PROTOKOLLE Bundestag 2019

30 42. ordentlicher DFB-Bundestag · 3./4. November 2016 · Erfurt es formulierten – etwas „auf die Mütze“ bekamen, war Schluss mit lustig. Besonders lebendig geführt wurde dann noch die sogenannte „Wohnsitzfrage“, also die zwischen Kalifornien und Deutschland. Ich erinnere mich noch gut an unser Treffen im Bundeskanzleramt wenige Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft. Damals, im März 2006, sagte ich in unserer gemeinsamen Pressebe- gegnung: „Lassen wir uns doch überraschen, was in uns steckt, was alles möglich ist, gerade bei der WM 2006. Der Erfolg wird nicht zuletzt davon abhängen, ob wir hinter dieser Mann- schaft stehen wollen oder ob wir zulassen wollen, dass sie schon vor dem ersten Spiel in Grund und Boden geredet und geschrieben wird.“ Und, meine Damen und Herren, was wurden wir damals überrascht – positiv! Denn der Erfolg, an den Jürgen Klinsmann immer geglaubt hatte, stellte sich tatsächlich ein. Bei der Weltmeis- terschaft vor heimischem Publikum erkämpfte sich die Nationalmannschaft einen hervorra- genden dritten Platz. Und was waren das für wunderbare Wochen! Seither sprechen wir vom „Sommermärchen 2006“. Landauf, landab war mit jedem neuen Turniertag immer mehr von der Aufbruchstim- mung zu spüren, die das ganze Team verkörperte. Vom Fußballfeld aus strömte die Begeis- terung förmlich über das ganze Land, das plötzlich in ein schwarz-rot-goldenes Farbenmeer getaucht war. Da entwickelte sich ein fröhliches Zusammengehörigkeitsgefühl, das dem Motto der WM 2006 „Die Welt zu Gast bei Freunden“ alle Ehre gemacht hat. Dem jungen Fußballer aus Schwaben mit Wohnsitz in Kalifornien und Herzblut für die deut- sche Nationalmannschaft, ihm war als Bundestrainer etwas Großes gelungen: Jürgen Klins- mann hatte ein ganz neues Kapitel in der deutschen Fußballgeschichte aufgeschlagen. Sie, lieber Herr Klinsmann, und die ganze Nationalmannschaft haben die Deutschen nicht nur als Fußballnation, sondern als Nation insgesamt mitgerissen. Diese Erfahrung verbindet sich mit Ihrem Namen. Darin liegt weit über die sportliche Leistung hinaus die besondere Anerkennung begründet, die Sie genießen und die Sie verdienen. Sie und Ihr ganzes Team, natürlich auch Joachim Löw, Oliver Bierhoff und Andreas Köpke – alle von der ersten Stunde an dabei –, waren Wegbereiter großartiger Erfolge. Zwar sollte es nach der Heim-WM noch ein paar Jahre dauern, bis Deutschland tatsächlich nach dem vierten Stern greifen konnte, aber Sie haben in Ihrer Zeit als Bundestrainer schon auf Spieler gesetzt, die 2014 schließlich den WM-Pokal als erste europäische Mannschaft in Südamerika im legendären Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro holen konnten. Nach der großartigen WM 2006 wurden Sie von allen Seiten ermuntert, ja geradezu gedrängt, weiterzumachen. Dennoch entschieden Sie sich anders und übergaben die Aufgabe des Bun- destrainers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach nur zwei Jahren Ihrem bisherigen Co-Trainer Joachim Löw. Joachim Löw setzte das gemeinsam begonnene Werk fort. Er baute darauf auf, er entwickelte seine eigene Handschrift und konnte schließlich seine Arbeit 2014 mit dem WM-Titel krönen – mit einem Erfolg, der für immer mit seinem Namen verbunden sein wird. Diese ganze Entwicklung von 2004 bis heute ist ohne den Teamgeist nicht denkbar, der Ihnen, lieber Herr Klinsmann, so wichtig war, auch nicht ohne das Verständnis dafür, dass spie- lerische Fähigkeit und körperliche Fitness ebenso entscheidend sind wie mentale Stärke und mannschaftliche Geschlossenheit. Mit diesem Verständnis haben Sie stets mit der und für die Mannschaft gearbeitet. Laudatio der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

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