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Wir liefen ins ausverkaufte Wembley-Stadion ein, und ich spürte die Anspannung, obwohl ich nur auf der Ersatzbank sitzen würde. Dies war das Finale! Schon im Halbfinale, gegen England, hatte Wembley vibriert. Ich spürte den Lärm und die Gesänge der Zuschauer mehr als ich sie wirklich hörte, und ich verstand, was die Leute meinen, wenn sie von der Tradition eines legendären Stadions reden, wenn sie vom Mythos Wembleys sprechen: Ich konnte die Größe des Stadions fühlen. Wie alle in unserem Team war ich glücklich, im Endspiel dabei zu sein. Aber ich rechnete nicht mehr damit, noch eine wichtige Rolle zu spielen. Ich war fest davon überzeugt, dass wir gegen Tschechien in Führung gehen würden, und dann würde niemand mehr einen weiteren Stürmer von der Ersatzbank benötigen. Die EM war nicht besonders glücklich für mich verlaufen. Ich war erst im letzten Moment auf den Zug aufgesprungen, nach nur vier Länderspielen nominiert worden. Dabei war ich durchaus voller Selbstvertrauen gewesen, doch – was keiner weiß – in meinem Ehrgeiz, besonders fit zur EM zu fahren, stellte ich mir selbst ein Bein. Bei meinem Verein, Udinese in Italien, absolvierte ich vor dem Trainingslager mit der Nationalelf noch eine persönliche EM-Vorbereitung mit dem Fitnesstrainer meines Klubs. Ich trainierte viel im Kraftraum, viel auf Volumen, um Muskeln aufzubauen. Ich spielte damals bereits fünf Jahre in Italien und hielt viel von der italienischen Trainingslehre, die versucht, dich programmatisch für Höhepunkte aufzubauen. Bloß beinhaltet diese Periodisierung auch Täler, und zwar unmittelbar nach extrem harten Trainingsphasen. Als die richtige EM-Vorbereitung mit der Nationalelf losging, hatte ich schwere Beine. Mir fehlte die Spritzigkeit. Auch in den Testspielen hatte ich zu kämpfen. Ich verlor den Anschluss. Beim Endrundenturnier in England kam ich dann nur in der Vorrunde sporadisch zum Einsatz, beim 3:0 gegen Russland spielte ich fast 90 Minuten, leider ohne überzeugen zu können. Niemand konnte vor dem Finale ahnen, dass das Turnier für mich quasi erst begann. Oder hatte mich mein italienischer Fitnesstrainer etwa so exakt auf den Punkt vorbereitet?
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Der Mann in dem schönen gelben Jersey hinter dem Tor, das bin ich. Ich hatte mich dort warmgemacht, als es in der 59. Minute plötzlich Elfmeter für Tschechien gab. Ich eilte direkt hinter das Tor von Andy Köpke. Ich war besorgt: Wir hatten es bis dahin nicht geschafft, die Partie zu dominieren, und wenn wir jetzt das 0:1 hinnehmen müssten, dann, fürchtete ich, könnten wir völlig aus dem Rhythmus geraten. Zwei Sekunden nachdem Patrik Berger tatsächlich das 0:1 erzielt hatte, dachte ich jedoch schon etwas gänzlich anderes: Jetzt muss mich der Bundestrainer bringen!
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Ich habe mich beim Warmlaufen ein bisschen geärgert: Warum brauchen die solange, um mich einzuwechseln? Welche Chance, das Spiel umzubiegen, habe ich jetzt überhaupt noch? Zehn Spielminuten vergingen nach dem 0:1, ehe ich das Spielfeld endlich betrat. Bei der WM 2014 sagte Bundestrainer Joachim Löw ja bekanntlich zu Mario Götze vor dessen Einwechslung: "Zeig' der Welt, dass du besser bist als Messi!" Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, ob Berti Vogts überhaupt irgendetwas zu mir sagte. Ich habe auch gar nicht mehr zugehört. Ich war voller Tatendrang, nun endlich in dieses Finale eingreifen zu können. Ich spürte überhaupt keine Last, sondern nur eine große Vorfreude. Die taktische Ausrichtung war sowieso klar: Ich würde ins Sturmzentrum rücken, Jürgen Klinsmann auf den Flügel ausweichen. Und dann brauchte ich Flanken. Witzig übrigens, dass ich für Mehmet Scholl eingewechselt wurde. Er hatte mich während des Turniers "Speedy" getauft, um in seiner unverwechselbaren sarkastischen Art herauszustellen, dass ich nicht der Schnellste wäre. Ich musste mir während der WM-Wochen ohnehin einiges anhören. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht war es auch nur eine Eigenart dieser Zeit, dass die Neuen in einer Fußballelf automatisch ein wenig gepiesackt wurden. Nach dem Finale jedenfalls konnte ich sagen: "Siehst du, Mehmet man muss gar nicht schnell laufen. Sondern nur richtig stehen."
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Und dann fiel der Treffer, an den sich niemand mehr erinnert... Das ist schon faszinierend: Mir gelingt im EM-Finale ein entscheidendes Tor, und es gerät in Vergessenheit. Weil das zweite Tor so viel größer, präsenter ist. Ich war vier Minuten im Spiel, es lief die 73. Minute, Christian Ziege trat einen Freistoß vom Flügel herein. In der Nationalmannschaft habe ich zwei Spielern besonders viel zu verdanken: Christian Ziege und Thomas Häßler. Von meinen 37 Länderspieltoren bereiteten die beiden gut und gerne 20 mit ihren Flanken vor, würde ich schätzen. Meine Körperhaltung bei dem Kopfball wa nicht gerade ideal. Aber sehr schön zu sehen, wie Jürgen Klinsmann im Hintergrund den Ball richtiggehend mit ins Tor köpfte. Es war Jürgens erstes Turnier als Mannschaftskapitän, und er füllte diese Rolle in seiner erfolgsbesessenen Art mit hundert Prozent Leidenschaft aus. Jürgen ist bisweilen auch ein Eigenbrötler, klar. Aber er hatte schon damals ganz klare Vorstellungen, was für den Erfolg nötig ist und stellte sich voll in den Dienst der Mannschaft. Wie er im Finale für mich klaglos auf den Flügel auswich, bringt sein Engagement auf den Punkt.
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Der von Christian Ziege getretene Ball war auf halber Strecke, da wusste ich bereits: Das wird mein Tor! Es gibt Tore, die entstehen in der Plötzlichkeit eines Augenblicks, Tore, bei denen selbst der Schütze eine halbe Sekunde vorher noch nicht ahnt, dass er gleich treffen wird. Und es gibt Tore wie jenes in der 73. Spielminute zum 1:1-Ausgleich gegen Tschechien, da weißt du mit Ansage: Den Ball haue ich jetzt rein. Der Freistoß flog herein, mein Bewacher Karel Rada hatte schön geschlafen, die Lücke tat sich auf, ich war frei, ich war nicht so weit vom Tor entfernt: Das Kopfballtor sah ich schon Sekunden, bevor es fiel.
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Diese Szene sehe ich zum ersten Mal. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass ich in der kurzen Pause vor der Verlängerung mit dem Schiedsrichter plauderte... Ich kannte ihn natürlich aus der Serie A, Pierluigi Pairetto. Wenn ich in mein Gesicht auf dem Foto sehe, erkenne ich, wie gelöst, wie ‚high‘ ich von meinem Ausgleichstor war. Vermutlich habe ich deshalb den Plausch mit Pairetto gesucht: um diese innere Freude irgendwie loszuwerden. Nach nur 20 Minuten im Spiel war ich natürlich nicht platt. Alle anderen Spieler nahmen die Physiotherapeuten in Anspruch, um sich die müden Beine massieren zu lassen, während ich, locker und beschwingt vom 1:1, möglichst schnell weiterkicken wollte. Ich war befreit, dass ich uns schon mal in die Verlängerung geköpft hatte. Und mein Gefühl sagte mir nun, dass es – anders als im Halbfinale gegen England – diesmal nicht zum Elfmeterschießen kommen würde. Wir würden das irgendwie vorher entscheiden. Wobei das nicht nur meine Überzeugung, sondern zugleich auch meine große Hoffnung war: Ich gebe zu, dass ich nur ungern einen Elfmeter geschossen hätte. Ich bin nicht der ganz kühle Elfmeterschütze. Und ich hatte kein Verlangen, dies der Welt zeigen zu müssen.
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Ich habe mal einen wissenschaftlichen Aufsatz darüber gelesen, was im Gehirn eines Spitzensportlers vor sich geht, wenn er den Ball schlägt oder schießt. Bei Baseball- oder Tennisspielern ist der Ablauf noch extremer, da der Ball in ihrem Sport noch schneller auf sie zuschießt als im Fußball: Schon in dem Moment, wenn der Ball die Hand des Werfers verlässt, entscheidet der Baseballspieler, wie er ihn schlagen wird. Der Ball muss dann noch die gesamte Flugstrecke zurücklegen, aber intuitiv hat er bereits seinen Schlag definiert. Ein erfahrener Spitzensportler hat dazu Muster im Gehirn abgespeichert, die er im Ernstfall abruft. Ich hatte im Strafraum immer diesen intuitiven Blick für die Situation: Ich spürte, mehr als ich es sah, wo die Gegner und die Mitspieler standen, wo sich der Torwart positionierte, in welchem Winkel ich zum Tor stand. Deshalb wollte ich mich auch, als ich den Pass von Jürgen Klinsmann in der fünften Minuten der Verlängerung mit dem Rücken zum Tor stehend annahm, intuitiv nach innen drehen. Dort wäre ein großes Spektrum des Tores offen, fühlte ich. Und ich hätte den Ball dann auf meinem starken rechten Fuß gehabt. Dann aber rief Marco Bode plötzlich: "Andersherum, Olli!" Ich drehte mich also nach außen weg. Eine entscheidende Bewegung, denn nur dort war der Weg zum Tor tatsächlich frei. Ich bekam auch mit dem schwächeren linken Fuß einen passablen Schuss hin. Kein Hammer, aber entgegen aller Behauptungen möchte ich schon sagen: Es war kein leichter Ball. Im Fernsehen sah es fast tollpatschig aus, wie der Ball dem Torwart Petr Kouba quasi aus der Hand glitt, aber die Kugel hatte einen merkwürdigen Effet. Ich sah dann nur noch, wie der Ball von Kouba aus in Zeitlupe in Richtung rechter Pfosten rollte. Aber nicht, ob er auch ins Tor ging. Die Verteidiger versperrten mir die Sicht... Aber ich nahm Stefan Kuntz wahr, der dem Ball hinterherjagte. Obwohl Stefan dann die Arme hochriss, blieb bei mir eine Ungewissheit. Hatte er den Ball noch berührt? Dann würde der Treffer nicht gelten, denn Stefan stand im Abseits. Die Tschechen zeigten auch sofort auf den Linienrichter. Matthias Sammer war sich nachher sicher, der habe die Fahne gehoben, um Abseits anzuzeigen. Aber Stefan hatte den Ball nicht berührt. Das Tor zählte!
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Ich habe mir immer gedacht: Das ist doch affig, wenn sich Stürmer beim Torjubel ihr Trikot vom Leib reißen. Ich habe in meiner Karriere vorher und hinterher das Trikot auch nie wieder ausgezogen. Daran erkennt man, wie mich die Freude überwältigte. Ich wusste nicht mehr, was ich tat. Es war das erste Golden Goal der Geschichte im Männerfußball, schlagartig hatten wir mit meinem Tor zum 2:1 gewonnen, waren Europameister – die Größe des Moments erfüllte mich. Aber ich denke, in meinem wilden Jubel warf ich zugleich auch den Ballast der vorangegangen EM-Tage ab, den Frust, dass ich auf dem Weg in dieses Finale so wenig hatte beitragen können. Ein, zwei Tage vor dem Endspiel hatte der DFB auf einer Pressekonferenz Feldspieltrikots für die Ersatztorhüter Oliver Reck und Oliver Kahn herumgezeigt, um symbolisch zum Ausdruck zu bringen, wie schlimm es mit der Verletztenmisere in der Mannschaft stünde: Sogar die Torhüter müssten bald als Feldspieler ran...
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Natürlich verstand ich, dass es eine PR-Nummer war, um Druck auf die UEFA auszuüben, noch einen Feldspieler nachnominieren zu dürfen. Aber für uns nicht verletzte Ersatzspieler war das schon ein Wirkungstreffer: Zählten wir gar nicht? Der Glaube an mich fehlte, das spürte ich. Und all das lag nun schlagartig hinter mir. Mit einem Tor, in einem Moment, war ich in der Wahrnehmung aller ein anderer Fußballer geworden.
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Was von der langen Karriere eines Fußballprofis bleibt, sind in der Regel nur zwei, drei Momente, oft ist es sogar nur ein einziger Augenblick. In diesem Moment wurde ich: "Oliver Bierhoff, der das Golden Goal erzielte." Und dafür kann ich nur dankbar sein. Denn es gibt viele großartige Fußballer, von denen nach einer erfüllten Karriere nur ein trauriger Moment in Erinnerung bleibt, eine spektakuläre Tätlichkeit, ein fataler Fehlschuss. Das Golden Goal prägte meine Karriere. Vorher war ich in Deutschland allenfalls ein kurioser Fall gewesen, der etwas andere Torjäger aus der italienischen Provinz. Nachher stieg ich zum Kapitän der Nationalelf auf, ich erhielt bedeutende Werbeverträge und wurde vier Jahre lang, bis zur Euro 2000 in jedem Länderspiel eingesetzt; in jedem einzigen Länderspiel! Ich wurde in Italien 1998 mit 27 Treffern Torschützenkönig und danach vom AC Mailand verpflichtet. Und natürlich spielte auch auf diesem sportlichen Aufstieg das Golden Goal eine gewichtige Rolle: Es gab mir ein neues, größeres Selbstvertrauen. Ich glaube, dass es für die Psyche eines Profi-Fußballers auch entscheidend ist, welches Image die Leute von einem haben. Du spielst einfach leichtfüßiger, selbstbewusster, wenn alle zu dir aufschauen.
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Es gab damals im Fußball ja noch keine Erfahrungen mit dem Golden Goal: Das Gefühl, dass urplötzlich alles vorbei ist, war neu. Das mag die Freude der Sieger und die Enttäuschung der Verlierer in diesem unmittelbaren Moment multipliziert haben – aber als Sportler bin ich froh, dass das Golden Goal nach einigen Jahren schließlich doch wieder abgeschafft wurde: Ich finde es schöner, wenn man die Verlängerung zu Ende spielen kann. Es gibt den Teams die Chance, einen blöden Fehler noch einmal auszubügeln, es macht die Spiele spannender. Ich liebe es, wenn es in der Verlängerung dann noch mal hin und her geht. Diese zusätzliche Zeit hält nicht selten noch mal eine völlig neue Dramatik parat.
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Welche Bedeutung das Golden Goal hatte, habe ich erst am nächsten Morgen begriffen, als ich im Hotelzimmer das Frühstücksfernsehen einschaltete und die Bilder von den Siegesfeiern zu Hause in Deutschland sah. Wie ausgelassen die Fans den Titel gefeiert hatten. Unsere EM-Party, in einem Festsaal unseres Hotels, war dagegen wenig einfallsreich. Um zwei oder drei Uhr am Morgen war sie auch schon vorbei: Die englischen Hotelbediensteten schlossen den Festsaal. Sie hätten Feierabend, sagten sie. Keine weitere Diskussion möglich. Ob sich da jemand für die Halbfinalniederlage gegen Deutschland revanchieren wollte?
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Mit Andy Köpke habe ich nachher noch oft gescherzt: "Mensch, Köppi, gib' es zu, als du gesehen hast, dass ich eingewechselt wurde, hast du gedacht: 'Oh Gott, jetzt können wir das Spiel ganz abhaken.'" 20 Jahre später arbeiten wir noch immer zusammen, Andy als Torwarttrainer der Nationalelf, ich als Manager. Wir sind Freunde geworden. Andy war immer ein sauberer, fairer Sportsmann, der sich für andere und mit anderen freuen konnte. Ein starker Charakter, eine große Persönlichkeit. Das Foto hat irgendwie auch einen gewissen Symbolcharakter: Wenn man Andy hinter sich weiß, fühlt man sich sicher.
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Es wird häufig lapidar gesagt, nicht Berti Vogts, sondern seine Frau hätte die Europameisterschaft gewonnen. Weil er nach dem Finalsieg im Fernsehen wohl selbst erzählte, dass sie ihm bei einer Gondelfahrt in Venedig gesagt habe: "Nimm den Olli Bierhoff mit, er wird es dir danken." Ich nehme an, er wollte mit dem Spruch vor allem zwei Dinge bewirken: Zum einen wollte er seiner Frau grundsätzlich seinen Dank aussprechen. Zum anderen wollte er in der Stunde des Triumphs sicher auch mal etwas lockerer rüberkommen. Denn Berti Vogts hatte als Bundestrainer oft Schwierigkeiten, seine klugen und interessanten Gedanken der Öffentlichkeit zu vermitteln. Im Scheinwerferlicht verkrampfte er damals noch etwas, das weiß er auch selbst. Während der Turnierwochen in England trug ich mit ihm das eine oder andere Scharmützel aus, weil er mich nur so sporadisch einsetzte. Aber das darf natürlich nicht über die Wahrheit hinwegtäuschen: Ich habe nicht seiner Frau, sondern Berti Vogts viel zu verdanken. Er war mein Förderer. Er berief mich schon als Junioren-Bundestrainer in die U19 und in die U21. Später beförderte er mich zum Kapitän der A-Nationalmannschaft. Nichtsdestotrotz war er Trainer und musste im Sinne des Erfolges harte Entscheidungen treffen – und da sah er bei der EM 1996 offensichtlich andere Stürmer vor mir. Dass er mich während der EM öfters kritisierte, lag auch daran, dass er glaubte, Kritik habe bei mir eine eher aufpäppelnde Wirkung. Grundsätzlich war ich zu Trainern immer distanziert, aber mit Berti hatte ich ein unglaublich tolles Verhältnis. Vor der EM kam er mich in Udine besuchen. Es gibt dort fabelhafte friaulische Restaurants, vielleicht kam er auch deswegen. Es war auf jeden Fall ein schöner Abend. Berti Vogts wird häufig als sehr bissig wahrgenommen, aber er hat privat unheimlich gute, lockere Momente. Er reist gerne, und hat viel darüber zu erzählen. Über eines haben wir aber kurioserweise nie geredet: Ob seine Frau mich tatsächlich für die EM empfahl. Vielleicht hat er wirklich gedacht: Weibliche Intuition ist nie verkehrt.
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Unser Slogan war: "Der Star ist die Mannschaft." Das wurde nicht nur vom Bundestrainer, sondern auch von den Anführern innerhalb des Kaders gepredigt und vorgelebt. Jürgen Klinsmann sorgte dafür, dass sich die Erfahrungen der WM 1994 nicht wiederholten, als einige ein bisschen über die Stränge geschlagen hatten. Es herrschte unheimlich viel Disziplin. Was nicht heißt, dass es keine Reibereien gegeben hätte. Es waren nicht alle miteinander befreundet, und Konflikte wurden viel offener als heute ausgetragen. Aber sie wurden stets schnell beigelegt, auch aufgrund der vielen starken Charaktere und einer klaren Hierarchie, in der Klinsmann, Kohler und Köpke ganz oben standen. Die 96er-Truppe hatte wie kaum eine andere verinnerlicht: "Wir wollen diesen Titel. Und den erreichen wir nur gemeinsam."
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The Queen in Green: Ehrlich gesagt habe ich die Details bei der Siegerehrung gar nicht mehr wahrgenommen. Ich war nach dem Jubel auf dem Rasen völlig überdreht, so hyperemotional, dass ich nichts mehr aufnehmen konnte. Ich wollte nur noch den Pokal in den Händen halten und dann feiern. Aus dieser Erfahrung heraus, nahm ich mir als Manager der Nationalelf bei der WM 2014 dann ganz bewusst vor, all die emotionalen Eindrücke bei einem solchen Turniersieg bewusst aufzusaugen und für immer abzuspeichern.