Club 100: DFB zeichnet Ehrenamtler aus

Am Samstag, 27. April, ehrt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wieder 100 Menschen aus ganz Deutschland für ihr vorbildliches ehrenamtliches Engagement. DFB-Präsident Bernd Neuendorf wird, begleitet vom Präsidiumskollegen Peter Frymuth, im Fußballmuseum in Dortmund im Rahmen einer festlichen Gala herzlich Danke sagen. Der Club 100 ist eine von etlichen Maßnahmen, die der DFB und seine Landesverbände für das Fußball-Ehrenamt umsetzen.

Einer unserer Ehrenamtler rechnete sich mal aus, was man so nach 20 Jahren im Fußball-Ehrenamt nicht verdient hat. Was also im Portemonnaie zusammengekommen wäre, hätte man stattdessen etwa einen Minijob ausgeübt. Pöbelnde Zuschauer nach einem falschen Pfiff. Unzufriedene Mitglieder, weil der Beitrag steigt. Wieder fehlt die Hälfte der Mannschaft. Der Stau am Wochenende. Die endlose Vorstandssitzung. Das ewige "kannste gerade mal". Warum tut sich das jemand an?

Wer verstehen will, was das Ehrenamt im Jahr 2024 ausmacht, muss komplizierte Antworten aushalten. Jedes generelle Urteil wird im Detail widerlegt. Deutschland ist immer noch ein Land des Ehrenamts. Menschen wollen sich einbringen: in der Kirche, im Kindergarten, nirgends mehr als im Sport. 470.000 Menschen arbeiten ehrenamtlich für den Fußball auf einer festen Position. 1,7 Millionen sind es, zählt man Helfer dazu. Und dennoch fehlen dem Fußball Trainer*innen, Schiedsrichter*innen und Menschen im Vorstand. Die Schwäbin Gabi Straub, der 80 Jahre alte Werner Würger und der Sportwissenschaftler Ruben Döring werden beim Club 100 vom DFB-Präsidenten geehrt. DFB.de stellt die drei Ehrenamtler vor.

Gabi Straub vom TSV Plattenhardt

Gabi Straub und Angelika Tetz lenken die Geschicke des 1800-Mitglieder zählenden Sportvereins TSV Plattenhardt, also eines Stadtteilvereins in Filderstadt im Süden der Metropole Stuttgart. Gabi Straub, Jahrgang 1968, ist 2. Vorsitzende. Akzeptanzprobleme? "Nein, die hatten wir wirklich nie. Im Gegenteil, ich spüre den Stolz unserer Mitglieder, dass wir der einzige Verein in der Region sind, bei dem zwei Frauen die Geschäfte leiten", sagt sie.

Das schwindende Interesse am Mädchenfußball oder die Nachwirkungen der Pandemie ("Die 20-Jährigen wollen feiern gehen, nicht trainieren") seien größere Probleme. Und leider gebe es Eltern, die parkten ihre Kinder im Verein, einfach um selbst mehr Freizeit zu haben. Sie selbst ist ein bisschen reingerutscht ins Ehrenamt. Als Mutter von fünf Kindern, die alle im Verein Fußball spielten, kam sie irgendwann nicht drumherum. 25 Wochenstunden schenkt sie dem Verein im Schnitt. Nächster Termin: das internationale Pfingstturnier des Vereins. Rund 200 Helfer sind bei dem dreitägigen Spektakel im Einsatz. Das muss koordiniert werden, genauso wie die beliebte Ballschule für Bambini, die ihre Töchter und sie vor zehn Jahren in den Verein brachten.

Sie sagt: "Irgendwann wurde mir klar, dass das Ehrenamt nicht nur ein notwendiges Übel ist, sondern es einfach Spaß macht, etwas mit anderen Menschen zusammen zu bewegen und aufzubauen."

Werner Würger vom TSV Otterndorf

Es musste so kommen. Dass der 80 Jahre alte Werner Würger heute auf sagenhafte sieben Jahrzehnte fußballerisches Ehrenamt zurückblickt, dafür gibt es gleich zwei sehr gute Gründe. Grund 1: Bern. "Ich bin der Einzige aus meiner Klasse, der das Wunder von Bern gesehen hat. Mein Vater war mit einer Familie befreundet, die hatten mit als erste im Dorf einen Fernseher. Am 4. Juli 1954 räumten die ihr Wohnzimmer und Schlafzimmer leer und borgten von überall Stühle. Einige saßen auch noch oben auf dem Kachelofen. Ich war zehn und lag auf dem Boden direkt vor dem Fernseher."

Grund 2: Die Schiene. "Als Kind musste ich eine Schiene tragen und wurde in der Schule gehänselt. Nie zog ich eine kurze Hose an. Irgendwann war der Fuß in die richtige Stellung gewachsen und ich durfte ins Tor. Ich habe mir damals selbst versprochen, mich später im Kinderfußball einzubringen." Und nicht nur da. Rund 2600 Spiele hat er als Schiedsrichter geleitet.

Ihm ist es zu verdanken, dass André Hahn zum Fußball kam. Der hatte seinem Vater versprochen, dass er Handball spielen wird, doch nach einer einzigen Trainingseinheit bei Werner Würger rief der damals sechsjährige André quer durch die Halle seiner Mutter zu, er wolle nun doch beim Fußball bleiben. Hahn sollte rund 250 Bundesligaspiele absolvieren. Er war der erste Nationalspieler des FC Augsburg nach Helmut Haller.

Ruben Döring vom SV Darmstadt 98

Der 30-jährige Ruben Döring hat über die vergangenen acht Jahre wahrscheinlich einer der größten ID-Mannschaft Deutschlands aufgebaut. IQ 72 oder drunter, aber auch Fußballer*innen mit einer Trisomie 21 lädt er ein, in Summe sind es 50 Menschen mit einer Beeinträchtigung. Trainiert wird in einem Leistungskader, einem Aufbaukader und einem Frauenteam.

Alles fing 2015 mit einem Gespräch unter Freunden im Stadion an und "gefühlt einen Tag später standen wir mit den ersten sechs Fußballern in der Halle". Dörings Fußballer*innen erlebten fast alle einen Boost des Selbstwertgefühls, weil sie auch mal außerhalb einer WfB oder der Diakonie Fußball spielen können. Nachdem man die ersten Jahre bei einem Gesundheitsverein trainierte, nahmen ihn vor drei Jahren die Lilien auf. Seit 2021 sind Döring und seine Teams eine Abteilung beim SV Darmstadt 98. Und alle loben Ruben Döring als Organisationstalent, dem "kein Weg zu weit" sei. 

"Kein Geld der Welt könnte mir die Freude beim Ehrenamt ersetzen"

Drei Beispiele mitten aus dem Fußball-Ehrenamt. Warum also tut man sich das an? Gabi Straub sagt: "Kein Geld der Welt könnte mir die Freude beim Ehrenamt ersetzen." Werner Würger meint: "Mein Leben lang hat Gemeinschaft eine hohe Bedeutung." Und Ruben Döring ergänzt: "Wenn bei mir eine Spielerin oder ein Spieler das Tor macht, wird gejubelt wie in der Champions League."

Weil man jung bleibt. Weil man mitten im Leben steht. Weil man etwas zurückgeben kann. Nicht die schlechtesten Gründe, sich selbst ehrenamtlich bei einem der mehr als 24.000 Fußballvereine im Land einzubringen. Heute und in Zukunft: Es spricht viel für das Ehrenamt.

[th]

Am Samstag, 27. April, ehrt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wieder 100 Menschen aus ganz Deutschland für ihr vorbildliches ehrenamtliches Engagement. DFB-Präsident Bernd Neuendorf wird, begleitet vom Präsidiumskollegen Peter Frymuth, im Fußballmuseum in Dortmund im Rahmen einer festlichen Gala herzlich Danke sagen. Der Club 100 ist eine von etlichen Maßnahmen, die der DFB und seine Landesverbände für das Fußball-Ehrenamt umsetzen.

Einer unserer Ehrenamtler rechnete sich mal aus, was man so nach 20 Jahren im Fußball-Ehrenamt nicht verdient hat. Was also im Portemonnaie zusammengekommen wäre, hätte man stattdessen etwa einen Minijob ausgeübt. Pöbelnde Zuschauer nach einem falschen Pfiff. Unzufriedene Mitglieder, weil der Beitrag steigt. Wieder fehlt die Hälfte der Mannschaft. Der Stau am Wochenende. Die endlose Vorstandssitzung. Das ewige "kannste gerade mal". Warum tut sich das jemand an?

Wer verstehen will, was das Ehrenamt im Jahr 2024 ausmacht, muss komplizierte Antworten aushalten. Jedes generelle Urteil wird im Detail widerlegt. Deutschland ist immer noch ein Land des Ehrenamts. Menschen wollen sich einbringen: in der Kirche, im Kindergarten, nirgends mehr als im Sport. 470.000 Menschen arbeiten ehrenamtlich für den Fußball auf einer festen Position. 1,7 Millionen sind es, zählt man Helfer dazu. Und dennoch fehlen dem Fußball Trainer*innen, Schiedsrichter*innen und Menschen im Vorstand. Die Schwäbin Gabi Straub, der 80 Jahre alte Werner Würger und der Sportwissenschaftler Ruben Döring werden beim Club 100 vom DFB-Präsidenten geehrt. DFB.de stellt die drei Ehrenamtler vor.

Gabi Straub vom TSV Plattenhardt

Gabi Straub und Angelika Tetz lenken die Geschicke des 1800-Mitglieder zählenden Sportvereins TSV Plattenhardt, also eines Stadtteilvereins in Filderstadt im Süden der Metropole Stuttgart. Gabi Straub, Jahrgang 1968, ist 2. Vorsitzende. Akzeptanzprobleme? "Nein, die hatten wir wirklich nie. Im Gegenteil, ich spüre den Stolz unserer Mitglieder, dass wir der einzige Verein in der Region sind, bei dem zwei Frauen die Geschäfte leiten", sagt sie.

Das schwindende Interesse am Mädchenfußball oder die Nachwirkungen der Pandemie ("Die 20-Jährigen wollen feiern gehen, nicht trainieren") seien größere Probleme. Und leider gebe es Eltern, die parkten ihre Kinder im Verein, einfach um selbst mehr Freizeit zu haben. Sie selbst ist ein bisschen reingerutscht ins Ehrenamt. Als Mutter von fünf Kindern, die alle im Verein Fußball spielten, kam sie irgendwann nicht drumherum. 25 Wochenstunden schenkt sie dem Verein im Schnitt. Nächster Termin: das internationale Pfingstturnier des Vereins. Rund 200 Helfer sind bei dem dreitägigen Spektakel im Einsatz. Das muss koordiniert werden, genauso wie die beliebte Ballschule für Bambini, die ihre Töchter und sie vor zehn Jahren in den Verein brachten.

Sie sagt: "Irgendwann wurde mir klar, dass das Ehrenamt nicht nur ein notwendiges Übel ist, sondern es einfach Spaß macht, etwas mit anderen Menschen zusammen zu bewegen und aufzubauen."

Werner Würger vom TSV Otterndorf

Es musste so kommen. Dass der 80 Jahre alte Werner Würger heute auf sagenhafte sieben Jahrzehnte fußballerisches Ehrenamt zurückblickt, dafür gibt es gleich zwei sehr gute Gründe. Grund 1: Bern. "Ich bin der Einzige aus meiner Klasse, der das Wunder von Bern gesehen hat. Mein Vater war mit einer Familie befreundet, die hatten mit als erste im Dorf einen Fernseher. Am 4. Juli 1954 räumten die ihr Wohnzimmer und Schlafzimmer leer und borgten von überall Stühle. Einige saßen auch noch oben auf dem Kachelofen. Ich war zehn und lag auf dem Boden direkt vor dem Fernseher."

Grund 2: Die Schiene. "Als Kind musste ich eine Schiene tragen und wurde in der Schule gehänselt. Nie zog ich eine kurze Hose an. Irgendwann war der Fuß in die richtige Stellung gewachsen und ich durfte ins Tor. Ich habe mir damals selbst versprochen, mich später im Kinderfußball einzubringen." Und nicht nur da. Rund 2600 Spiele hat er als Schiedsrichter geleitet.

Ihm ist es zu verdanken, dass André Hahn zum Fußball kam. Der hatte seinem Vater versprochen, dass er Handball spielen wird, doch nach einer einzigen Trainingseinheit bei Werner Würger rief der damals sechsjährige André quer durch die Halle seiner Mutter zu, er wolle nun doch beim Fußball bleiben. Hahn sollte rund 250 Bundesligaspiele absolvieren. Er war der erste Nationalspieler des FC Augsburg nach Helmut Haller.

Ruben Döring vom SV Darmstadt 98

Der 30-jährige Ruben Döring hat über die vergangenen acht Jahre wahrscheinlich einer der größten ID-Mannschaft Deutschlands aufgebaut. IQ 72 oder drunter, aber auch Fußballer*innen mit einer Trisomie 21 lädt er ein, in Summe sind es 50 Menschen mit einer Beeinträchtigung. Trainiert wird in einem Leistungskader, einem Aufbaukader und einem Frauenteam.

Alles fing 2015 mit einem Gespräch unter Freunden im Stadion an und "gefühlt einen Tag später standen wir mit den ersten sechs Fußballern in der Halle". Dörings Fußballer*innen erlebten fast alle einen Boost des Selbstwertgefühls, weil sie auch mal außerhalb einer WfB oder der Diakonie Fußball spielen können. Nachdem man die ersten Jahre bei einem Gesundheitsverein trainierte, nahmen ihn vor drei Jahren die Lilien auf. Seit 2021 sind Döring und seine Teams eine Abteilung beim SV Darmstadt 98. Und alle loben Ruben Döring als Organisationstalent, dem "kein Weg zu weit" sei. 

"Kein Geld der Welt könnte mir die Freude beim Ehrenamt ersetzen"

Drei Beispiele mitten aus dem Fußball-Ehrenamt. Warum also tut man sich das an? Gabi Straub sagt: "Kein Geld der Welt könnte mir die Freude beim Ehrenamt ersetzen." Werner Würger meint: "Mein Leben lang hat Gemeinschaft eine hohe Bedeutung." Und Ruben Döring ergänzt: "Wenn bei mir eine Spielerin oder ein Spieler das Tor macht, wird gejubelt wie in der Champions League."

Weil man jung bleibt. Weil man mitten im Leben steht. Weil man etwas zurückgeben kann. Nicht die schlechtesten Gründe, sich selbst ehrenamtlich bei einem der mehr als 24.000 Fußballvereine im Land einzubringen. Heute und in Zukunft: Es spricht viel für das Ehrenamt.

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