DAS WAR DIE SAISON 2021/2022
Ein
abgesagtes Eröffnungsspiel. Ein souveräner Meister. Mega-Kulissen in
Kaiserslautern. Die Rückkehr der Fans in die Stadien. Richtungsweisende
Entscheidungen für die Zukunft. Aber auch eines der negativsten Kapitel
in der Geschichte der 3. Liga. Die Saison 2021/2022 glich einer
Achterbahnfahrt.
Das
Spieljahr ging nicht gut los. Das geplante Eröffnungsspiel 2021/2022
zwischen dem VfL Osnabrück und MSV Duisburg musste abgesagt werden.
Wieder mal war Corona schuld. Das zuständige Gesundheitsamt hatte eine
Quarantäne für Duisburgs Mannschaft und das Trainerteam verhängt. Kein
Start nach Wunsch in eine Spielzeit, die noch weitere Turbulenzen mit
sich bringen sollte.
Sportlich gab der 1. FC Magdeburg klar den
Ton an. Der Traditionsklub aus Sachsen-Anhalt sicherte sich zum zweiten
Mal nach 2017/2018 die Meisterschaft in der 3. Liga. Der FCM ist damit
neben Dynamo Dresden und dem VfL Osnabrück einer von drei Klubs, der
zweimal Drittliga-Meister geworden ist. Magdeburgs Punkteschnitt in der
abgelaufenen Saison lag bei 2,17 Zählern pro Spiel – das ist der
viertbeste Schnitt der Drittliga-Geschichte. Noch besser war die
Torquote des Meisters. 83 Treffer in 36 Spielen bedeuteten einen
Durchschnitt von 2,31 Toren pro Partie, nur der SC Paderborn war
2017/2018 noch torhungriger (2,37). Mit 49 Auswärtstreffern stellte der
FCM, angeführt von seinem Topscorer Baris Atik, einen neuen Rekord in
der 3. Liga auf.
Mit
Eintracht Braunschweig und dem 1. FC Kaiserslautern folgten zwei Klubs
den Magdeburgern in die 2. Bundesliga. Den Braunschweigern glückte der
Aufstieg aus der 3. Liga bereits zum dritten Mal. Kaiserslautern
untermauerte, dass die Drittligisten in der Relegation eine Macht sind.
Im 14. Jahr setzte sich zum zehnten Mal der Tabellendritte der 3. Liga
gegen den 16. der 2. Bundesliga durch, diesmal der FCK gegen Dynamo
Dresden (0:0, 2:0). Die Lauterer hatten zuvor bereits in der regulären
Saison 19-mal zu null gespielt.
Sowohl
in der Relegation als auch am 36. Spieltag gegen Borussia Dortmund II
(1:3) meldete das Fritz-Walter-Stadion mit mehr als 48.000
Zuschauer*innen ausverkauft. Zuvor hatte Lauterns Derby gegen den 1. FC
Saarbrücken bereits 45.895 Fans angelockt. Es waren die zweit- und
drittgrößten Kulissen der Drittliga-Historie. Gleichzeitig war es die
schönste Nachricht der Saison: Nach zwei Corona-geplagten Jahren sind
die Fans endlich wieder zurück in den Stadien der 3. Liga.
So
begeisternd der Publikumszuspruch bei der Rückkehr war, so traurig war
ein anderes Ereignis der Saison. Am 20. Spieltag wurde die Begegnung
zwischen dem MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück beim Stand von 0:0 in
der 35. Minute abgebrochen. VfL Spieler Aaron Opoku sah sich von der
Tribüne rassistisch beleidigt. Beide Teams verließen daraufhin mit dem
Gespann um Schiedsrichter Nicolas Winter das Spielfeld. Der VfL
Osnabrück zeigte sich nach einer Bedenkzeit nicht in der Lage,
weiterzuspielen. Das Sportgericht des DFB ordnete im Anschluss an die
Geschehnisse ein Wiederholungsspiel an und entsprach damit den Anträgen
der beiden beteiligten Vereine. Auch der DFB-Kontrollausschuss hatte
sich für eine Wiederholung des Spiels ausgesprochen. In der
strafrechtlichen Aufarbeitung des Vorfalls durch die zuständigen
Ermittlungsbehörden ließ sich der Rassismusvorwurf nicht bestätigen.
Für
eine unrühmliche Premiere sorgte wenige Monate später Türkgücü München.
Erstmals in der Geschichte der 3. Liga schied ein Klub während der
Saison aus dem Wettbewerb aus. Der Klub und der eingesetzte
Insolvenzverwalter sahen sich nicht mehr in der Lage, den laufenden
Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und damit die Durchführung des
Spielbetriebs bis Saisonende wirtschaftlich aufrechtzuerhalten.
Die
sportlichen Konsequenzen folgten gemäß § 55a der DFB-Spielordnung: Da
der Ausstieg vor den letzten fünf Meisterschaftsspielen der Saison
erfolgte, wurden alle vorher absolvierten Liga-Partien von Türkgücü aus
der Wertung genommen. Die Münchner standen damit als erster Absteiger
fest. Der Abzug von elf Punkten, den der DFB in den Wochen zuvor
statutengemäß gegen den Klub wegen dessen Insolvenzantrags sowie eines
Auflagenverstoßes ausgesprochen hatte, war nicht mehr relevant.
„Ein
trauriger Tag für die 3. Liga. Den größten Schaden haben natürlich
Türkgücü München und seine betroffenen Mitarbeiter*innen. Gleichzeitig
ist es für die gesamte Liga und den Wettbewerb negativ, wenn ein Klub
während der Saison ausscheidet“, kommentierte Manuel Hartmann,
Geschäftsführer Spielbetrieb der für die 3. Liga zuständigen DFB GmbH
& Co. KG, den Fall und betonte: „Ziel muss sein, dass dieser Fall in
der 3. Liga einmalig bleibt.“
Wichtige
Maßnahmen in diese Richtung hatte der Deutsche Fußball-Bund als
Ligaträger schon im Herbst 2021 auf den Weg gebracht. Die Entscheidungen
des DFB-Präsidiums folgten den Empfehlungen der Task Force
„Wirtschaftliche Stabilität 3. Liga“ und den daraus abgeleiteten
Anträgen des Ausschusses 3. Liga. Das umfassende Maßnahmenpaket tritt
bis 2024 stufenweise in Kraft (siehe Seiten 66 bis 71) und sieht
Verschärfungen im wirtschaftlichen Bereich des Zulassungsverfahrens vor.
Eines der Hauptziele ist, mit modifizierten Ausgabenregelungen für die
Klubs deren finanzielle Verantwortung zu stärken.
Damit einher
geht eine weitere Professionalisierung im infrastrukturellen und
technisch-organisatorischen Bereich. Gleichzeitig ist die
Mindestkapazität für Stadien in der 3. Liga von 10.001 auf 5.001
Zuschauer*innen zur Saison 2022/2023 angepasst worden, um Klubs an
kleineren Standorten bzw. mit einem geringeren Fanpotenzial eine
Reduzierung der Infrastrukturkosten sowie eine nachhaltigere Nutzung,
beispielsweise bei einem Wiederabstieg in die Regionalliga, zu
ermöglichen.