidende Tor durch den über die "grüne Grenze" geflüchteten DDR-Nationalspieler Lothar Weise, der in seinem zweiten Spiel das Siegtor köpfte. Der VfB vermittelte ihm zum Dank eine Tankstelle. Trainer Wurzer, immer noch im Amt, sprach von einem "verdienten Sieg". Das Sport Magazin schrieb: "Als Treichel abpfeift, ist der VfB Stuttgart mit 4:3 Sieger in einem Pokalfinale, das an unerhörter Dramatik keinen Vorgänger in der deutschen Fußballgeschichte hat."

3. Mai 1986: 2:5 gegen Bayern München

Seit 1985 wird das Finale in Berlin ausgetragen, schon 1986 sah das Olympiastadion eines der einseitigsten aller Zeiten. Bayern München war in der Vorwoche auch dank Stuttgarter Hilfe Meister geworden und dessen Abwehrchef Klaus Augenthaler hatte gesagt: "Jetzt schenken wir ihnen den Pokal." Doch der DFB-Kontrollausschuss musste nicht einschreiten, der "Auge" hatte nur einen Scherz gemacht. Auf dem Platz machten die Bayern ernst und gewannen 5:2. Die Stuttgarter mussten Stammkeeper Helmut Roleder kurzfristig ersetzen und sein junger Vertreter Armin Jäger patzte: Bei Roland Wohlfarths Lupfer aus 20 Metern stand er zu weit vor dem Tor und das VfB-Unheil nahm seinen Lauf. Zur Pause (2:0) hatte Wohlfarth nachgelegt und sein Trainer Lattek sagte in der Kabine: "Die sind viel zu nervös, da brennt nichts mehr an."

Daran änderte auch ein verschossener Matthäus-Elfmeter nichts, Jäger parierte. Michael Rummenigge erhöhte mit einem Doppelschlag auf 4:0, nach 72 Minuten war alles entschieden. Am Ende wurden die Bayern, für die Wohlfarth noch ein drittes Tor beisteuerte, etwas nachlässig. So erschienen auch die Namen der VfB-Stars Guido Buchwald und Jürgen Klinsmann auf der Anzeigetafel. Ein schwacher Trost für die VfB-Fans, Trainer Willi Entenmann war fassungslos: "Dass man ein Spiel in einer solchen Form verlieren kann, hätte ich nicht für möglich gehalten."

14. Juni 1997: 2:0 gegen Energie Cottbus

Beide Finalisten hatten in der Liga für Furore gesorgt. Der junge Joachim Löw startete seine Cheftrainerkarriere beim VfB und ließ 1996/97 begeisternden Fußball spielen. Lange mischte das Team, das um das "magische Dreieck" Balakov/Elber/Bobic kreiste, um die Meisterschaft mit und wurde letztlich Vierter. Energie kam als Drittligist nach Berlin, der in 57 Pflichtspielen ungeschlagen geblieben und in die 2. Liga aufgestiegen war. Der VfB war trotzdem haushoher Favorit. Die Elf von Eduard Geyer hielt lange tapfer mit, doch Giovane Elber schoss in seinem letzten Spiel vor dem Staub aufwirbelnden Wechsel zu den Bayern den VfB im Alleingang zum Pokalsieg und zeigte es den Pöblern, die ihm den Abgang übel nahmen. Nach dem Lupfer zum 2:0 (52.) klopfte er sich mit beiden Händen auf die Brust und demonstrierte: ich lasse mich nicht hängen. Per Kopf hatte er schon vor der Pause die Weichen auf Sieg gestellt (18.), aber um den musste der Bundesligist ganz schön kämpfen.

Das Chancenverhältnis von 8:5 wies auf einen offenen Fight hin. Im Kicker war zu lesen: "Dennoch wurden die neunzig Minuten im ausverkauften Olympiastadion nicht zum Duell zwischen Kunst und Kraft, weil der Bundesliga-Vierte gehörigen Respekt vor dem energischen Einsteigen der Ostdeutschen zeigte. […] So bleibt unter dem Strich ein zwar kurzweiliges, aber selten hochklassiges Finale." Mit dem erwarteten Ergebnis. VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder betonte: "Titel sind wichtig für Spieler, Trainer und das Prestige des Vereins." Abwehrchef Thomas Berthold befand, man sei "den Fans einen Titel schuldig" gewesen. Und er Mitspieler Marco Haberer einen Wetteinsatz, woran der ihn nach dem Sieg erinnerte. Auf einem Bierdeckel hatten sie drei Jahre zuvor festgehalten, dass Berthold sich die Haare kürzen und in Gold färben lassen musste nach dem nächsten Vereinstitel seiner Karriere. So kam es, Mitspieler Gerhard Poschner schritt zur Tat. Auch andere Champions ließen sich spontan Meckis schneiden, nur Trainer Löw kam um eine Kopfrasur herum. Zu angesehen war der Mann, der 2014 Weltmeister werden würde. Berthold: "Für mich ist Jogi Trainer des Jahres." Den am nächsten Tag 10.000 Fans am Stuttgarter Marktpatz feierten.

26. Mai 2007: 2:3 n.V. gegen 1. FC Nürnberg

Eine Woche zuvor war der VfB Meister geworden, nun wollte er das Double. Das Schwabenland war in Feierstimmung, der VfB Favorit – obwohl er die beiden Bundesligaspiele 2006/07 gegen Nürnberg beide deutlich verlor (0:3 und 1:4). Club-Trainer Hans Meyer bezifferte die Chancen auf 50:50 und sah höchstens einen kleinen Vorteil darin, "dass es für 50 bis 60 Prozent der Mannschaft die erste und wohl auch letzte Chance sein wird, so einen Titel zu holen."

Kollege Armin Veh sorgte sich etwas um die Fitness seines angeschlagenen Jung-Nationalspielers Mario Gomez und nahm die Favoritenrolle an, "alles andere würde mir niemand abnehmen. Ich glaube nicht, dass wir uns noch mal so präsentieren werden wie in den beiden Bundesligaspielen." Zur Sicherheit trugen sie aber rote Trikots, ihre Niederlagen hatten sie in Weiß kassiert. Pikant war die Personalie Raphael Schäfer, Nürnbergs Torwart wechselte zum VfB, Meyer stellte ihn dennoch auf.

Am Pfingstsamstag pfiff Schiedsrichter Michael Weiner die Partie um 16.30 Uhr an. Vorher trat Herbert Grönemeyer mit dem Song "Kopf hoch, tanzen" auf und die Fan-Meile, auf der sich bei der WM 2006 Tausende versammelt hatten, öffnete zum Anlass des Pokalfinals ihre Pforten. 100.000 erlebten an einem lauen Frühsommerabend ein Revival. So schön kann Fußball gucken sein. Wer die 120 Minuten gesehen hat, wird sie nicht vergessen. Berlin sah 2007 eines der besten Finals überhaupt.

"Ein Sonntagsschuss am Samstag"

Eine Schlüsselrolle spielte VfB-Stürmer Cacau, früherer Nürnberger. Er brachte den VfB nach 20 Minuten in Führung, aber kurz nach Marek Mintals Ausgleich (27.) auch gehörig in die Bredouille. Nach einer Tätlichkeit (Faustschlag) an Andreas Wolf flog er vom Platz (31.) und Cacau bereute sein Tun: "Es tut mir leid, dass ich die Mannschaft geschwächt habe."

Geschwächt wurden nur eine Minute später auch die Nürnberger, noch erregt über den Platzverweis verletzte VfB-Kapitän Fernando Meira Club-Torjäger Mintal so schwer am Knie, dass der ins Krankenhaus musste. Meira: "Ich wollte ein Zeichen an die Mannschaft senden." Danach wurde wieder Fußball gespielt – und wie! 19 Chancen wurden notiert (11:8 für Nürnberg). Nach 47 Minuten köpfte Marco Engelhardt in Folge einer Ecke das 2:1 für die Franken. Aber der Meister, für den ab der zweiten Hälfte Gomez stürmte, steckte nicht auf. Der Joker holte nach 80 Minuten einen von Schäfer verursachten Elfmeter heraus und Pavel Pardo glich aus. In Unterzahl rettete sich der VfB in die Verlängerung.

In dieser gelang dem Dänen Jan Kristiansen, der in eineinhalb Nürnberger Jahren nie ins Tor getroffen hatte, aus rund 25 Metern eines der schönsten Siegtore in der Historie des DFB-Pokals, Timo Hildebrand streckte sich vergebens. "Ein Sonntagsschuss am Samstag" übertitelte der Kicker seinen Bericht über ein Finale, das Werbung für den Pokal machte. Einen Verlierer hatte es nicht, nur eine unterlegene Elf. Trainer Armin Veh erteilte seinem VfB jedenfalls die Absolution: "Ich gratuliere dem 1. FC Nürnberg zum Pokalsieg und meiner Mannschaft zu ihrem Spiel. Sie hat phantastisch gefightet, ich bin stolz auf sie."

1. Juni 2013: 2:3 gegen Bayern München

Pech für den VfB im sechsten Finale: Man konnte keinen schwereren Gegner bekommen als diese Bayern, die schon Meister und Champions League-Sieger geworden waren. Nun wollten sie im vermeintlich letzten Spiel unter Jupp Heynckes ihr historisches erstes Triple, dem Zwölften der Bundesliga wurden keine reellen Chancen eingeräumt. Also spielte der so auf wie ein Team, das nichts zu verlieren hat.

Trainer Bruno Labbadia hatte den VfB offensiv eingestellt, er hatte die ersten Chancen und Manuel Neuer verhinderte mehrfach einen Rückstand des Favoriten. Dann nahmen die Dinge doch ihren Lauf, Thomas Müller nutzte einen sehr umstrittenen Elfmeter zur bayerischen Pausenführung. Ausgerechnet der Ex-Stuttgarter Mario Gomez gab dem VfB den Rest mit seinem Doppelschlag. 3:0 nach 61 Minuten – was sollte Bayern noch passieren? Aber die Helden von Wembley wurden nachlässig, Martin Harnik brachte den VfB auf 3:2 (71., 80.) heran. So wurde es am Ende noch mal spannend und der VfB saugte gehörige Zuversicht aus seiner Leistung. Labbadia sagte: "Wir hatten die Hoffnung, die Bayern schlagen zu können und wir haben gezeigt, dass sie nicht unbegründet war."

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Autor: um