PROTOKOLLE Bundestag 2019

19 42. ordentlicher DFB-Bundestag · 3./4. November 2016 · Erfurt In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage: Haben Sie als Vertreter von sieben Millionen deutschen Fußballspielern und Fans es eigentlich beschlossen, dass es keinen fußballfreien Raum im Fernsehen mehr gibt, oder ist das „irgendwie gekommen“? Nicht, dass Sie mich missverstehen: Ich will hier nicht den per se guten Amateur- gegen den bösen Profifußball ausspielen; dafür fasziniert mich persönlich der Hochleistungsfußball, wie er etwa auch von Jogi Löws Team gespielt wird, viel zu sehr; beides bedingt sich. Aber Sie müssen sich inzwi- schen darüber im Klaren sein, dass das Interesse am Fußball hierzulande einen Sättigungs- punkt erreicht hat. Dieser Umstand führt zu einem klaren Konflikt zwischen Amateuren und Profis. Und er führt zu der Frage: Sorgen die Rahmenbedingungen dafür, dass das Publikum bei den Profis zuschaut, oder sorgen sie dafür, dass es zu den Amateuren kommt? Ich gehe nicht davon aus, dass der DFB-Bundestag über die Sendezeiten im Pay-TV abstim- men sollte. Aber wo sollte hierzulande eigentlich darüber diskutiert und entschieden werden, welchen Fußball man will, wenn nicht bei dem Verband, der ihn organisiert? Gerade im Kon- fliktfeld zwischen der kommerziellen und der ideellen Seite des Fußballs tauchen doch immer wieder neue, oft grundlegende Fragen auf, die auch grundlegender Antworten bedürfen. So spielt in dieser Saison erstmals ein Klub in der Bundesliga, der gegründet worden ist, um ein Produkt zu vermarkten, der zudem ein Verein ist, in dem man nicht Mitglied werden kann, weil er von einem Unternehmen kontrolliert wird. Ist das politisch gewollt und beschlossen worden, oder ist das „irgendwie so“ gekommen? Muss der Fan Club der Nationalmannschaft eigentlich von irgendjemandem gepowert wer- den, außer durch den Enthusiasmus des Publikums – und das auch noch von einem Geträn- kehersteller, dessen Produkte selbst bei sehr freier Interpretation nicht sportgerecht sind? Oder genereller gefragt: Muss im Fußball alles zu einem Geschäft werden, was ein Geschäft sein könnte? Aus der Nationalmannschaft und der DFB-Sportdirektion heraus wird seit geraumer Zeit mit beachtlicher Energie das Wissen über Fußball als Sport weiterentwickelt. Der DFB agiert dabei wie ein Thinktank. Ich würde mir wünschen, dass er diese Haltung und diese Energie auch bei der Bearbeitung solch grundsätzlicher Fragen entwickelt, auf die ich gerade hingewiesen habe. Nötig wäre das, wenn man nicht möchte, dass im Fußball die Dinge weiterhin „irgend- wie so“ passieren. Das bedarf jener Entschlossenheit, zu der – wie ich Sie eingangs erinnert habe – der DFB in der Vergangenheit durchaus bereit war. Übrigens: Sollte ich den DFB am heutigen Tage als eine Person charakterisieren, würde ich einen Menschen beschreiben, der über seinen Schatten gesprungen ist. Denn was ich Ihnen hier gesagt habe, hat vorher niemand kontrolliert. Ich hoffe, dass dieser Kontrollverlust für Sie einigermaßen erträglich war und Sie mehr davon wagen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und ich wünsche Ihnen einen offenen Bundestag. (Anhaltender Beifall) Ralf Köttker: Vielen Dank. Lieber Christoph, Du solltest Deine Vita ändern: Das mit den 40 Jahren ist ja noch viel bemerkenswerter als das mit den 15 Jahren. Ja, man muss nicht immer einer Meinung sein, aber man sollte den Blick für die gemeinsame Basis nicht verlieren, auch und gerade an einem Tag wie heute. Wenn wir hier heute etwas zu feiern haben, dann sind es nicht nur die großen Namen, dann sind es auch die vielen Ehren- amtlichen, die im Abseits wirken. Und der DFB tut einiges, um sie zu unterstützen. Schauen Sie einmal. Grußwort Christoph Biermann

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